Auf einem Brett stehen. Das bisschen paddeln. Gleichgewicht halten? Kindergeburtstag. SUP. Stand Up Paddling, also das Paddeln mit einem Ruder auf einem Surfbrett stehend, kann so schwer doch nicht sein. Wer, wie ich, schon mal auf einem Kreuzfahrtschiff ohne Seekrankheit die Kanarischen Inseln abgefahren ist, der kann über diese Herausforderung doch nur müde lächeln. Also ehrlich.

Schnitt. Zwei Stunden, sechs Stürze ins Wasser sowie zwei kleine Schürfwunden später. Der kleinlaute Redakteur verlässt den Bodensee. Und mit ihm der Respekt. Der Respekt vor den Menschen, die sogar die sieben Weltmeere mit einem Brett bepaddeln.
Eine fiese Winböe stürzt mich ins Wasser
Meine auf 191 Zentimeter verteilten rund 100 Kilogramm wurden zunächst schon von einer Windböe ins Wasser gestürzt, die ein kleines Kind beim Ballspielen an Land fabrizierte. So ungefähr muss es aussehen, wenn ein Elefant in den Victoriasee platscht. Wobei der tierische Dickhäuter garantiert graziöser daher kommt.
Ulf Meßmer, der Herr der Boards
Mein Lehrer an diesem wunderschönen Sommertag ist Ulf Meßmer, der Vorsitzende des Windsurfclub Dingelsdorf.

Als ich am Vereinsgelände am Klausenhorn ankomme, hat er schon zwei Boards bereit gelegt: ein aufblasbares und ein Hardboard, das aus beschichtetem Styropor besteht. Dazu zwei Paddel.
Der Verein existiert seit 1979, damals noch als Freizeitclub Dingelsdorf. Vor vier Jahren entschieden sich die Vorstände, das Windsurfen ganz aus dem Programm zu nehmen und das SUP einzuführen. „Es war nichts mehr los hier. Windsurfing war nicht mehr in“, erinnert sich Ulf Meßmer. „Da war die Idee mit dem SUP goldrichtig.“
Landesmeisterin als Kursleiterin
Er absolvierte den Ausbilderschein. Seither ist er, wie es auf neudeutsch heißt, SUP-Instructor und gibt regelmäßig Kurse, zusammen mit Freya Schilling, mehrfache Landesmeisterin im SUP und Gewinnerin des Konstanzer Sport Award 2018.

Zurück auf den See. Solange ich kniend unterwegs bin, habe ich das Gefühl, der König der Welt zu sein. Mein Board wird jedoch zur Titanic, sobald ich aufstehe und versuche ein wenig zu paddeln. Als Eisberg dienen die Tsunami großen Wellen, die ein Haubentaucher am Horizont verursacht haben muss.

Hüftbreit über dem Tragefriff stehen und leicht in die Knie gehen“, ruft Ulf Meßmer. Der Mann hat gut paddeln. Rank und schlank ist er, deutlich kleiner als ich ebenfalls. „Wenn du drauf bist, zeige ich dir ein paar andere Paddelschläge“, fügt er hinzu.

Da gibt‘s noch andere? Paddelschlag ist also nicht gleich Paddelschlag? Denke es, versuche in der Vertikalen meine innere Balance zu finden und klatsch – liege ich zum zweiten Mal im Bodensee. Ein paar Lachmöwen fliegen über uns hinweg. Jetzt weiß ich auch, wieso die so heißen.
Ulf, der mit dem Brett tanzt
Ulf Meßmer scheint auf seinem Brett zu tanzen, so viel Spaß hat er bei seinen wendigen Paddelbewegungen. Er versucht mir beizubringen, wie ich problemlos um 360 Grad wende, wie ich rückwärts fahre, wie ich abbremse oder wie ein Mensch in Seenot gerettet wird. Es bleibt beim liebenswerten Versuch.

Der Redakteur landet bei jedem Manöver im See. Schwer beeindruckt bin ich, als er mich in einer simulierten Rettungsaktion als bewusstlosen Schwimmer auf sein Brett bringt. Wer das schafft, der kann auch ein Walross Huckepack mühelos über den Bodanrück tragen.

Irgendwann finde ich großen Gefallen daran
Die Zeit vergeht paddelnd und fallend wie im Flug. Nach rund zwei Stunden, der orkanartige Wind und die Angst einflößenden Riesenwellen sind längst verzogen, habe ich tatsächlich großen Gefallen gefunden am SUP. Übung macht auch in dieser noch so jungen Sportart den Meister. Viele Minuten verbringe ich in der Tat stehend und nicht stolpernd auf dem Brett, die wunderschöne Landschaft zieht friedlich an mir vorbei.

Bei der Einfahrt in den kleinen morastigen Strand des Windsurfsclubs entdecke ich im engen Kanal durchs Ried große Fische unter mir. Was für ein majestätischer Anblick von hier oben. So müssen sich einst die polynesischen Fischer vor Tahiti gefühlt haben.