Viel Optimismus für das laufende Jahr mit mehreren Millionen Euro über Plan in der Kasse, aber einige Zweifel beim Blick in die weitere Zukunft: Um die Finanzen der Stadt Konstanz ist es derzeit gut bestellt, doch die Haushaltberatungen für 2019/2020 werden auch eine Spardebatte bringen. So werten Verwaltung und Politik die aktuelle Lage – und für die Bürger bedeutet dies, dass manche schon lange erhofften Projekte wohl nicht so schnell umgesetzt werden können wie erhofft. Der weitere Ausbau der Kinderbetreuung, die Sanierung des Bahnhofplatzes mit dem neuen Kreisverkehr vor dem Lago, die Schulsanierung sowie der Grunderwerb unter anderem am Hafner werden die Möglichkeiten in den kommenden beiden Jahren wohl weitgehend ausreizen. Die Entwicklungen im Überblick:

Die Geschwister-Scholl-Schule zwar das bekannteste, aber nur eines von vielen Beispielen für Sanierungsbedarf an den Schulen. Konstanz ...
Die Geschwister-Scholl-Schule zwar das bekannteste, aber nur eines von vielen Beispielen für Sanierungsbedarf an den Schulen. Konstanz hat eine schöne Bundesförderung dafür zugesagt bekommen – aber auch viel städtisches Geld muss in den nächsten Jahren in die Modernisierung von Schulen gesteckt werden. | Bild: Oliver Hanser
  1. Der Gemeinderat wird klare Prioritäten setzen und Projekte auch verschieben müssen. Für Ulrich Schwarz, der als Stadtkämmerer so etwas wie der Finanzchef im Rathaus ist, ergibt sich also "deutlicher Priorisierungsbedarf", wie er jüngst im Haupt- und Finanzausschuss des Gemeinderats sagte. Das heißt nichts anderes, als dass Projekte auch langfristig verschoben werden müssen. "Das wird kein einfacher Doppelhaushalt werden", stimmte er die Kommunalpolitiker auf die Beratungen nach den Sommerferien ein. Zumal offenbar die Fachämter deutlich mehr Bedarf für Investitionen und Personal angemeldet haben, als tatsächlich Geld zur Verfügung steht.
  2. Der Grunderwerb vor allem für Wohnbau bleibt auch finanziell eine Herausforderung. Oberbürgermeister Uli Burchardt wollte dennoch nicht davon sprechen, dass eine brutale Sparrunde auf die Stadt zukommt. Die Haushaltsberatungen würden schwierig, erklärte er, "aber nicht besonders schwierig". Die Millionen, die die Stadt bereits in diesem Jahr in den Kauf von Grundstücken stecke, seien ja ebenfalls eine wichtige Investition. Zugleich erinnerte er daran, dass die Stadt Konstanz mit aktuell knapp unter 20 Millionen Euro vergleichsweise gering sei. Ob die Stadt künftig zum Beispiel für den Kauf von Flächen doch neue Schulden aufnehmen würde, ließ er offen, sagte aber: "Wenn wir am Ende Grundstücke am Hafner gekauft haben und deshalb eine Kita nicht bauen können, hätten wir etwas falsch gemacht."
  3. Die Gewerbesteuer-Einnahmen wackeln, die Unsicherheit nimmt hier nochmals zu. Das größte Risiko bei den Finanzen der Stadt und damit für die Erbringung von Dienstleistungen und Investitionen für die Bürger liegt laut Kämmerei in der Gewerbesteuer. Bereits vergangenes Jahr wurde bekannt, dass Konstanz 2018 rund sieben Millionen Euro zurückzahlen muss – diese Summe ist aber schon zurückgelegt. Dennoch könnte es weitere Einbußen geben, heißt es im Finanzbericht zum Halbjahr. Statt Nachzahlungen zugunsten der Stadt könnte es demnach eher Rückforderungen der Unternehmen geben. Statt der einst geplanten 44 Millionen Euro könnten für das Jahr nur 34 bis 35 Millionen Euro zur Verfügung stehen.
  4. Weniger Geld aus dem Finanzausgleich trifft auf steigende Kosten. 2019 kommt überdies ein Effekt auf die Stadt zu, der mit den komplizierten Verrechnungen auf Landesebene zu tun hat. Verkürzt gesagt, sorgt ein gutes Finanzjahr, wie es 2017 war, im übernächsten Jahr dazu, dass eine Stadt über den Finanzausgleich weniger Geld aus Stuttgart bekommt beziehungsweise mehr abgeben muss. Dass dies ausgerechnet in eine Phase stark steigender Baupreise und wachsender Personalkosten nach dem Tarifabschluss fällt, macht die Lage nicht einfacher, da herrscht zwischen Rat und Verwaltung Einigkeit.
  5. Die Kommunalpolitiker appellieren an ihre eigene Disziplin. Die politische Bewertung der aktuellen Zahlen fällt relativ einhellig aus. "Absolut diszipliniert" müsse man verhandeln, sagt etwa Günther Beyer-Köhler von der Freien Grünen Liste. Wolfgang Müller-Fehrenbach (CDU) sagt mit Blick auf die Stadträte: "Es liegt an uns, was wir alles fordern". Bei der Gewerbesteuer gelte es auch, die teilweise "erheblichen Umsatzeinbrüche im Handel" zu beobachten. Jürgen Puchta (SPD) fordert, der städtischen Wobak sollten Grundstücke auf jeden Fall günstig abgegeben werden. Das lehnt Jürgen Faden (Freie Wähler) ab, die Wobak könne am Markt agieren. Seine Prognose ist eher düster: "Die Disziplin wird, sobald wir in den Beratungen sind, über Bord geworfen", sagt er, "von den hehren Worten wird nicht mehr übrig bleiben."
Ein Investitionsschwerpunkt 2019/2020 für die Stadt Konstanz soll der Bahnhofplatz sein. Sanierung und Umbau sollen 4,65 Millionen Euro ...
Ein Investitionsschwerpunkt 2019/2020 für die Stadt Konstanz soll der Bahnhofplatz sein. Sanierung und Umbau sollen 4,65 Millionen Euro kosten – plus nochmals über drei Millionen Euro für den neuen Kreisel vor dem Lago. | Bild: Jörg-Peter Rau

 

Soll und Haben: So steht Konstanz da

  • Einnahmen und Ausgaben: Die Stadt Konstanz setzt allein in der Kernverwaltung rund 250 Millionen Euro im Jahr um. Im laufenden Geschäft (ohne Investitionen) rechnet die Kämmerei zum Jahresende mit einem Plus von 18,6 Millionen Euro, das ist deutlich besser als bisher erwartet. Steigerungen gibt es vor allem beim städtischen Anteil an der Einkommensteuer sowie bei der Vergnügungssteuer. Bei der Gewerbesteuer könnten dagegen am Ende des Jahres mehrere Millionen Euro fehlen. Für 2019/2020 haben die einzelnen Ämter laut Kämmerei "bereits erhebliche Bedarfe" für Personal und Investitionen angemeldet, obwohl das Investitionsprogramm für die kommenden Jahre schon zuvor "gut gefüllt" gewesen sei.
  • Schulden und Rücklagen: Die Stadt Konstanz hat – ohne ihre Eigenbetriebe und Beteiligungen wie Entsorgungsbetriebe oder Stadtwerke – zur Jahresmitte 19,6 Millionen Euro Schulden. 1999 stand Konstanz noch mit fast 36 Millionen Euro in der Kreide. Für Zinsen muss die Stadt dieses Jahr knapp 800 000 Euro aufwenden. Das Gegenstück zu den Schulden sind die Rücklagen. Sie könnten zum Jahresende bei 19,5 Millionen Euro liegen, geplant waren 10,7 Millionen Euro. Guthabenzinsen kann die Stadt kaum mehr erwirtschaften, die berüchtigten Negativzinsen von 0,4 Prozent aber wurden laut Kämmerei durch eine kluge Anlagepolitik bisher nur "in sehr geringer Höhe" gezahlt.