Durch die Ausbreitung der Covid-19-Pandemie sind die Menschen bei der politischen Entscheidungsfindung ein neues Tempo gewohnt: Aus Jahren und Monaten wurden Tage, manchmal auch Stunden. Bei einer für Konstanz wichtigen Angelegenheit, heißt es aber noch immer: warten.

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Für eine landesweite Verschiebung wäre eine Gesetzesänderung notwendig

Es geht um die auf 5. Juli terminierte Wahl zum Oberbürgermeister. Das Kommunalwahlgesetz sieht bisher nur die Möglichkeit einer Absage vor, für eine Verschiebung bedürfe es einer Gesetzesänderung durch die Landesregierung.

Und genau dort wurde wegen des durch die Corona-Krise stillgelegten öffentlichen Lebens um eine einheitliche Linie für alle Kommunen gerungen. Allein bis zu den Sommerferien stehen rund 40 Wahlen in Baden-Württemberg an, die des Konstanzer Oberbürgermeisters ist die bedeutendste.

Uneinigkeit zwischen Grünen und CDU

Nach SÜDKURIER-Informationen aus Regierungskreisen sorgte das Thema für Dissens in der Grün-Schwarzen Koalition. Demnach sprachen sich die Grünen im Sinne der demokratischen Willensbildung der Bürger für eine landesweite Verschiebung zumindest aller Wahlen aus, die bis Anfang Juli stattfinden sollten. Andere Bundesländer, etwa Hessen oder Sachsen, fassten entsprechende bindende Beschlüsse.

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Gemeinden sollen zusammen mit Regierungspräsidien über Verschiebung entscheiden

CDU-Innenminister Thomas Strobl hat dagegen erklärt, die Gemeinden sollen in Abstimmung mit den Regierungspräsidien selbst über eine Verschiebung entscheiden. Hierfür werde eine Handreichung erstellt. Der Ministerrat verzichtete somit auf eine Vorgabe durch das Land. Sollte ein neuer Termin nach der aktuellen Amtszeit stattfinden, in Konstanz ist das der 10. September, müsste der Gemeinderat einen Amtsverweser wählen.

Was sagen die Konstanzer OB-Kandidaten zum Wahltermin?

Auch die vier derzeitigen Konstanzer OB-Kandidaten sind hinsichtlich einer Terminänderung geteilter Meinung. Amtsinhaber Uli Burchardt sagt: „Ich bin der Meinung, dass am 5. Juli gewählt werden kann und sollte.“

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Zu einer anderen Einschätzung käme er nur bei lange anhaltenden Ausgangssperren bis kurz vor dem Wahltermin. Er stelle sich „als OB und auch als Kandidat darauf ein, dass wir den Rest des Jahres und vermutlich darüber hinaus mal mehr, mal weniger im Krisenmodus verbringen werden“.

Der Konstanzer Oberbürgermeister Uli Burchardt in seinem Büro im Rathaus Konstanz.
Der Konstanzer Oberbürgermeister Uli Burchardt in seinem Büro im Rathaus Konstanz. | Bild: Scherrer, Aurelia
„Wer die Wahl verschieben will, der müsste erst einmal sagen, wohin.“
Uli Burchardt, Oberbürgermeister

Zweistelliges Millionenloch im Haushalt wahrscheinlich

Burchardt spricht von einer „historisch tiefen Krise„ und hält es für nicht gut, wenn die Stadt mit einem Amtsverweser im Herbst in die Verhandlungen für den Doppelhaushalt 2021/22 ginge. Er gehe davon aus, „dass uns gegenüber unserer Planung ein zweistelliger Millionenbetrag fehlen wird“. Der Gemeinderat solle daher dafür sorgen, dass Konstanz ab dem 10. September über einen mit einem Mandat ausgestatteten Oberbürgermeister verfüge.

Konkurrent Pantisano hätte sich klare Entscheidung durch Regierung gewünscht

Luigi Pantisano erklärt als Herausforderer, er hätte sich statt einer Handreichung einen Regierungsbeschluss gewünscht. Er hoffe nun, dass der Gemeinderat in Abstimmung mit dem Regierungspräsidium die fehlende Klarheit nachholen.

Luigi Pantisano will sich für das Amt des Oberbürgermeisters von Konstanz bewerben.
Luigi Pantisano will sich für das Amt des Oberbürgermeisters von Konstanz bewerben. | Bild: privat
„Ich werde unabhängig vom Wahltermin im Gespräch mit den Konstanzern bleiben.“
Luigi Pantisano, OB-Kandidat

Pantisano ist wichtig, dass die Bürger „die Zeit und die Möglichkeit bekommen, sich ein Bild zu machen von den verschiedenen Kandidaten und ihren Zielen für die nächsten acht Jahre“. Er werde unabhängig vom Wahltermin „in den nächsten Wochen und Monaten im Gespräch mit den Konstanzern bleiben und meine Ideen für die Zukunft vorstellen“.

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Felix Müller befürchtet eine zu große Distanz zu den Bürgern im Wahlkampf

Felix Müller will sich für das Amt des Oberbürgermeisters von Konstanz bewerben.
Felix Müller will sich für das Amt des Oberbürgermeisters von Konstanz bewerben. | Bild: Anjana Perera
„Ein Wahlkampf lebt von persönlichen Gesprächen, von Veranstaltungen in den Stadtteilen.“
Felix Müller, OB-Kandidat

Felix Müller, der ebenfalls zur Wahl antreten will, sieht eine Beibehaltung des Termins kritisch. „Ein Wahlkampf lebt von persönlichen Gesprächen, von Veranstaltungen in den Stadtteilen und Podiumsdiskussionen“, sagt er. Da diese vorerst nicht möglich sein werden, entstehe „eine sehr große Distanz zu den Bürgern“.

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Mit Konferenzen über das Internet oder der Nutzung sozialer Medien könne man nicht alle Menschen in Konstanz erreichen. Dies sei jedoch wichtig, um jedem eine „bewusste und informierte Entscheidung über den Weg unserer Stadt“ zu ermöglichen.

Uli Burchardt glaubt an alternative Wahlkampf-Möglichkeiten

Uli Burchardt glaubt dagegen, „dass man auch ohne Säle füllende Abendveranstaltungen Wahlkampf führen kann“. Neben neuen Instrumenten stünden bewährte wie Plakate, Anzeigen oder eine Homepage uneingeschränkt zur Verfügung.

In Richtung Mitbewerber sagt er: „Ich kann nachvollziehen, dass der eine oder andere Kandidat, der spät oder zu spät eingestiegen ist, sich von einer Verschiebung der Wahl nun Vorteile erhofft.“

Andreas Matt sieht den Amtsinhaber unter den aktuellen Voraussetzungen im Vorteil

Umgekehrt sieht Andreas Matt, der jüngst im SÜDKURIER seine Kandidatur öffentlich machte, einen gestiegenen Vorteil für den Amtsinhaber durch die aktuelle Situation. Matt, der zuletzt für den Wirtschaftsrat der CDU in Sachsen-Anhalt arbeitete, sagt zwar: „Ich kann mit einer Beibehaltung des Termins ebenso leben wie mit einer Verschiebung.“

Andreas Matt will sich für das Amt des Oberbürgermeisters von Konstanz bewerben.
Andreas Matt will sich für das Amt des Oberbürgermeisters von Konstanz bewerben. | Bild: Brumm, Benjamin
„Wirklich fair ist der Termin im Sommer unter den aktuellen Voraussetzungen nicht.“
Andreas Matt, OB-Kandidat

Bliebe es bei Juli, müssten sich die Bewerber Gedanken über einen Wahlkampf mittels anderer Kanäle als öffentliche Veranstaltungen machen. „Wirklich fair ist der Termin im Sommer nicht. Der Amtsinhaber hat einen nicht wegzudiskutierenden Bonus, den er nun über die Kanäle der Stadt Konstanz, allen voran den YouTube-Kanal Konstanz TV, ausführlich nutzt.“

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Ministerium hat Entscheidung an die Gemeinden delegiert

Die wichtige persönliche Auseinandersetzung mit den Konkurrenten könne seiner Ansicht nach aktuell nicht ausreichend stattfinden. Dasselbe gelte für den Austausch mit den Bürgern. „Nicht jeder kann und will sich nur per Video-Chat mit einem Kandidaten unterhalten“, sagt Matt.

Uli Burchardt sagt über Gedankenspiele für einen späteren Termin: „Wer die Wahl verschieben will, der müsste erst einmal sagen, wohin.“ Die Antwort von Landesinnenminister Thomas Strobl ist nun ja bekannt.