Den Klimaschutz und die Förderung klimaschonender Mobilität haben sich Politik und Stadtverwaltung groß auf die Fahne geschrieben. Allerdings sind viele Konstanzer nicht unbedingt glücklich über die Reihenfolge der Maßnahmen. In der Kritik stehen aktuell die Rad-Abstellanlagen an Bushaltestellen.

In der Opelstraße steht nur ein kaputtes Fahrrad.
In der Opelstraße steht nur ein kaputtes Fahrrad. | Bild: Aurelia Scherrer

Die Freien Wähler hatten in einer Sitzung des Technischen und Umweltausschusses im Mai den Antrag gestellt, den Bedarf zu überprüfen, denn „viele Bürger in Wollmatingen und Industriegebiet wundern sich über die Standortwahl diverser Fahrradabstellanlagen“.

Weit oben auf der Kritik-Liste in den sozialen Medien steht diese Anlage in der Brandenburger Straße/Ecke Riedstraße.
Weit oben auf der Kritik-Liste in den sozialen Medien steht diese Anlage in der Brandenburger Straße/Ecke Riedstraße. | Bild: Aurelia Scherrer

Ferner heißt es in der Antragsbegründung, in der einige der Straßen aufgelistet sind: „Der Sinn und Zweck der Anlagen in diesen Straßen erschließt sich vielen Anwohnern und uns auch nicht.“ Die Freien Wähler hatten beantragt, die Nachfrage an diesen Standorten zu evaluieren und – falls sie nicht angenommen werden – die Anlagen ab- und an einer anderen Stelle wieder aufzubauen.

Bei diesen Stellplätzen an der Riedstraße/Ecke Fürstenbergstraße schütteln Kenner des Quartiers den Kopf.
Bei diesen Stellplätzen an der Riedstraße/Ecke Fürstenbergstraße schütteln Kenner des Quartiers den Kopf. | Bild: Aurelia Scherrer

Zum Hintergrund

Bei der Verknüpfung von Rad und öffentlichem Nahverkehr handle es sich um eine Push-Maßnahme, wie Verkehrsplaner Stephan Fischer jüngst in einer öffentlichen Sitzung sagte. Damit wolle die Verwaltung den Bürgern umweltfreundliche Mobilität nahebringen – die Nutzung von Rad und Bus also anregen, indem sie die Bedingungen dafür vereinfacht.

Leere auch in der Wollmatinger Straße.
Leere auch in der Wollmatinger Straße. | Bild: Hanser, Oliver

Parken an 25 Haltestellen

An insgesamt 25 Bushaltestellen sind so mittlerweile 246 Fahrradstellplätze entstanden, teilt die Pressestelle der Stadt Konstanz auf SÜDKURIER-Nachfrage mit. Dafür wurden auch 20 Autostellplätze in Fahrradabstellanlagen umgewandelt.

Auch das Angebot in der Allmannsdorfer Straße wird nicht angenommen.
Auch das Angebot in der Allmannsdorfer Straße wird nicht angenommen. | Bild: Oliver Hanser

Kurzfristig sei kein weiterer Ausbau geplant, so die Pressestelle weiter. Allerdings: „Mittelfristig ist es Ziel der Stadt, im Rahmen des vom Gemeinderat beschlossenen Mobilpunkt-Konzeptes die Verknüpfung der umweltfreundlichen Verkehrsträger an den Umstiegspunkten flächendeckend auszubauen. Die Erfahrungen aus dem kürzlich erfolgten Ausbau werden in die weitere Planung einfließen.“

Auch auf linksrheinischer Seite im Stadtteil Paradies wird das neue Angebot nicht angenommen, hier der Fahrrad-Parkplatz in der ...
Auch auf linksrheinischer Seite im Stadtteil Paradies wird das neue Angebot nicht angenommen, hier der Fahrrad-Parkplatz in der Schulthaißstraße. | Bild: Aurelia Scherrer

25 Anlagen für 43.270 Euro

Und was kostet die Einrichtung solcher Anlagen? „Für die Fahrradabstellanlagen an Bushaltestellen wurden im Vorfeld Kosten in Höhe von 43.270,07 Euro kalkuliert, wovon 28.167,95 Euro förderfähige Kosten waren“, so die Pressestelle der Stadt Konstanz auf Anfrage. „Es wurde eine 75-prozentige Förderung in Höhe von 21.125,95 Euro bewilligt.“

Wallgutstraße nahe der Einmündung zur Feldstraße.
Wallgutstraße nahe der Einmündung zur Feldstraße. | Bild: Aurelia Scherrer

Die Realität

Und doch werden diese Abstellanlagen in der Realität nicht genutzt. In sozialen Netzwerken gibt es viel Spott. Konstanzer verleihen ihrer Verwunderung Ausdruck, denn die meisten bezweifeln, dass viele Radler auf den Bus umsteigen. Aus gutem Grund, denn die Stadtwerke Konstanz (SWK) haben sich dem „Prinzip der kurzen Wege“ verschrieben, wie SWK-Sprecher Christopher Pape dem SÜDKURIER sagt.

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Im Nahverkehrsplan sei definiert, wie groß die maximale Distanz zur nächsten Bushaltestelle sein solle, so Pape. „Die beträgt Luftlinie 400 Meter. Das ist fußläufig nicht weit“, stellt Pape fest, schränkt aber ein, dass diese Strecke „manchmal etwas länger, manchmal auch etwas kürzer“ sein könne.

Hier ein Bild von der Brüelstraße im Stadtteil Paradies.
Hier ein Bild von der Brüelstraße im Stadtteil Paradies. | Bild: Aurelia Scherrer

Was ist mit Versetzen?

Und was sagt die Verwaltung zur Idee der Freien Wähler, die ungenutzten Fahrradabstellanlagen ab- und stattdessen an frequentierten Orten wieder aufzubauen? Ob nötig oder unnötig: Die Anlagen bleiben die nächsten Jahre stehen, sonst muss die Stadt die Fördermittel zurückzahlen und bleibt auf den Gesamtkosten von mehr als 43.000 Euro sitzen.

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In der Stellungnahme der Verwaltung heißt es, „dass der Zweck der Förderung bis mindestens zum 28. Februar 2029 gewährleistet sein muss – ansonsten droht die Rückzahlung von Fördermitteln“.

Viele Radler schließen ihre Räder lieber an Zäunen an.
Viele Radler schließen ihre Räder lieber an Zäunen an. | Bild: Oliver Hanser

Zählung ist geplant

Es sei geplant, in der zweiten Hälfte des Jahres 2023 an allen Standorten an einem Stichtag zu erheben, wie viele Fahrräder dort abgestellt werden. „Die Zählung sollte nicht früher erfolgen, da Verhaltensänderungen langsam erfolgen und es Zeit braucht, bis ein neues Angebot genutzt wird“, schreibt die Verwaltung zum Antrag der Freien Wähler.

Hoch im Kurs stehen dagegen die Fahrradständer am Zähringerplatz.
Hoch im Kurs stehen dagegen die Fahrradständer am Zähringerplatz. | Bild: Oliver Hanser

Und doch: Gern mehr!

Noch fast sieben Jahre lang scheint ein Versetzen der Abstellanlagen außer Diskussion zu stehen. Stattdessen wird sogar ein Mehr in Aussicht gestellt. „Sofern es Hinweise gibt, an welchen Bushaltestellen weiterer Bedarf für Fahrradabstellanlagen besteht, nimmt die Verwaltung diese gerne entgegen“, heißt es am Ende der Begründung.