Es ist eine der meistbefahrenen Kreuzungen in Konstanz. Auch für Radfahrer. Kinder und Jugendliche auf dem Schulweg, Studierende und Mitarbeiter auf dem Weg zu den Hochschulen, Arbeitspendler, Einkäufer und Freizeitradler kommen hier in einem beständigen Strom vorbei. Wenn sie nicht, was häufig ist, in dichten Pulks vor Ampeln stehen. Da kommt es dann auch schon mal zu kritischen Szenen mit anderen, querenden Radlern und vor allem mit Fußgängern.

Viel zu eng: Fußgänger und Radfahrer haben am Ampelübergang viel zu wenig Platz, um zu warten. Sie stehen bereits auf der Radspur. Für ...
Viel zu eng: Fußgänger und Radfahrer haben am Ampelübergang viel zu wenig Platz, um zu warten. Sie stehen bereits auf der Radspur. Für die Radfahrer, die von der Allmannsdorfer Straße und von der anderen Seite des Zähringerplatzes kommen, ist kein Durchkommen. | Bild: Scherrer, Aurelia

So ist das am Zähringerplatz. Dort kreuzen sich die meisten wichtigen Rad-Routen der Stadt – in Richtung Mainau, Universität, Altstadt. Und dort gibt es, amtlich festgestellt seit mindestens 2015, eine „Gefahrenstelle“. So steht es in einer Sitzungsvorlage zum Handlungsprogramm Radverkehr. Doch sieben Jahre später hat sich nichts getan. Auch SÜDKURIER-Leser haben seither mehrfach den Zähringerplatz als einen der problematischsten Orte für Radfahrer benannt.

Schon seit vielen Jahren warnen Kommunalpolitiker vor dieser problematischen Kreuzung. 2017 war von 8000 Radfahrern täglich die Rede, die allein auf der Jahnstraße unterwegs sind. Zusammen mit den anderen Routen, die über den Zähringerplatz führen, dürften hier heute weit über 10.000 Radfahrer unterwegs sein. Genaue und aktuelle Zahlen hat die Stadtverwaltung selbst nicht. Auf eine Anfrage des SÜDKURIER antwortet das Baudezernat: „Eine neue Zählung in 2022 wurde deshalb bereits bei der Haushaltsanmeldung letztes Jahr vorgesehen.“

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Während also Busse, Autos und Radfahrer einen unablässigen Strom über den Zähringerplatz formen, herrscht in der Bauverwaltung weitgehend Stillstand. 2017 erklärte Gregor Gaffga, der damalige Radverkehrsbeauftragte der Stadt Konstanz, in einer öffentlichen Sitzung: „Der Knoten Zähringerplatz ist relativ komplex. Es macht nur Sinn, das gesamt zu betrachten, doch dafür sind die Mittel nicht eingestellt.“

„Kurzfristige Lösungen sind nicht möglich“

2022 klingt die Antwort aus dem Rathaus sehr ähnlich: „Kurzfristige Lösungen für den Zähringerplatz sind nicht möglich. (...) Mittel für Planung und Umbau der komplexen Kreuzung Zähringerplatz müssten im Haushalt eingestellt werden. Aufgrund Prioritätensetzungen und der Aufteilung der Haushaltsmittel wurde diese Maßnahme bei den Haushaltsberatungen der vergangenen Jahre zurückgestellt.“

Dennoch gibt es mögliche Lösungen, die zum Teil von fahrraderfahrenen Kommunalpolitikern wie Jürgen Ruff (SPD), Heinrich Fuchs (CDU) und Gisela Kusche (Freie Grüne Liste) bereits vorgeschlagen wurden. Andere gehen zum Beispiel auf den Radverkehrsexperten Norbert Wannenmacher und das bürgerschaftliche Aktionsbündnis Ciclo zurück und liegen nun auch schon wieder seit zwei Jahren auf dem Tisch. Hier ein Überblick:

Lösungsvorschlag 1: Bessere Ampelschaltung

(Archivbild) Fahrradfahrer biegen – von der Friedrichstraße (rechts) her kommend – entgegen der vorgeschrieben Fahrtrichtung ...
(Archivbild) Fahrradfahrer biegen – von der Friedrichstraße (rechts) her kommend – entgegen der vorgeschrieben Fahrtrichtung auf den Radweg ein, statt den Ampelübergang (links) zu nutzen oder vom Rad abzusteigen und es zur Kreuzung zu schieben. Wären die Ampeln anders geschaltet, wäre eine Art Grüne Welle für Radler hier durchaus möglich. | Bild: Scherrer, Aurelia | SK-Archiv
  • Die Idee: Ampeln lassen sich so schalten, dass alle Autofahrer in einer Phase rot haben. Dann können Fußgänger und Radfahrer die Kreuzung auch diagonal überqueren. Das wäre vor allem für den Verkehr zur und von der Universität sehr praktisch, denn da sind im Moment viele Geister-Radler unterwegs, die sich selbst und andere gefährden.
  • Darum geht es laut Verwaltung nicht: „Eine Umprogrammierung der Ampeln auf eine Alles-Rot-Schaltung mit freien Kreuzungsmöglichkeiten für Radler und Fußgänger wurde untersucht, würde aber die Leistungsfähigkeit des Knotenpunktes extrem verschlechtern, dies auch und vor allem zu Ungunsten des ÖV (öffentlichen Verkehrs, Anm. der Redaktion). Weiterhin würden sich sowohl die Umlaufzeiten und daraus folgend die Wartezeiten für alle Verkehrsteilnehmer spürbar erhöhen.“

Lösungsvorschlag 2: Temporäre Radwege

Hier wäre eigentlich Raum für Radler: Die Geradeaus-Spur von der Allmannsdorfer Straße zur Jahnstraße wird seit Jahren nicht genutzt. ...
Hier wäre eigentlich Raum für Radler: Die Geradeaus-Spur von der Allmannsdorfer Straße zur Jahnstraße wird seit Jahren nicht genutzt. Doch ein versuchsweiser (Pop-Up-) Radweg ist nicht vorgesehen. | Bild: Rau, Jörg-Peter
  • Die Idee: So genannte Pop-Up-Radwege sind in einigen Städten entstanden, als während der Lockdowns viel weniger Autos unterwegs waren. Am Zähringerplatz gibt es zum Beispiel eine nicht mehr benötigte Geradeaus-Spur für Autos von der Allmannsdorfer Straße in die Jahnstraße. Gerade hier ist der Radweg und der Platz vor der Ampel sehr eng. Auf der Straße dagegen wäre Platz, der im Moment mit Baken abgesperrt ist.
  • Darum geht es laut Verwaltung nicht: Es müsste dafür die Ampel umprogrammiert werden, was laut Verwaltung stets hohe Kosten mit sich bringt. Wörtlich klingt das dann so: „Wegen der erforderlichen Änderungen an den LSA am Zähringerplatz ist auch die Einrichtung von Pop-Up-Radwegen auf der bisher dem Autoverkehr vorbehaltenen Fläche keine sinnvolle Alternative.“
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Lösungsvorschlag 3: Größere Flächen für Radler

  • Die Idee: Zum Beispiel in der Nordwest-Ecke des Zähringerplatzes, vor dem früheren Blumenhaus Fehrenbach (heute Michiko Tea), ist es extrem eng. Der Radweg ist zwischen Straße und Parkplätzen eingeklemmt. Bei starkem Verkehr von der Uni in Richtung Stadt ist viel zu wenig Platz. Könnte man hier nicht an die angrenzenden Flächen rangehen und mehr Raum schaffen, zumal die Fahrräder durch Cargo-Bikes und Anhänger ja auch immer größer werden? Gleiches wäre auch an der Döner-Bude vis-à-vis wünschenswert, wo es mittags und abends oft sehr eng wird.
  • Darum geht es laut Verwaltung nicht: „Die Flächen an der NW-Ecke der Kreuzung westlich des Radwegs sind Privatflächen.“ Ob die Stadtverwaltung Bemühungen unternommen hat, Flächen zu kaufen, ist unklar. Immerhin verweist sie aber auf eine Studienarbeit der Hochschule HTWG, die „eine andere Aufteilung der Verkehrsräume zugunsten der Radfahrer und Fußgänger“ darstelle, „Möglichkeiten einer Umsetzung werden im Zuge der weiteren Planung geprüft.“

Lösungsvorschlag 4: Umbau der Kreuzung

(Archivbild) Die ganze Kreuzung so umbauen, dass für Radler mehr Platz und Sicherheit gegeben ist? Das wünschen sich Fahrradfahrer und ...
(Archivbild) Die ganze Kreuzung so umbauen, dass für Radler mehr Platz und Sicherheit gegeben ist? Das wünschen sich Fahrradfahrer und auch viele Kommunalpolitiker. Doch den Zähringerplatz will die Verwaltung nicht anfassen, weil alle wissen: Das wird kompliziert. | Bild: Michael Buchmüller | SK-Archiv
  • Die Idee: Konstanz baut eine komplett neue, übersichtliche, dem modernen Radverkehr und den Klimazielen der Stadt angepasste Kreuzung. Das ist die Lösung, für die vieles spricht, denn es handelt sich ja in der Tat um eine komplizierte Kreuzung mit (inklusive Friedrichstraße als Uni-Zufahrt) fünf Ästen. Im erwähnten Handlungsprogramm Radverkehr von 2015 ist es auch genau so hinterlegt. Auch aus den Jahren davor gibt es entsprechende Initiativen.
  • Darum geht es laut Verwaltung derzeit nicht: Aktuell liegt keinerlei Planung bereit. Es ist sogar nicht einmal Geld für eine solche Planung bereit, der Gemeinderat hat es nie in den Haushalt der Stadt aufgenommen. Vermutlich, weil alle wissen, wie teuer es werden kann. Dafür gibt es immerhin Richtwerte: Der Knotenpunkt umfasst laut Verwaltung einschließlich der zuführenden Fahrspuren und Gehwege etwa 7000 Quadratmeter Fläche. „Ein Umbau kostet je nach Standard 300 bis 500 Euro pro Quadratmeter“, rechnet das Baudezernat vor, alle Kosten für den Umbau der Ampel inklusive neuer Masten, Leitungen und Programmierung käme noch oben drauf. Ein zeitgemäßer Zähringerplatz würde also mehrere Millionen Euro kosten.
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Fazit: Es bleibt wohl noch lange so, wie es ist

So sieht es aus am Zähringerplatz. Es werden sich also auch in den nächsten Jahren Fußgänger und immer mehr und immer schnellere Radfahrer gefährlich nahe kommen. Die rund 7800 Busfahrgäste, die hier täglich ein- und aussteigen, müssen weiterhin aufpassen, nicht umgefahren zu werden. Vor dem Ampeln bleibt es eng – vor allem für Radfahrer.