Am Mittwochabend wäre eigentlich der traditionelle Weinfestauftakt auf dem Stephansplatz gewesen. Zum zweiten Mal in Folge wurde dieses Fest aufgrund der Corona-Pandemie abgesagt. Die Sommerwiese-Veranstalter und die Narrengesellschaft Niederburg boten Stammgästen mit „Sommerlaune am See“ eine Alternative: Ein launiger Abend mit abwechslungsreichem Unterhaltungsprogramm, das zwischen Schlagerpotpourri, Fasnachtsspitzen und Musical-Appetithäppchen changierte, in geselliger, beinahe familiärer Runde.
Und sie kamen, die Fest-erprobten Konstanzer und sogar Delegationen von der Insel Reichenau, welche auf ihr geschätztes Wein- und Fischerfest ebenfalls verzichten müssen. Die Clique aus dem Paradies um den neuen Kameler-Präsidenten Alexander Riedmann hatte sogar Picknickdecken mitgebracht. Nein, die Sommerwiese-Besucher mussten sich nicht auf die Wiese setzen; vielmehr verstehen es die Paradiesler, wie man es sich auf Bierbänken bequem machen kann.
Die Konstanzer Sommerwiese
Simone Strauf zählt schon beinahe zu den Stammgästen der Sommerwiese. Am Wochenende hatte sie das Gemeinschaftskonzert der Südwestdeutschen Philharmonie und der Musikschule Konstanz besucht, um jetzt den Niederburg-Abend zu genießen.
„Eine tolle Aktion“, stellt sie rundheraus fest. Die Sommerwiese zeichne sich aufgrund der Mischung bekannter Sänger und Lokalmatadoren aus, sodass für jeden Geschmack etwas geboten sei. „Es wäre schön, wenn sich diese Veranstaltungsreihe etablieren würde“, findet Strauf.

Die Narrengesellschaft Niederburg hatte mit Freuden und Enthusiasmus die Chance ergriffen. Schließlich wollte die kreative Schar das Musical „Die Fischerin vom Bodensee“ zur Aufführung bringen. Aufgrund der Pandemie musste die Premiere mittlerweile zum zweiten Mal verschoben werden und ist nun für Mai 2022 vorgesehen.
Doch jetzt präsentierten die Niederbürgler im Rahmen einer kess-gewitzten Schlager-Revue quer durch die Jahrzehnte – der fasnachtsnärrische Ursprung war gleichwohl unverkennbar – auch ihre Lieblingshits aus dem Musical, moderiert von ihrem Präsidenten Mario Böhler.
Simon Schafheitle als bärtige Marylin
Bekannte Fasnachts-Bühnenstars und junge Talente, eine soundstarke Band mit dem musikalischen Leiter Georg Herrenknecht und den flotten Tänzerinnen der Imperia Jazzys unter Leitung von Christiana Gondorf lieferten eine spritzige Revue mit Liedgut, das zum Mitsingen lockte; oder Darbietungen – Simon Schafheitle als Dragqueen – die zum Lachen animierten.
Der Abend im großen Bodenseestadion von Konstanzern für Konstanzer bewies noch etwas: Es braucht kein enges Gedränge wie bei Weinfest-Abenden auf dem Stephansplatz, damit eine heimelig-familiäre Atmosphäre entstehen kann.
Es liegt an den Menschen selbst, an Natürlichkeit, Heiterkeit und ihrer Kunst, über sie selbst lachen zu können. Paradebeispiel ist Claudia Zähringer. Erst sang sie vorzüglich „Diamonds are a girls best friend“, um später ein Lied aus dem Fischerin-Musical anzustimmen.
Die Band spielte, doch Claudia Zähringer blieb erst stumm, um alsbald mit einer Erklärung auf Konstanzerisch abzubrechen: „Ich kann den Text nicht auswendig und ich habe keine Brille dabei“, bekannte sie offen und hatte alle Lacher auf ihrer Seite. Peinlich musste es ihr nicht sein. Im Gegenteil. Gerade diese Natürlichkeit machte den Konstanzer Zauber aus und sorgte für unvergessliche Erinnerungen.
„Das ist Konstanz. Das ist authentisch.“
Zuschauerin Alexandra Kaltenbach zum Beispiel war hingerissen von dieser „geilen Ehrlichkeit. Das ist Konstanz. Das ist authentisch“, stellte sie fest und merkte bezüglich der Gesamtshow an: „Absolute tolle, flotte Unterhaltung. Die machen einen richtig guten Job.“
Auch Wolfgang Mettler war sichtlich angetan von dem Abend, auch wenn er auf die Frage, was ihn zum Kommen animiert hatte, zunächst frotzelte: „Weiß ich selber nicht. Als Ritter der Niederburg ist es meine bekannte Affenliebe, die mich hertrieb.“
Ernsthaft fügte der Kenner der Hochkultur und Erzfasnachter an: „Der Weg, den Mario Böhler einschlägt, eine Alternative zur Saalfasnacht zu bieten, ist gut.“ Schließlich nehme die Zahl der Textschreiber ab. Damit eine Narrengesellschaft diese Zeitenwende überleben könne, müssten die Vereine auch neue Wege ausprobieren, meinte Mettler.