Ist der Postbote überfordert oder krank? Ist der Weg zum Briefkasten nicht klar ersichtlich? Woran liegt es, dass ich keine Briefe der Deutschen Post bekomme? Diese Fragen stellt sich offensichtlich nicht nur SÜDKURIER-Volontär Marvin Nagel.

Nach einem Bericht über seinen leeren Briefkasten melden sich Leser aus Konstanz, denen es ähnlich geht. Entweder kommt bei ihnen die Post unregelmäßig, zu spät oder gar nicht. Sie fragen sich, warum das so ist – und was sie dagegen machen können. Denn die Hotline der Post, die bei Marvin Nagel zum Erfolg führte, scheint nicht bei allen weiterhelfen zu können.

Trauerbrief kommt erst nach der Beerdigung

Für Florian Reiners aus Petershausen-West war die Hotline nur der Auftakt zu einer wahren Odyssee an Versuchen, die Post zum pünktlichen Liefern zu bringen. Seit November des vergangenen Jahres sind Reiners Verzögerungen bei der Zustellung aufgefallen. „Die anschließende Beschwerde bei der Hotline der Post lief ins Leere“, berichtet er. Ihm sei nur lapidar gesagt worden, dass die Zustellung von Werbepost länger dauern könne.

Dabei habe es sich bei den vermissten Briefen nicht um Werbepost gehandelt, und außerdem: „Werbepost wurde bei mir schneller zugestellt als die wichtigen Poststücke.“ Zu den wichtigen Briefen habe beispielsweise ein Trauerbrief gehört – der sei erst eine Woche nach der Beerdigung angekommen, obwohl er mit entsprechendem Vorlauf versendet worden sei.

Florian Reiners vor einer Postfiliale in Petershausen: Über ein halbes Jahr stand er in Kontakt mit der Deutschen Post und der ...
Florian Reiners vor einer Postfiliale in Petershausen: Über ein halbes Jahr stand er in Kontakt mit der Deutschen Post und der Bundesnetzagentur. Ob es was genützt hat, bezweifelt er. | Bild: Nagel, Marvin

Also ging Florian Reiners im vergangenen Januar den letztmöglichen Schritt, wenn die Beschwerde bei der Post nicht weiterhilft: Er meldete sich bei der Bundesnetzagentur (BNetzA) und schilderte das Problem. Auf ihrer Website rät die Agentur dazu, erst die Post zu kontaktieren. Bei „anhaltenden Mängeln“ könne man aber auch eine Beschwerde bei der BNetzA einreichen. Das tat Reiners, seine Beschwerden an die BNetzA und auch die Antworten der Post liegen dem SÜDKURIER vor.

Selbst Beschwerde über Bundesnetzagentur hilft nicht weiter

Als Antwort von der Post erhielt Reiners das, was man wohl als Standardschreiben bezeichnet. „Wir haben uns sofort um Ihr Anliegen gekümmert und die Kollegen vor Ort darüber informiert“, heißt es da, und: „So hoffen wir sehr, dass dies möglichst nicht mehr passieren wird.“

Diese Hoffnung hatte Reiners auch – sie war vergebens. Weiterhin kamen Briefe bei ihm viel zu spät, wieder wandte er sich an die Post, wieder wurde er mit Standardantworten vertröstet. Sogar ein Postfach am Zähringer Platz habe er gemietet, erzählt er, in der Hoffnung, dass dort die Briefe rechtzeitig ankommen. Teilweise habe das auch funktioniert.

24 Euro für ein Jahr kostet ein Fach der Deutschen Post in einer ihrer Filialen, hier die Fächer der Filiale am Zähringer Platz. Das war ...
24 Euro für ein Jahr kostet ein Fach der Deutschen Post in einer ihrer Filialen, hier die Fächer der Filiale am Zähringer Platz. Das war es Florian Reiners wert. Er hatte die Hoffnung, dass an so ein Fach seine Post zuverlässiger zugestellt wird. | Bild: Nagel, Marvin

Die Benachrichtigungen, wenn Briefe in einem gemieteten Postfach eingegangen sind, kommen aber immer noch an die Hauptadresse. Und bei Reiners seien sie dort, wie auch andere Post, nur mit reichlich Verspätung eingegangen. Immerhin, bei Florian Reiners landet die Post im Briefkasten – wenn auch mit teils wochenlanger Verspätung.

Zahlungsrückstand wegen nicht zugestellter Post

Anders als bei Karin Schlegel. Bei der in Dettingen wohnenden Frau kommen Briefe verspätet oder auch gar nicht an. Den Beschwerdeweg über die Hotline der Post ist auch sie schon gegangen, aber: „Da wird man überhaupt nicht ernst genommen“, beklagt die SÜDKURIER-Leserin.

Zwar sei ihr gesagt worden, dass die Beschwerde weitergegeben werde – da hatte sie aber Name und Adresse noch gar nicht genannt. „Die wollten mich direkt abwimmeln, mein Anliegen hat die überhaupt nicht interessiert“, berichtet Schlegel von ihrer Erfahrung mit dem Kundenservice der Deutschen Post. Seit November 2023 seien ihr die Probleme bei der Briefzustellung aufgefallen.

Karin Schlegel aus Dettingen ist ratlos. Obwohl ihr Briefkasten deutlich beschriftet und direkt an der Straße ist, fehlen häufig ...
Karin Schlegel aus Dettingen ist ratlos. Obwohl ihr Briefkasten deutlich beschriftet und direkt an der Straße ist, fehlen häufig wichtige Briefe. | Bild: Nagel, Marvin

Bei den verspäteten oder nicht angekommenen Briefen handele es sich unter anderem um Rechnungen von der Krankenkasse ihrer kranken Mutter, die Schlegel pflegt. Diese Briefe enthalten Zahlungsfristen, wenn sie diese dann verpasse, glaube ihr niemand, dass sie die Post schlichtweg nicht oder zu spät bekommen habe. Karin Schlegel beklagt: „Bei der Krankenkasse wird mir dann nur gesagt, dass sie diese Ausrede immer zu hören bekommen.“

Versäumte Zahlungsfristen sind nicht die einzige empfindliche Auswirkung der unzuverlässigen Briefzustellung für Schlegel: „Ich beziehe Witwenrente, die bekomme ich über Schecks, die mit der Post geliefert werden. Mit diesen Schecks bezahle ich meine Miete – wenn die Schecks also nicht rechtzeitig im Briefkasten sind, komme ich bei der Miete in Verzug.“

Das könnte Sie auch interessieren

Umso wütender macht es Schlegel, dass sie von der Post allein gelassen werde. Einmal habe sie sogar schon den Briefträger auf der Straße angesprochen, ob er heute nicht mehr zu ihr in die Straße komme, weil sie noch Post erwarte – „da hat der nur gemeint, er habe schon Feierabend“.

Pressesprecher sieht keinen Personalmangel bei der Post in Konstanz

Liegt das Problem womöglich bei den Briefausträgern? Müssen diese mehr Gebiete beliefern, als ihnen möglich ist? Ein Sprecher der Post verneint auf SÜDKURIER-Anfrage einen Mangel an Personal. Regionalisierte Daten, etwa auch die Zahl der Beschwerden im Konstanz im Vergleich zum Durchschnitt, könne er aber nicht herausgeben.

In einer Antwort an Florian Reiners wird die Post konkreter. Denn der hatte sich im Mai dazu entschieden, es noch einmal über die BNetzA zu probieren. Seinem Ton in dieser Beschwerde merkt man die zunehmende Frustration an. So schreibt er, er fühle sich geradezu schikaniert von der Deutschen Post, er sei dieser Arbeitsverweigerung nach wie vor hilflos ausgeliefert. Deswegen bittet er um eine inhaltliche Stellungnahme.

Das könnte Sie auch interessieren

Zu viele Briefe in Konstanz – Europawahl der Grund?

Und die kommt tatsächlich. In der Antwort der Post vom 4. Juni steht, dass bei der für Konstanz zuständigen Betriebsleitung nachgefragt worden sei. Diese habe mitgeteilt, dass es in Konstanz „deutlich über den Prognosen liegende Briefmengen gegeben habe, auch durch die Europawahl“.

Dazu komme eine „schwierige personelle Situation“, aufgrund eines „unkalkulierbar hohen Krankenstands“. Deshalb hätten Mitarbeiter zusätzliche Bezirke übernehmen, die Tour aber immer wieder abbrechen müssen, um die zulässige Höchstarbeitszeit nicht zu überschreiten. Die Tour müsse dann am nächsten Tag an der abgebrochenen Stelle fortgesetzt werden.

Das könnte Sie auch interessieren

Auch wenn die Post damit zum ersten Mal auf Florian Reiners Fall eingeht, so ganz zufriedenstellend ist die Antwort für ihn nicht, denn die Verzögerungen bemerkt er weiterhin, auch lange nach der Europawahl. Karin Schlegel hat mittlerweile ihre Krankenkasse angewiesen, in Zukunft die Rechnungen mit einem anderen Dienstleister als der Deutschen Post zu versenden.

Nicht nur die beiden Konstanzer stellen sich die Frage, wie es denn erst werden soll, wenn das neue Postgesetz in Kraft tritt und die Deutsche Post noch mehr Zeit zur Zustellung von Briefen bekommt. Für Florian Reiners ist nur eines klar: „Ob Weihnachten, Ostern, schlechtes Wetter oder jetzt die Europawahl – eine Ausrede hat die Post immer.“