Kaum haben sie sich begrüßt, schon fachsimpeln Arne Gülzow und Christoph Lukas. Worüber? Über ihre Photovoltaik-Anlagen (PV-Anlagen) auf Mehrfamilienhäusern, die anfänglichen Herausforderungen ihrer Projekte und die vielen Vorteile, die sich daraus ergeben. Der einzige Unterschied der beiden Herren: Arne Gülzow ist Eigentümer eines Mehrfamilienhauses mit mehreren Mietern und hat das Mieterstromprojekt an den Start gebracht, Christoph Lukas ist Miteigentümer einer Eigentümergemeinschaft, die mit der Selbstversorgungsgemeinschaft das Pendant umgesetzt haben.

Ein Mieter habe Arne Gülzow angesprochen, ob er nicht PV auf das große Flachdach machen wolle. Er wollte und hat sich dann informiert. „Mieterstrom gab es, aber es war super kompliziert“, berichtet er. „Das Thema Mieterstrom steckt noch in den Kinderschuhen.“

Während der Pandemie habe er Zeit gehabt, sich mit der komplexen Materie auseinanderzusetzen. „Ich wollte es durchboxen“, so Gülzow. „Aber keiner wollte so recht etwas damit zu tun haben.“ Die Solarfirmen hätten seinerzeit viel zu tun gehabt und die Unterstützung von Netzanbietern sei eher gering gewesen, da es für sie mit Arbeit, aber mit geringerem Umsatz verbunden sei.

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Der Durchbruch: Das neue Solarpaket

Dann kam der Durchbruch: „Durch das neue Solarpaket wurde es jetzt vereinfacht“, berichtet Arne Gülzow. „Der Bürokratieabbau ist enorm“, bestätigt Christoph Lukas. Außerdem gibt es Fördermittel. Auch die Stadt Konstanz hat die sogenannte Leuchtturmförderung aufgelegt, auf die sich beide erfolgreich beworben haben.

Arne Gülzow ließ auf dem Flachdach seines Mehrfamilienhauses in der Hoheneggstraße eine PV-Anlage installieren. Der Strom vom Dach wird seither direkt im Haus genutzt. „Außerdem haben wir einen großen Speicher eingebaut, sodass man auch nachts profitieren kann“, so Gülzow. Natürlich reicht dieser Eigenstrom nicht für die komplette Autarkie des Gesamtgebäudes. Fremdstrom muss also zugekauft werden.

Strom sparen kann auch richtig Spaß machen, wissen Arne Gülzow (links) und Christoph Lukas (rechts), die auf Tablet oder Smartphone ...
Strom sparen kann auch richtig Spaß machen, wissen Arne Gülzow (links) und Christoph Lukas (rechts), die auf Tablet oder Smartphone immer ihren Verbrauch im Blick haben können. | Bild: Scherrer, Aurelia

„Ich bin jetzt Stromvertreiber“, sagt Gülzow und lacht. Er erklärt: Derjenige, der eine Anlage zur Stromerzeugung betreibt und den darin erzeugten Strom an Dritte liefert, ist ein Energieversorgungsunternehmen im Sinne des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) und des Erneuerbare-Energien-Gesetzes.

Der Aufwand rentiert sich

„Das Plus für die Mieter: Sie bekommen günstigeren Strom. Für alle ein Plus: Es gibt nur einen Stromanbieter und es muss nur einmal Grundgebühr gezahlt werden“, erklärt Gülzow. Dies gilt allerdings nur dann, wenn sich alle Mieter für denselben externen Stromanbieter entscheiden, was kein Muss ist.

Der kleine Haken für den Eigentümer steckt in der Abrechnung, denn auf der müsse alles detailliert aufgeschlüsselt sein. Das macht Gülzow nicht selbst. Er hat eine Fachfirma gefunden, die auch die entsprechende Software zur Verfügung stellt, die jeden Einzelverbrauch vollautomatisch errechne. „Auch jeder Mieter hat eine App, wo er seinen Verbrauch sehen kann“, berichtet Gülzow.

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Seit dem 1. August 2024 läuft sein Mieterstromprojekt, und er sagt schon jetzt: „Alles super. Ich würde es wieder machen.“ Aber rechnet sich das wirklich, wenn man die Investitionskosten ins Kalkül zieht? „Die Investitionen haben sich in acht bis zehn Jahren amortisiert“, sagt Arne Gülzow.

Wie läuft das in einer Eigentümergemeinschaft?

Die Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) muss sich einig sein und entsprechende Beschlüsse fassen. „Wir sind nur vier Eigentümer. Zwei waren sehr überzeugt, einer interessiert und willig und einer eher kritisch, hat sich aber überzeugen lassen“, schildert Miteigentümer Christoph Lukas. Zwei Gebäude gebe es. „Wir heizen ein Gebäude mit Wärmepumpe. Und es gibt ein E-Auto. Das bedeutet ordentlicher Strombedarf.“

Die Herausforderung für die WEG sei, ein Betriebskonzept zu wählen. Da in diesem Fall die Miteigentümer einen guten Zusammenhalt haben, haben sie sich für das Konzept der Selbstversorgungsgemeinschaft entschieden, so Lukas. Gibt es kein derart gutes Einvernehmen, wäre das Modell der gemeinschaftlichen Gebäudeversorgung dienlicher.

Auch in einer Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG), wie in diesem Haus, kann mittels PV-erzeugter Strom direkt genutzt werden. ...
Auch in einer Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG), wie in diesem Haus, kann mittels PV-erzeugter Strom direkt genutzt werden. Miteigentümer Christoph Lukas (Mitte) und Arne Gülzow (rechts) mit seinem Mieterstromprojekt erhielten eine Leuchtturmförderung der Stadt Konstanz, hier vertreten durch Jan Heider vom Klimaschutzamt. | Bild: Scherrer, Aurelia

Das Modell der Selbstversorgung: Die bestehende Zählerinfrastruktur werde auf einen einzigen Hauptzähler zurückgebaut, alle Verbrauchsparteien treten als Gemeinschaft auf und beziehen auch gemeinschaftlich den Reststrom eines einzigen Anbieters aus dem Netz. Die Abrechnung der einzelnen Verbräuche erfolge nur noch intern.

Wie funktioniert die Abrechnung?

Da gibt es verschiedene Varianten. Am Ende eines jeden Jahres werden die Zählerstände aller internen und externen Zähler abgelesen. Die internen Zähler zeigen hier jeweils die Summe aus verbrauchtem PV- und Netzstrom. Für die Aufteilung des PV-Stroms gibt es verschiedene Möglichkeiten: Er kann durch die Anzahl der Parteien geteilt werden oder im Verhältnis zum Verbrauch.

Die WEG von Lukas hat sich für die viertelstundengenauen Bezüge entschieden. Dazu werden alle Zähler elektronisch ausgelesen und für jede Viertelstunde ermittelt, welche Verbrauchspartei wie viel PV- und wie viel Netzstrom bezogen hat. „Damit werden die belohnt, die Strom verbrauchen, wenn die Sonne scheint“, so Christoph Lukas.

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Die notwendigen Investitionen wurden gemeinsam getätigt. „Spätestens in acht Jahren haben sich die Investitionskosten amortisiert“, schätzt Christoph Lukas, der anfügt: „Von April bis September schaffen wir fast nahezu Autarkie.“