„Phänomenal.“ Das ist das erste Wort, das Maria Ruf-Fritz über die Lippen kommt, wenn sie über ihr Projekt spricht. Sofort fügt sie an: „Der Star der ganzen Geschichte ist die Wärmepumpe.“ Eine Wärmepumpe ist per se nichts Besonderes mehr; eine solche aber in einem denkmalgeschützten Haus einzusetzen und dazu noch Solarpaneele auf das Dach zu montieren schon. Sollte dieses Pilotprojekt – oder „Abenteuer“, wie es Maria Ruf-Fritz nennt – erfolgreich sein, dann könnte es Vorbild für andere historische, denkmalgeschützte Häuser in der Niederburg sein.

Seit 28 Jahren wohnt Maria Ruf-Fritz mit ihrer Familie im „Haus zum Kampf“ in der Konradigasse. Im Jahr 1383 wurde es erbaut. „Es war einstmals das Zehnthaus der Sankt Galler Mönche“, berichtet Fritz-Ruf. Die etwa 166 Quadratmeter Wohnfläche, verteilt auf drei Etagen, wurde bislang über eine Gas-Etagenheizung beheizt und mit Warmwasser versorgt. Im Wohnzimmer steht zwar noch ein alter Holzofen, der Bestandsschutz hat, aber er dient mittlerweile nur noch als Dekoration.

Feldversuch und Leuchtturmprojekt

Die Energiewende im eigenen Haus umzusetzen und damit einen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten, ist Maria Ruf-Fritz eine Herzensangelegenheit. „Es ist zu meinem Projekt geworden“, sagt sie, die geplant und organisiert hat. Und der Star ist – wie schon gesagt – die Wärmepumpe. „Wir sind der erste Privathaushalt in Deutschland, der in einem denkmalgeschützten Bestandsgebäude diese Wärmepumpe innerhalb des Wohnbereichs betreibt und an einem Feldversuch teilnimmt“, so Ruf-Fritz.

Die Abluft-Grundlast-Wärmepumpe – so der offizielle Name – steht jetzt im Toilettenraum direkt neben Waschmaschine und Trockner. Viel Platz nimmt sie nicht weg; sie ist 60 Zentimeter breit, ebenso tief, 2,20 Meter hoch und passt genau in die Nische. Lediglich die beiden anderen Geräte wurden jetzt übereinander platziert.

Die Abluft-Grundlast-Wärmepumpe ist gar nicht so groß und passt in die Ecke des Toiletten- und Waschraumes, stellt Berater und Planer ...
Die Abluft-Grundlast-Wärmepumpe ist gar nicht so groß und passt in die Ecke des Toiletten- und Waschraumes, stellt Berater und Planer Dirk Bornhorst, geschäftsführender Gesellschafter von Elio GmbH, fest. | Bild: Scherrer, Aurelia

Wärmepumpe: Ein Nachteil wird zum Vorteil

Diese Pumpe „saugt die Abluft von den drei Stockwerken an und entzieht der verbrauchten Luft viel Wärme“, beschreibt Planer und Berater Dirk Bornhorst, geschäftsführender Gesellschafter von elio GmbH, Solar Electric Buildings. Die sehr kalte Luft – Bornhorst spricht von minus 15 Grad – werde durch einen Kanal auf direktem Weg nach draußen geführt. Der Eingriff in die historische Bausubstanz sei minimal gewesen.

Durch diese Öffnung wird die Raumluft abgesaugt.
Durch diese Öffnung wird die Raumluft abgesaugt. | Bild: Scherrer, Aurelia

Faszinierender Nebeneffekt des Absaugens der Raumluft: „Neulich habe ich Fisch gemacht und man hat in der Wohnung nichts gerochen“, erzählt Marias Ehemann Andreas Fritz strahlend. Und wie funktioniert die Frischluftzufuhr? „Hier wird die vermeintliche Schwäche eines Altbaus zum Vorteil“, schmunzelt der städtische Denkmalpfleger Frank Mienhardt. Dirk Bornhorst klärt auf: „Über alle Undichtigkeiten des Gebäudes dringt Frischluft ein.“

Mit dieser Pumpe werde die Wohnung über die schon vorhandenen Radiatoren mit niedrigem Vorlauf auf 18 bis 19 Grad Raumtemperatur gewärmt. Bornhorst spricht von der sogenannten Grundlast. Die Wärmepumpe decke mit 30 Prozent Grundleistung etwa 70 Prozent des Wärmebedarfs über das wassergeführte Heizsystem in den Räumen. „Das wird normalerweise in gut gedämmten Neubauten erzielt“, zieht Bornhorst einen Vergleich.

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Infrarotheizung: Kachelofen der Neuzeit

18 bis 19 Grad Raumtemperatur empfinden viele Menschen als zu kühl in der Wohnung. Auf Dauer würde sich auch Maria Ruf-Fritz nicht wohlfühlen. Ebendarum wurde für die sogenannte Spitzenlast in allen genutzten Räumen eine Infrarotheizung an die Decke montiert. Dieses Gerät ist vollkommen unscheinbar und fällt nicht ins Auge.

Völlig unscheinbar: Für die sogenannte Spitzenlast, um eine Wohlfühltemperatur zu erzeugen, wurde in alle genutzten Räumen eine ...
Völlig unscheinbar: Für die sogenannte Spitzenlast, um eine Wohlfühltemperatur zu erzeugen, wurde in alle genutzten Räumen eine Infrarotheizung an die Decke montiert. | Bild: Scherrer, Aurelia

Ein Sensor melde, ob sich jemand im Raum befinde, und schon springe die Infrarotheizung an und erzeuge die hinterlegte Komforttemperatur, beschreibt Maria Ruf-Fritz. Sobald sich niemand mehr in dem Raum befinde, schalte sich die Heizung wieder ab. „So heizen wir nicht mehr unnötig“, ist Maria Ruf-Fritz zufrieden. Denkmalpfleger Mienhardt spricht vom „modernen Kachelofen“, der für Behaglichkeit sorge.

Nur wenn jemand im Raum ist, schaltet sich die Infrarotheizung an der Decke ein, berichten Maria Ruf-Fritz und Berater und Planer Dirk ...
Nur wenn jemand im Raum ist, schaltet sich die Infrarotheizung an der Decke ein, berichten Maria Ruf-Fritz und Berater und Planer Dirk Bornhorst. | Bild: Scherrer, Aurelia

Photovoltaik trotz Denkmalschutz

Auch die Dachflächen werden jetzt sinnvoll genutzt, denn es wurde eine „denkmalschutzkonforme Photovoltaikanlage installiert“, erklärt Dirk Bornhorst. Die erforderlichen Kabel seien über den nicht mehr genutzten Kamin ins Gebäudeinnere verlegt worden, fügt Andreas Fritz an.

Noch seien es lediglich Kalkulationen, aber das errechnete Ziel sei, dass 70 bis 80 Prozent Autarkie erreicht werde, so Ruf-Fritz. Der Batteriespeicher habe übrigens im Keller Platz gefunden. So konnte wirklich alles in dem denkmalgeschützten Haus untergebracht werden.

Auf den Dächern des Hauses in der Niederburg wurde eine denkmalschutzkonforme Photovoltaikanlage installiert.
Auf den Dächern des Hauses in der Niederburg wurde eine denkmalschutzkonforme Photovoltaikanlage installiert. | Bild: Scherrer, Aurelia

Energiewende soll kein Luxus sein

Zwei Fragen sind noch offen. Wie kommt die Familie Fritz zu warmem Wasser? Dies funktioniere über einen smarten elektrischen Boiler mit integriertem Heizstab, der mit dem Speicher der Solaranlage kommuniziere. Ist die Wärmepumpe in der Wohnung nicht störend laut? Andreas Fritz winkt ab: „Unser Kühlschrank ist lauter.“

Dirk Bornhorst hat Lösungen für die Herausforderungen eines denkmalgeschützten Gebäudes gefunden. „Die Energiewende darf kein Luxus sein. Es muss sich rechnen und mit regionalen Handwerkern umgesetzt werden“, findet Bornhorst.

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Und genau dies war das Ziel bei diesem Pilotprojekt. Die PV-Anlage beispielsweise werde sich in 10,3 Jahren amortisiert haben, so Maria Ruf-Fritz. Neben der CO2-Einsparung, die aufs ideelle Konto einzahlt, wird die Familie künftig auch einiges weniger an Betriebskosten zahlen.

Wie effizient diese Wärmeversorgung tatsächlich ist, darauf sind alle schon gespannt. Da das Projekt eine Leuchtturmförderung erhält, wird zwei Jahre lang ein Monitoring stattfinden. So könne beurteilt werden, ob die Art des Heizsystems auf andere Gebäude übertragbar ist.

Auf das Leuchtturmprojekt stoßen an (von links): Jan Heider vom Klimaschutzamt, die Hauseigentümer Maria Ruf-Fritz und ihr Mann Andreas ...
Auf das Leuchtturmprojekt stoßen an (von links): Jan Heider vom Klimaschutzamt, die Hauseigentümer Maria Ruf-Fritz und ihr Mann Andreas Fritz, Berater und Planer Dirk Bornhorst von der Elio GmbH sowie Denkmalpfleger Frank Mienhardt. | Bild: Scherrer, Aurelia