Unwillkürlich zücken sie ihre Smartphones und fotografieren mit Begeisterung. Nein, es sind keine Touristen, die verzückt vor der Imperia stehen. Es sind gestandene Stadträte, die während der Sitzung des Technischen und Umweltausschusses (TUA) Bilder von der Präsentation schießen, die Denkmalschützer Frank Mienhardt zeigt.

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Es sind auf eine Großleinwand projizierte Fotos, welche die Dachlandschaft der historischen Innenstadt zeigen. Und eben diese Fotos könnten bald historischen Wert habe, denn die Dächer werden sich verändern, sollten sie mit Solarmodulen bestückt werden. Genau das ist gewollt. Es geht um den Klimaschutz, zu dem jeder einen Beitrag leisten soll, aber leider nicht immer kann. Schon bei Balkonkraftwerken wird die Umsetzung schwierig.

Die Stadt Konstanz versucht jetzt bezüglich Solaranlagen eine Hilfestellung zu geben – zumindest für die Altstadt mit ihren zahlreichen historischen, denkmalgeschützten Gebäuden. Frank Mienhardt hat geprüft, welche Dächer tabu bleiben müssen und auf welchen Solaranlagen möglich sein können. Herausgekommen ist eine Karte, die jedes Dach einer bestimmten Kategorie zuordnet.

Unter www.konstanz.de/altstadt-solarkataster hat die Verwaltung diese Kartierung veröffentlicht.
Unter www.konstanz.de/altstadt-solarkataster hat die Verwaltung diese Kartierung veröffentlicht. | Bild: Screenshot konstanz.de

Erst Prüfung – jetzt Übersicht

Der Denkmalschützer hat die Altstadt genau betrachtet und zwar aus unterschiedlichen Perspektiven, wie zum Beispiel die Fernwirkung. Klar war für ihn, dass die Fernwirkung der Ufer-Silhouette sowie die markanten Stadteingänge nicht beeinträchtigt werden dürften. Weiterhin analysierte er die Stadtstruktur, um dann die Bauwerke im Einzelnen zu betrachten.

So gebe es Solitärbauwerke, die aus Denkmalschutzsicht unantastbar seien. Zu diesen Tabus zählen unter anderem das Münster mit seinen glasierten Flachziegeln aus dem 13. Jahrhundert, die früheren Klöster, herausgehobene Bürgerbauten sowie die frühere Reichspost und der Bahnhof, nennt Mienhardt Beispiele.

Das Dach des Konstanzer Münsters bleibt unangetastet. Die Ziegel stammen nämlich aus dem 13. Jahrhundert.
Das Dach des Konstanzer Münsters bleibt unangetastet. Die Ziegel stammen nämlich aus dem 13. Jahrhundert. | Bild: Hanser, Oliver

Genaue Kartierung der Altstadt

Nach eingehender Analyse ist jetzt nicht nur eine bautenscharfe, sondern gar eine dachdeckungsscharfe Kartierung entstanden. Auf einen Blick ist aufgrund der farblichen Kennzeichnung ersichtlich, welches Dach tabu ist und auf welchem Dach eine Solaranlage möglich sein kann. Fest steht für den sensiblen Bereich Altstadt aber auch: Trotz Solarkataster bleibt die Einzelfallprüfung unabdingbar.

Ein weiterer wesentlicher Punkt ist auch die Art und Weise der Solarmodule. Zumeist werden vom Denkmalschutz matte und homogene Oberflächen der Module gefordert, die sich farblich an der Dacheindeckung orientieren. Zudem sollten sie rahmenlos gebildet und möglichst großflächig ausgelegt werden.

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Genehmigungspflicht entfällt nicht

Das Solarkataster ist eine Handreichung für interessierte Privatleute, die tatsächlich vorhaben, ihre Dächer mit Solarmodulen auszustatten, wertet das Gros der Stadträte. Aber dennoch wagt mancher zu bezweifeln, dass dadurch nun eine große Zahl an Hausbesitzern ins Handeln kommt. Daniel Hölzle (Freie Wähler) denkt an die hohen Kosten und weiterhin geltenden Einschränkungen, die auch künftig ein Hemmnis sein würden. Frank Mienhardt stellt nämlich klar: „Eine Genehmigungspflicht gilt für alle Kategorien in der Altstadt.“

Vielleicht sollte die Stadt selbst mit gutem Beispiel vorangehen? Matthias Schäfer (Junges Forum) hakt nach: Die Marketing und Tourismus Konstanz GmbH (MTK) wünsche sich vergeblich für das Gebäude in der Oberen Laube eine PV-Anlage. Das Gebäude sei in der Kartierung rot markiert. Warum da kein Solardach möglich sei, will er von Mienhardt wissen. „Der Paulshof ist von herausgehobenem Erscheinungsbild“, so der Denkmalschützer. Aus diesem Grund sei die nordwestliche Seite des Daches tabu, nicht aber die Seite Richtung Innenhof.

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In anderen Gebieten ist mehr möglich

Deutlich wird in der TUA-Sitzung: Das Solarkataster für die Altstadt bietet eine Übersicht, ob und wo eine Solareindeckung möglich ist. Klar ist aber: Dieses Stadtgebiet kann nicht den großen Wurf in Sachen Energiewende leisten.

Das hatte die Verwaltung in der Sitzungsvorlage auch klar geschrieben: „Namentlich in den Gewerbegebieten lassen sich mit weit weniger Planungsaufwand häufig effizientere Solaranlagen realisieren, sodass hier sicherlich relevantere Potentiale einer Energiewende auf kommunaler Ebene liegen.“