Wenn Konstanz die Energiewende schaffen will, dann braucht es unter anderem die Solarenergie. Doch wo sollen die Anlagen mit Photovoltaik (PV) stehen? Darüber ist nun eine Diskussion entbrannt. Denn in Konstanz gibt es kaum freie Flächen, und von denen, die es gibt, stehen rund 60 Prozent unter Schutz. Eine Potenzialstudie sorgt für Sprengstoff. Es geht die Angst um Ackerflächen um. Und manche fragen sich, ob Konstanz zu viele Möglichkeiten verschenkt.

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„Der Ausbau von PV-Dachanlagen wird derzeit nicht im nötigen Maße vorangetrieben“, sagt Florian Fuchs, Vorsitzender des Ortsvereins des Badischen Landwirtschaftlichen Hauptverbands (BLHV). Er kommt im Technischen Ausschuss (TUA) zu Wort. Seine Stellungnahme ist an die Mitglieder gerichtet. Er übt Generalkritik am bisherigen Vorgehen. Als Beispiel nennt er den Gebhardshof in Wallhausen. Dieser habe eine 1000 Quadratmeter große Fläche den Konstanzer Stadtwerken zur Pacht angeboten und eine Absage kassiert. Die Stadtwerke betrachteten das Projekt als nicht wirtschaftlich.

Der Fuchshof habe eine ähnliche Erfahrung gemacht, weil es keinen Anschluss für Mittelspannung gab. „Solche Hürden müssen vorrangig beseitigt werden.“ Sein Verband lehnt PV-Anlagen auf produktiven Ackerflächen grundsätzlich ab. Eine Ausnahme bilden Sonderkulturen, die durch Hagelschutznetze oder Folienhäuser überspannt sind. PV-Anlagen könnten diese ersetzen. Das sei nicht wenig Fläche: Auf Konstanzer Gemarkungen stehen nach seinen Angaben auf rund 25 Hektar Konstruktionen für den Schutz vor Hagel.

Anlagen müssen zwei Hektar groß sein

Die Stadt Konstanz ist im Konflikt. Die Stadtwerke halten nur Anlagen mit mindestens zwei Hektar für rentabel betreibbar. Dementsprechend hat die Potenzialstudie nur solche Flächen untersucht, und ebenso nur solche Gebiete, in denen Trafo-Stationen nicht zu weit weg standen. Wegen des Aufwands waren Natur- und Wasserschutzgebiete grundsätzlich ausgeschlossen. Auch Siedlungsgebiete waren ausgeschlossen. Doch möglicherweise ist dieser Ansatz im kleinteiligen Konstanz, in dem besonders viele Flächen unter Schutz stehen, nicht realistisch.

Zu den zwei Hektar Mindestgröße sagt Wolfgang Treß, Leiter der Abteilung Umwelt und Grün bei der Stadt Konstanz im Technischen Ausschuss: „Das wird sich reduzieren.“ Auch er sieht ein Potenzial auf Dächern, Parkplätzen und Straßen. Andererseits weiß auch er, dass gerechnet wird: „Wir brauchen jemanden, der investiert. Oder wir investieren als Stadt selbst.“ Auch die Arbeit ist ein Problem, etwa bei der vielfach geforderten Überdachung der Europastraße mit Solarzellen.

Kein PV auf dem See

Als mögliches PV-Projekt biete sich die Straße an, heißt es in den Sitzungsunterlagen des Ausschusses. Darin ist aber auch festgehalten: Um die Rentabilität der Anlage zu berechnen, sei eine Projektentwicklung notwendig und die Bereitschaft zur Übernahme des Vorhabens „durch einen potenziellen Projektentwickler“. Es werde dazu Gespräche geben. PV auf dem See schließt die Potenzialstudie derzeit aus. Doch auch auf diesem Feld sei einiges in Bewegung, stellt Treß fest. Die Entscheidungen darüber würden aber überregional getroffen.

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Lena Riedl von der HHP-Raumentwicklung trägt im TUA vor, warum ihr Unternehmen eine Fläche in Allmannsdorf als wenig geeignet betrachtet: Auch das Landschaftsbild sei ein Schutzgut. Sie sagt, fast alle als geeignet identifizierten Flächen stünden in Konkurrenz zur Landwirtschaft. Sie plädiert für die enge Abstimmung mit Bauernverbänden und Landwirtschaftsämtern. Wegen mangelnder Alternativen schlägt sie vor, auch Gebiete des Landschaftsschutzes zu betrachten.

Lorenz Heublein, stellvertretender Leiter des Amts für Klimaschutz der Stadt Konstanz, appelliert: Die Stadt solle keine Fläche ohne Not ausschließen. Dieser Meinung sind auch einige Stadträte. Nina Röckelein (Freie Grüne Liste) sagt etwa: „Ich habe mich gefragt, ob das Landschaftsbild wirklich ein Ausschluss ist.“ Ihre Fraktionskollegin Anne Mühlhäuser sagt: „Wir müssen schnell sein. Der Klimawandel galoppiert uns davon.“ Es gelte, alles für die PV-Installation auszunutzen, ohne allerdings Landwirten die Existenzgrundlage zu nehmen. Die Haltung der Stadtwerke könne sie nicht nachvollziehen.

Rücksicht auf die Landwirtschaft nehmen

Roger Tscheulin (CDU) appelliert, die Bevölkerung mitzunehmen und Rücksicht auf die Landwirtschaft zu nehmen. Der Rohnhauser Hof in Dettingen beispielsweise müsste seinen Betrieb einstellen, wenn die Flächen realisiert würden, welche die Potenzialstudie vorschlägt. Er regt an, auch den Konstanzer Landeplatz für Solarflächen zu betrachten. Daniel Groß (CDU) plädiert, die PV-Flächen gerechter auf verschiedene Stadtviertel zu verteilen. „Da liegt schon wieder wahnsinnig viel in Wollmatingen.“ Christian Koßmehl (Freie Wähler) schlägt vor, auch den Fähre-Vorplatz in Visier zu nehmen.

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Alfred Reichle (SPD) gibt zu bedenken, dass auch mit dem geplanten Wohngebiet am Hafner Ackerflächen wegfallen. Er plädiert für Gespräche mit den betroffenen Landwirten und einfachere Regeln für Solarflächen in Landschaftsschutzgebieten. „Beim Denkmalschutz ging es ja auch.“ Jürgen Ruff (SPD) fragt sich, was der vorrangige Gemeingebrauch für Seeflächen sei, die Freizeitschifffahrt oder Solaranlagen. Er fordert die ernsthafte Prüfung von überbauten Gebieten wie Parkplätzen oder Straßen. „Wir warten auf konkrete Antworten.“

Achim Schächtle (FDP) fragt, warum in Sachen PV-Überdachung der Europa-/Grenzbachstraße nichts vorangehe. Die FDP-Fraktion habe vor zwei Jahren dazu den Antrag gestellt. Ein erster Kompromiss im TUA: Ausgeschlossen wird im Prinzip nichts und Flächen an der ehemaligen Deponie Dorfweiher sollen mit Hochdruck angegangen werden. Doch auch dort gibt es Einschränkungen.