Die Ortschaftsräte von Dettingen-Wallhausen und Dingelsdorf haben sich am Mittwoch, 11. Oktober, zu einer gemeinsamen Sitzung getroffen, die Litzelstetter tagten am Tag zuvor alleine. Dabei ging es für alle drei Gremien ums gleiche Thema: Die Vorstellung der Potenzialstudie Freiflächen-Solarnutzung für die Stadt Konstanz, die von HHP-Raumentwicklung aus Rottenburg am Neckar erstellt wurde. Dabei geht es um die Frage, wo auf Konstanzer Gebiet Freiflächen-Solaranlagen erstellt werden könnten.
Nur wenige geeignete Stellen, denn es gibt einige Kriterien
Lena Riedl, Chefin des oben genannten Büros für Raumplanung und Landschaftsarchitektur, fasste das über 170 Seiten starke Werk per Videoschalte zusammen. Sie verdeutlichte, dass es auf Konstanzer Gemarkung nur sehr wenige geeignete Stellen gibt, auf denen ein schneller Bau von großflächigen Photovoltaik- oder Solarthermieanlagen möglich ist.
Denn es gilt, einige Kriterien zu erfüllen: So sollten die Grundstücke in öffentlicher Hand, nahe einer bestehenden Trafostation, nicht für die Erfüllung des Handlungsprogramms Wohnen vorgesehen und nicht durch gesetzliche Beschränkungen und den Umwelt- und Naturschutz zu sehr beeinträchtigt sein. Ergänzend verwies Wolfgang Treß, Leiter der Fachabteilung Umwelt und Grün im Amt für Stadtplanung und Umwelt (ASU), auf einen ganz wichtigen und zu berücksichtigenden Gesichtspunkt, wenn es um die Akzeptanz solcher Anlagen in der Bevölkerung geht: „Landschaft ist Heimat.“
Brigitte Fuchs (Freie Wähler) verwies in dem Zusammenhang auf den massenhaft vorhandenen Platz auf Hausdächern. Der Strom sei dort viel schneller bereitzustellen. Die Einschätzung teilen die Projektbeteiligten jedoch nicht. „Über besiedeltem Gebiet ist das nicht leistbar“, erklärte Treß. Auch für eine PV-Überdachung von Europabrücke, Straßen und Radwegen, wie sie sich Fuchs, Andreas Schwabedissen (Freie Wähler) und Horst Böttinger-Thyssen (SLWD) wünschen, gab es eine Absage.
„Da wird im Moment kein Projektentwickler kommen. Es braucht größere Flächen“, betonte Treß. Auch bei Agri-PV (also Anlagen über Feldern oder Plantagen) äußerte er Zweifel. Er schätzte diese Art der Anlage derzeit als nicht wirtschaftlich ein. „Wir wissen, wir brauchen große Flächen, um den Klimawandel einigermaßen in Griff zu bekommen. Wir müssen schnell handeln“, bekräftigte Treß.
Solaranlage direkt am Ortsrand? „Ich sehe das sehr, sehr kritisch“
Manfred Renz (CDU) rügte, dass in der Studie Solarflächen direkt am Ortsrand ausgewählt wurden. „Das finde ich ein bisschen unglücklich“, sagt er und steigert sich zu: „Ich sehe das sehr, sehr kritisch“. Er betrachte Freiflächen-Solaranlagen als Erweiterungsfläche zur Bebauung in der Zukunft.
Roland Romer (Freie Wähler) betonte, dass für den Klimaschutz etwas getan werden müsse, aber nicht auf landwirtschaftlich wertvollen Flächen. Er sehe Hanglagen eher als geeignet für Solar-Module an, die nur schwer oder gar nicht landwirtschaftlich genutzt werden könnten. „Wenn der Ortsrand bebaut wird, dann ist der Boden auch weg“, erwiderte Treß. „Die Frage ist, wie lange können wir es uns leisten, Rosinen herauszupicken?“, fragte er rhetorisch.
Erwin Riede (SLWD) platzte der Kragen. „Ich bin ungeduldig. Wir könnten ein Pilotprojekt starten, das vorbildlich wäre. Die Ortsrandbebauung soll zurückgefahren werden. Nicht Gründe suchen, um eine Anlage zu verhindern“, schimpfte er.
Fraktionskollege Horst Scheu unterstütze ihn: „Wir sollten uns nicht zieren. Ich bin der gleichen Meinung wie Riede.“ Erinnert sei daran, dass es beim Dingelsdorfer Neubaugebiet Steinrennen II seit Jahren nicht wirklich vorangehe. Außerdem sage die Erfahrung, dass in Konstanz von der Idee eines neuen Baugebiets bis zur tatsächlichen Besiedlung schon mal vier oder fünf Jahrzehnte ins Land gingen.
Litzelstetter Ortsvorsteher lehnt PV auf Ackerflächen grundsätzlich ab
Horst Scheu verwies auf eine Fläche in Oberdorf, die direkt an Felder mit Folientunnel grenzen würde. Die könnten doch miteinander verbunden werden, so seine Idee. Dafür empfahl Lena Riedl Agri-PV. In den engeren Kreis der Empfehlungen war diese Art wegen des höher eingeschätzten Aufwandes nicht gelangt.
Litzelstettens Ortsvorsteher Wolfgang Gensle (CDU) lehnte PV auf produzierenden Ackerflächen grundsätzlich ab. Er regte an, den Hockgraben zu betrachten, damit die Bürger sähen, dass auch im Stadtgebiet etwas getan werde. Des Weiteren forderte er die Stadtwerke auf, die Zahl der Trafostationen zu erhöhen.
Roland Romer forderte, dass dann am ehemaligen Truppenübungsplatz Bettenberg eine Trafostation gebaut wird. Er bezeichnet diese als „ideale Fläche“ für PV. „Sie hat die richtige Größe.“ Und fügte hinsichtlich des Gebiets hinzu: „Der Naturschutzstatus macht überhaupt keinen Sinn.“
Das Bettenberg-Giratsmoos ist 132 Hektar groß. „Müssen wir jeden Halm in Schutz nehmen?“, fragte Alfred Reichle (SPD). „Der Denkmalschutz hat uns ewig vorgebetet, dass es nicht geht“, verwies er auf die sich langsam abzeichnenden Änderungen und forderte daher: „Der Naturschutz muss Farbe bekennen, was er will.“
Könnte auch dem Flugplatz eine Freiflächen-Solaranlage entstehen?
Der Bettenberg wurde von 1909 bis etwa 1995 als Standortübungsplatz militärisch genutzt. Seit Jahrzehnten drückt sich die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben um ihre Verantwortung, die auf dem Gelände vermuteten Kampfmittel zu beseitigen. Angemerkt sei, dass sich erst durch Vernachlässigung der Geländepflege die derzeitige Naturlandschaft hat herausbilden können. Eine Fläche von rund 58 Hektar gilt als „kampfmittelverdächtig“.
„Die Dringlichkeit sehe ich auch“, betonte Lore Dizinger (SPD) im Zusammenhang mit erneuerbaren Energien. Sie habe aber ebenfalls Bedenken, gute Ackerflächen zu opfern. „Da habe ich Kopfschmerzen“, fügte sie an. „Es fehlt eine große Fläche in Konstanz“, stellte Roger Tscheulin (Ortsvorsteher von Dettingen-Wallhausen, CDU) fest und verwies auf den Landeplatz mit seinen 18 Hektar, der nur von einem kleinen Teil der Bevölkerung genutzt werde. Dort könnte seiner Ansicht nach eine Freiflächen-Solaranlage entstehen.