Strom, der direkt vor der Haustüre produziert wird: Das haben Allensbacher der Lokale-Agenda-Gruppe tatsächlich zur Realität gemacht. Die Gruppe sammelt Ideen, wie die Gemeinde einen Beitrag zu einem nachhaltigen Leben leisten kann. So ist auch das Projekt an der B33 entstanden. Dort wird ein Verkehrsbauwerk, hinter dem die meistens noch nicht so klimafreundlichen Autos durchbrausen, zu einem Kraftwerk für Ökostrom.
Das Singener Unternehmen Solarcomplex soll den Lärmschutzwall zwischen Markelfingen und Allensbach mit Photovoltaik-Anlagen ausrüsten. Bis Ende des Jahres sollen knapp 3600 Module auf dem etwa einen Kilometer langen Abschnitt installiert werden. Das kündigte das Unternehmen bereits bei Projektstart an. Nun kommt das Vorhaben voran: „Die Vorarbeiten am Wall sind schon getan“, so Stefan Friedrich, der Bürgermeister von Allensbach.
Rund 1,9 Millionen Kilowattstunden werden jährlich erzeugt
Ab dem Jahr 2024 soll die Anlage dann in Betrieb genommen werden: Etwa 961 Haushalte könnten mit einem Verbrauch von rund 2000 Kilowattstunden pro Jahr versorgt werden, heißt es in einer Pressemitteilung der Stadtwerke Konstanz. Die Nennleistung beträgt rund 1922 Kilowatt in der Spitze (peak, daher kWp). Der Jahresertrag wird bei rund 1,9 Millionen Kilowattstunden liegen. Damit ließen sich 100 Staubsauger mit 1000 Watt Leistungsaufnahme immerhin mehr als zwei Jahre lang durchgehend betreiben.
Verglichen mit anderen, größeren Freiluft-Anlagen ist die mögliche Leistung der Photovoltaik-Panele mit zwei Megawatt zwar relativ gering – andere Anlagen können deutlich mehr Strom erzeugen. Trotzdem könne aber die verbaute Fläche bei dem Lärmschutzwall durch die Photovoltaik-Paneele für einen guten Zweck verwendet werden. „Dort befinden sich keine Pflanzen, und die Fläche hat auch keinen anderen Nutzen“, so Stefan Friedrich. Daher sei es die beste Fläche für so eine Anlage.
Viel mehr Flächen gebe es im Raum Konstanz auch gar nicht, die zukünftig mit Photovoltaik-Anlagen ausgestattet werden könnten, sagt der Stadtwerke-Geschäftsführer Norbert Reuter. Zehn bis 12 Flächen kommen nach seinen Worten überhaupt infrage. Und anders als am Lärmschutzwall haben andere Freiflächen-Photovoltaik-Anlagen auch ein großes Manko: „Die landwirtschaftliche Fläche wird wegfallen“, ergänzt Bürgermeister Friedrich.

Weil es nur so wenige Flächen gebe, sollten die Nachbarorte miteinander kooperieren, sagten die Partner bei der Unterzeichnung des Vertrags, in dem die Stadtwerke die Vermarktung des in Allensbach erzeugten Stroms zusagen. „Da sollten alle Experten ineinandergreifen. Wir sehen das wirklich ausgesprochen gerne“, so Reuter. So könnten die Flächen möglichst schnell verwendet werden.
Die neue Anlage an der B33 bedeutet auch viel Papierarbeit
Auch Friedrich zeigt sich dankbar: Das neue Kraftwerk bedeute für die Beteiligten auch viel Papierarbeit. „Dazu sind wir nicht in der Lage.“ Ob die Anlage bei der Bevölkerung gut ankommen werde? Dazu haben die beiden eine klare Meinung: „Wir vermuten alle, dass die Akzeptanz gut und groß ist“, sagt Reuter.
Die Bürger haben mit Apps zum Beispiel eigenhändig die Sonnenstrahlen bei dem Lärmschutzwall prognostiziert. Außerdem setze sich ein großer Teil der Bürger für den Klimaschutz ein. Nun gebe es für sie ein Angebot, lokal und nachhaltig erzeugten Strom zu beziehen.
Und was, wenn die Sonne scheint, aber niemand das Licht anmacht? „Wir werden nie so viel Strom erzeugen, wie wir verbrauchen“, meint Stefan Friedrich mit Blick auf die Solarzellen an der B33. Daher sei es vorerst nicht nötig, Strom zu speichern. In fünf bis zehn Jahren sehe das eventuell anders aus.
Die Stadtwerke wiederum wollen durchaus Anreize schaffen, dass Verbraucher dann Strom abnehmen, wenn er ausreichend vorhanden ist. So könnte auch der Allensbacher Ökostrom tagsüber günstiger sein, damit die Bürger eher an einem sonnigen Mittag ihr Elektroauto aufladen statt nachts.