An einem Morgen Anfang Februar liegt der Lärmschutzwall an der Bundestraße 33 zwischen Allensbach und Markelfingen in warmes Sonnenlicht getaucht. Besseres Wetter hätten sich Bene Müller und Stefan Friedrich für ihren Pressetermin vor Ort kaum wünschen können, die Sonne ist schließlich elementarer Bestandteil ihres Projekts.
Bene Müller ist einer der Vorstände des Unternehmens Solarcomplex, Stefan Friedrich ist der Allensbacher Bürgermeister. Die Gemeinde am Gnadensee hat das Unternehmen mit Sitz in Singen beauftragt, den Lärmschutzwall mit Photovoltaik-Anlagen (PV-Anlagen) aufzurüsten.
Bis Ende diesen Jahres sollen knapp 4000 Module auf einem etwa einen Kilometer langen Abschnitt an der B33 installiert werden. Knapp zwei Millionen Euro investiert die Gemeinde in das Projekt.
Anlage soll Stromverbrauch von 2000 Menschen decken
Stefan Friedrich ist sichtlich zufrieden. „Der Wall ist ja ansonsten kein optisches Highlight. Ich brauche ihn aber und habe jetzt hier die Möglichkeit, was Tolles rauszuholen“, sagt er. „Ohne Flächenentzug“, ergänzt Matthias Fix, Leiter der Allensbacher Kämmerei. Die schräg liegende Fläche könne ohnehin nicht landwirtschaftlich genutzt werden.

„Ich hoffe sehr, dass dieses Beispiel Schule macht“, sagt Bene Müller. Das Projekt zeige, dass es im Landkreis Flächen gebe, die man für die Solarenergie nutzen könnte – ohne in Konkurrenz zu anderer Nutzung zu treten. „Die Anlage wird nach Fertigstellung den privaten Strombedarf von 2000 Menschen decken“, so Solarcomplex.
Die Idee den Lärmschutzwall als Standort für PV-Module zu nutzen entstand in der Allensbacher Bürgergruppe Lokale Agenda 21. Die sei vor einiger Zeit auf Bene Müller zugekommen, um gemeinsam ein Bürgerbeteiligungsmodell zu realisieren.

Die nötigen Zustimmungen für den Bau zu bekommen, habe sich allerdings kompliziert dargestellt. Bene Müller berichtet von demotivierenden Telefonaten. „Dann haben wir das erst mal zu den Akten gelegt“, sagt er. Der Bau derartiger Projekte sei in aller Regel in recht kurzer Zeit umsetzbar. „Die Vorgeschichte“, wie etwa die Lösung baurechtlicher Fragen, nehme jedoch viel Zeit in Anspruch. Und frustriere.

Projekt seit September beschlossene Sache
Im vergangenen September beschloss dann der Allensbacher Gemeinderat die offizielle Ausschreibung des Projekts. Matthias Fix hebt dabei erneut die Vorarbeit der Lokalen Agenda 21 hervor. Auch dank des Willens der Bürger habe man die baurechtlichen Fragen klären können. Bis Ende November wollte die Verwaltung Aufträge entgegennehmen.
Dabei habe die Gemeinde die Lage auf dem Solarmarkt falsch eingeschätzt, sagt Bene Müller. Unter anderem in der Folge des Krieges in der Ukraine sei die Anzahl der Photovoltaik-Anfragen zuletzt in die Höhe geschnellt. Die meisten Firmen würden deshalb im Moment vorrangig die einfachen Anfragen realisieren. Der Bau am Lärmschutzwall zähle nicht dazu.
Da die Photovoltaikmodule in Allensbach in den geneigten Wall gerammt werden müssen, werden spezielle Maschinen namens Bergsteiger benötigt. Zusätzlich sei für eine Freiland-Anlage die mögliche Leistung der Photovoltaik-Panele mit zwei Megawatt relativ gering.
Andere Anlagen ähnlicher Art im Landkreis könnten zwischen drei und fünf Megawatt leisten. Die Unternehmen würden sich bei der aktuellen Auftragslage die Projekte aussuchen, bei denen sie für recht wenig Aufwand viel bauen können, sagt Bene Müller. „Das ist ja betriebswirtschaftlich rational.“
Freihändige Vergaben für Unternehmen attraktiver
Die Ausschreibung für das Projekt an der B33 dagegen war wenig attraktiv. „Da haben wir keinerlei Resonanz gekriegt, das muss man ganz ehrlich sagen“, so Matthias Fix. So kam es dann zu einer „freihändigen Vergabe“. Die Gemeinde Allensbach forderte einzelne Unternehmen, darunter Solarcomplex, dazu auf, Angebote abzugeben.

Eine Ausschreibung sei immer mit einigem Aufwand verbunden, erklärt Bene Müller. „Da muss ich entsprechende Ausschreibungsunterlagen ausfüllen, zum Teil sind die sehr kleinteilig.“ Freihändige Vergaben sind für die Unternehmen mit weniger Bürokratie verbunden und daher ansprechender. Aus zwei vorliegenden Angeboten fiel die Entscheidung schließlich auf Solarcomplex.
Der Spatenstich ist für diesen Sommer geplant. Im ersten Quartal 2024 soll die Anlage dann in Betrieb genommen werden. Bereits im September 2022 prognostizierte Matthias Fix im Gemeinderat langfristig sogar einen Erlös durch die Anlage. Wie hoch dieser ausfalle könne man wegen der schwankenden Strompreise nur schwer vorhersagen. Eins scheint aber sicher: Gebraucht werde der in der Anlage produzierte Strom in den nächsten Jahren ohnehin, so Friedrich.