Es war wohl die teuerste und gefährlichste Bestellung seines Lebens. Ein 45-Jähriger hatte im Jahr 2023 150 anabole Steroide im Internet bestellt, die im Privatbesitz in Deutschland verboten oder nur in sehr geringen Mengen erlaubt sind. Er stand deshalb wegen des unerlaubten Versuchs des Erwerbs von Dopingmitteln vor dem Amtsgericht Konstanz. Dort behauptete der 45-Jährige, die Mittel wegen seiner HIV-Infizierung bestellt zu haben. Doch wie der Staatsanwalt erläuterte, hätte die Naivität des Angeklagten ihm auch das Leben kosten können. Das Gericht sah unter anderem deshalb von einer höheren Strafe ab.

Lebensgefährlich und das 75-fache des Erlaubten

Doch wie war man überhaupt auf den Mann aufmerksam geworden? Bevor das Paket des Angeklagten in Konstanz ankommen konnte, hatten es Zollbeamte in Frankfurt sichergestellt. In der Lieferung waren 150 Tabletten der anabolen Steroide Oxanodrolon und Stanozolol, sowie jeweils drei weitere Wirkstoffe a zehn Tabletten. Insgesamt überschritten die Mittel das 75-fache der erlaubten Menge. „Das ist das potenteste Steroid am Markt“, so der Staatsanwalt über das Stanozolol.

Der Angeklagte mit gewöhnlicher Statur, erklärte, dass er die Mittel zum Muskelaufbau wegen seiner HIV-Infektion einnehmen wollte. Auf einen Anwalt verzichtete er. Auf Nachfrage des Staatsanwaltes erklärte er, dass er die bestellten Tabletten einfach zum Frühstück hätte einnehmen wollen. Über die genauen Anwendungen und Risiken habe er sich nicht informiert, so der Angeklagte weiter. Das hätte jedoch fatale Folgen haben können, wie ihm der Staatsanwalt erklärte. Zu den gefährlichen Nebenwirkungen der Mittel zählen nämlich Leberversagen, veränderte Blutwerte und Herzinfarkte. „Hätten sie die Mittel so eingenommen, wären sie heute vielleicht gar nicht hier“, so der Staatsanwalt.

Gab es Verbindungen zur Body-Building-Szene?

Aufgrund der hohen Menge der verschreibungspflichtigen Mittel lag der Verdacht des Gerichts jedoch auch nahe, dass der Angeklagte die Tabletten zum Weiterverkauf bestellte. Immerhin bezeichnete dieser sich selbst als „arm“ und war zur Zeit der Bestellung zwischenzeitlich einen Monat arbeitslos. Ermittlungen konnten aber keine Verbindung zur Body-Building- oder Profisportlerszene nachweisen. Der Angeklagte ist zwar Mitglied in einem Fitnessstudio, mehr konnte aber nicht festgestellt werden, berichtete ein ermittelnder Zollbeamter vor Gericht.

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In dem Fitnessstudio und über Youtube-Videos hatte der Angeklagte aber laut eigener Aussage Informationen zu den Mitteln bekommen. Die Internetseite fand der 45-Jährige, als er nach den Mitteln in Suchmaschinen suchte. Dort werden Produkte als „legale Steroide“ betitelt. Ein Impressum gibt es nicht. Laut dem Staatsanwalt sei auch ein Hinweis auf der Seite, der Kunden darum bittet, die Seite auf Nachfragen nicht, als Verkäufer zu benennen. Die entsprechende Seite ist auch heute noch im Internet aufrufbar.

Staatsanwalt sieht von Forderung der Höchststrafe ab

Auch über das Verbot der Substanzen hatte sich der Angeklagte nicht informiert. Trotzdem sah er sich als Opfer der Webseite. Er verstehe nicht, warum der Betreiber der Internetseite nicht dafür belangt wird, sondern er als kleinster Teil der Kette, so der Angeklagte. „Ich möchte die Tabletten in meinem Leben nicht mehr sehen“, so der 45-Jährige.

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Obwohl der Staatsanwalt den Schilderungen des Angeklagten glaubte, konnte er nicht von einer Strafe absehen. Denn bereits die ersten Links in Suchmaschinen weisen bei den bestellten Mitteln darauf hin, dass diese in nicht geringen Mengen verboten sind. „Es geht hier um die Vermeidbarkeit und die Unvermeidbarkeit des Irrtums“, so der Staatsanwalt. Das Höchstmaß der Strafe forderte der Staatsanwaltschaft nicht, plädierte aber eben angesichts der leichten Vermeidbarkeit auf eine Geldstrafe von 7200 Euro. Auch wenn das Gericht Verständnis für den Unmut des Angeklagten aufbringen konnte, stimmte er mit seinem Urteil schließlich dem Staatsanwalt zu.