Früher standen die Menschen jede Woche Schlange. Sie kamen in den Garten der katholischen Pfarrei in Petershausen, um Lebensmittel und Drei-Euro-Gutscheine vom Tafelladen zu beziehen. Jetzt kommen sie nur noch einmal im Monat. Alles andere würde die Initiative Rat und Tat für Menschen in Not überfordern, sagt Diakon Klaus Wagner im Gespräch.
Jeden Monat wendet das Projekt der katholischen Pfarrei in Petershausen rund 1600 Euro auf, um haltbare Lebensmittel und Gutscheine auszugeben, sagt Klaus Wagner. Für mehr als drei Monate geschieht dies nun mit Spendengeldern, die Schüler der Geschwister-Scholl-Schule gesammelt haben. Bei ihrer Aktion kamen über 5600 Euro zusammen. „Ich habe selbst gestaunt“, sagt Klaus Wagner über die Summe. Die Schüler baten unter anderem bei Konzerten um Spenden.
Der Betrag, so sagt Klaus Wagner, sei dringend notwendig. Zu jeder Ausgabe von Lebensmitteln und Gutscheinen kommen seiner Einschätzung zufolge rund 200 Menschen in den Garten der Pfarrei in Petershausen. Den Gutschein des Tafelladens bekommt nur, wer auch einen Ausweis von dort hat; und die Lebensmittel erhält jeder, der einen Sozialpass vorzeigen kann. Der Bedarf sei riesig. „Wir suchen immer Mitstreiter“, sagt Wagner. Derzeit umfasst das Team der Unterstützer elf Personen.
Diese helfen nicht nur, die Waren zu kaufen und auszugeben, diese stehen auch für die wöchentlichen Sprechstunden immer am Donnerstagnachmittag zur Verfügung. Dort bietet die Initiative eine Beratung und Unterstützung für Menschen in Not an. „Man muss zuhören können“, sagt Klaus Wagner, der Diakon, der 15 Jahre lang für das Sozial- und Jugendamt tätig war. Nicht jeder habe so viel Wissen über soziale Einrichtungen wie langjährige Helfer und er. Deshalb bekämen Neueinsteiger bei Beratungen immer eine erfahrene Kraft zur Seite gestellt.
Manchmal seien vor allem die Zuwendung und das Zuhören gefragt. „Ich habe das selbst erlebt. Da kam eine Frau. Wir haben gefragt, wie wir helfen können. Doch sie wollte keine Hilfe. Die wollte nur reden.“ Andere Menschen benötigen praktische Hilfe, etwa beim Ausfüllen von Anträgen oder nach Erhalt von Amtsschreiben. „Die kriegen einen Bescheid vom Jobcenter und verstehen nicht, was darin steht“, sagt Klaus Wagner. Er spreche dabei auch von Menschen mit Deutsch als Muttersprache.
Ämter drückten sich häufig kompliziert aus. Nicht jeder verstehe die Amtssprache. Auch bei Anträgen herrsche oft eine große Unsicherheit, was denn nun gemeint sei. Klaus Wagner rät, den Bogen dort auszufüllen, was klar sei. Das Amt melde sich, wenn ihm etwas fehle. Dann allerdings kann Zeit vergehen, bis Unterstützungsgelder fließen. Für diejenigen, die kein finanzielles Polster haben, wird das Warten allerdings schwierig.
Wenn das Geld nicht reicht
Zur Debatte über das angeblich viel zu hohe Bürgergeld sagt Klaus Wagner: Wer Kritik übe, solle selbst einmal versuchen, in einer teuren Stadt wie Konstanz mit diesen Summen ein paar Monate lang auszukommen. Er erlebe, was und wie viel Menschen tun, um günstig zu leben – und wie oft das Geld dann doch nicht bis zum Ende eines Monats reicht.
Das Problem seien unerwartete Ausgaben. Die Initiative springe in Notlagen ein. So etwa bei einem Niedrigverdiener mit drei Kindern, dem die Waschmaschine kaputtgegangen war und den die Reparatur oder der Kauf einer neuen finanziell überfordert hätte. Auch Zuzahlungen zu Medikamenten können ein schmales Budget sprengen.
Die Initiative hat Tipps aus dem Ratgeber „Handbuch für den schmalen Geldbeutel“, aber auch Verbindungen zu Einrichtungen, die eventuell besser helfen können. Klaus Wagner sagt, dass die Initiative Rat und Tat Hausbesuche, Langzeitbetreuungen und Hilfe für Menschen, die unter Alkohol oder Drogen stehen, nicht anbiete. Für diese gebe es andere Stellen. Obdachlose würden in der Regel zum Fachverband AGJ an den Lutherplatz geschickt. Die Initiative übernimmt auch keine Geldauflagen der Justiz. Denn es sei ohne Probleme möglich, Ratenzahlungen zu vereinbaren. Außerdem solle die Abgabe ja eine Strafe sein.
Manchmal genügt die schnelle Unterstützung nicht, und es sind grundsätzliche Klärungen notwendig, etwa bei der Schuldnerberatung, in der Psychiatrie oder bei einem Betreuungsverein. „Die Leute sagen immer, sie wollen nicht bevormundet werden. Aber Betreuer machen nur das, was sie mit dem Betreuten besprochen haben“, sagt Klaus Wagner. Er warnt vor der Annahme, Arme seien vorwiegend in Städten präsent. „Es gibt sie überall.“ Aber nicht überall gibt es eine Initiative, die unbürokratisch hilft. Unter den Engagierten von Rat und Tat seien Personen, die genau wissen, wie sich Armut anfühlt. Zum Beispiel ein Mitarbeiter, der selbst einmal ohne Obdach gewesen sei.