Es sind Moritz Schneider und Sabine Feist, Gemeinderatsmitglieder des Jungen Forums und der CDU, die das sagen, was sich wohl viele denken. Während im Gemeinderat oft die Wahrnehmung ist, dass mehr Geld ausgegeben wird, als eigentlich da ist, läuft es beim Bürgerbudget genau andersherum.

Da schöpfen Menschen, die im Wortsinn durch Zufall zu Einfluss und Gestaltungsmacht in der Stadt gekommen sind, das zur Verfügung stehende Geld nicht einmal zu zwei Dritteln aus. Von 100.000 Euro haben sie knapp 63.000 an sieben Projekte vergeben. Für Moritz Schneider ist es eine kleine Lehrstunde, und ein „Zeichen dafür, die Kompetenz eines Bürgerinnenrats hochzuschätzen“.

Oder andersherum: Dass es vielleicht gar nicht immer und unbedingt ein Mandat im Gemeinderat braucht, um solche Verantwortung auszuüben. Denn die 100.000 Euro vergeben Zufallsbürger, die per Los in die Entscheidungsrunde berufen wurden, sie sollen die Breite der Stadtgesellschaft abbilden.

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Und Holger Reile, Stadtrat der Linken Liste, sieht noch etwas anderes: Während die Verwaltung den Antrag im Vorfeld durchgewunken hatte, haben die Zufallsbürger der christlich-fundamentalistischen Hillsong Church den Wunsch nach 15.000 abgeschlagen.

Offenbar herrschten auch dort Zweifel, dass der vorgeschlagene Spielebus für Kinder zwischen drei und zwölf Jahren wirklich nur ein pädagogisches Angebot mit Workshops und Sport ist – mit dem weltanschaulich neutralen Ziel einer „Förderung von motorischen und kognitiven Fähigkeiten, sozialen Kompetenzen und Zusammenhang in den Stadtteilen.“ Für Reile jedenfalls ist klar, dass es da eher um die Missionierung der Jüngsten gegangen sei.

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Von Gnadenhof bis Stolpersteine: Diese Projekte kommen zum Zug

Umso überraschender ist, dass der Bürgerrat ein anderes Projekt aus dem Spektrum der Kirchen in die Förderung aufgenommen hat. Die evangelische Kirchengemeinde Konstanz-Wollmatingen bekommt 1500 Euro für ihren Beitrag zum Quartierfest Berchen-Öhmdwiesen Bewegt im kommenden Jahr.

Fast 15.000 Euro gehen aber auch an die dezidiert kirchenkritische Giordano-Bruno-Stiftung für den Aufbau eines humanistischen Bildungs- und Begegnungszentrums, das das „kritisch-rationale Denkvermögen“ fördern und Orientierung in „grundlegenden Lebensfragen“ bieten soll.

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Gefördert werden nach dem Willen des Bürgerrats und nun auch mit der Zustimmung des Gemeinderats die DJK Konstanz für einen Straßenfußball-Platz (Street Soccer Court) am Tannenhof (15.000 Euro) und der Club Konstanz der Business und Professional Women Germany, die neue Angebote zur Berufsorientierung von Jugendlichen auf die Beine stellen wollen (3657 Euro).

Die Initiative Stolpersteine wird beim Aufbau von Gedenk-Stelen für die Opfer von Zwangssterilisierungen und Euthanasie-Morden im Nationalsozialismus unterstützt (15.000 Euro). Die Gnadenhof-Initiative Wallhausen erhält 4300 Euro für Tierschutz-Anliegen, und die Organisatoren von Konstanz Spielt können ihre Angebote ausbauen, mit denen sie Menschen aller Altersklassen, Milieus und Nationalitäten aus Konstanz beim gemeinsamen Spielen zusammenbringen können (knapp 8200 Euro).

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Aus der Politik gibt es viel Lob für die engagierten Bürger

Für CDU-Stadträtin Sabine Feist ist das sehr sinnvoll eingesetztes Geld: „Jeder Euro, der ins Ehrenamt gesteckt wird, kommt drei- oder vierfach zurück“, ist sie überzeugt. Und auch sie sagt: Die gewählten Volksvertreter könnten sich ein Beispiel an den Bürgern nehmen, denn „wir geben meist mehr Geld aus, als wir haben“. Auch Christiane Kreitmeier (FGL&Grüne) sieht die Arbeit des Bürgerrats als ein Beispiel für „lebendige Demokratie.“

Ein paar Fragen bleiben im Gemeinderat dennoch offen. So wurde das Ziel nicht erreicht, dass von den 100.000 Euro mindestens 20.000 Euro in Klimaschutz-Projekte fließen sollen. Und Zahide Sarikas (SPD) vermisst ein ausdrückliches Jugendprojekt. Hier will Martin Schröpel, Vizechef des Hauptamtes, nun Vorschläge machen, wie das Verfahren noch schneller und unbürokratischer werden kann. Und auch er bestätigt: Im Bürgerrat werde „mit sehr großer Ernsthaftigkeit“ gearbeitet, und die Ehrenamtlichen dort schauten sehr genau, wofür die Stadt ausgeben sollte – und wofür nicht.