Der Hilferuf ging zu Herzen: Siegfried Keller, der Vorsitzende der Behindertensportgruppe, meldete sich mit einem Brief in der Jahresversammlung des Stadtsportverbands zu Wort. Er schilderte die Schwierigkeiten, die seine Rehabilitationsgruppe für Herzerkrankungen, Schlaganfall, Lungenerkrankungen und nach einer Krebserkrankung wegen den Gefahren einer Corona-Infektion zu bewältigen hatte. Und dann auch noch das: Nachdem man wieder sportlich aktiv sein durfte, mangelte es an Plätzen. Hätte die Gruppe nicht bestehende Sportangebote gekürzt, es hätte teilweise gar kein Bewegungsangebot mehr für die Betroffenen gegeben, so Keller.
Der Brief von Siegfried Keller machte deutlich, wie dramatisch es um die Hallenplätze in Konstanz bestellt ist. Der geplante Abriss der Zeppelinhalle in wenigen Monaten wird die Lage noch verschärfen. Ende 2021 soll zudem die Theodor-Heuss-Halle verschwinden. Siegfried Keller berichtete, wie seine Rehagruppen Ersatz zu finden versuchten.
Denn in den Schmieder Kliniken konnten sie nicht mehr üben. Die nahmen aus Gründen des Infektionsschutzes eine Zeit lang gar keine Sportler auf, die nicht aus dem eigenen Haus kamen. Keller gab zu bedenken, dass die Angebote für Rehasport einmalig sind. Er forderte, dass die Stadt alle Anstrengungen unternimmt, um schnell neue Hallenplätze zu schaffen.
Vereine fürchten um Existenz
Harald Schuster, Hallenwart des Stadtsportverbands, stellte fest: Keller habe in Worte gefasst, was alle Sportler bewege. Er betrachte es als Alarmsignal, wenn nicht einmal mehr der Rehasport seinen Platz bekomme. Schuster geht davon aus, dass nicht alle Sportgruppen und Vereine versorgt werden können, bis die neuen Hallen stehen.
Unter anderem fürchteten der Athletikclub und die Sportkegler um ihre Existenz. Diese berichteten, wie sie seit 15 Jahren vergeblich in Konstanz einen Platz suchen. Derzeit müssten sie lange Fahrten auf sich nehmen, um ihrem Sport überhaupt noch nachgehen zu können.
Der Stadtsportverband, aber auch das Sportamt, unterstützen alle, die dringend suchen, sagte Harald Schuster. Er wertet die Zusammenarbeit als „toll“. Dennoch bleibe die bittere Tatsache, dass es nicht für alle genügend Trainings- und Wettkampfmöglichkeiten gebe, bis neue Hallen gebaut sind. Die Zeppelinhalle soll erst in sechs Jahren wieder stehen.

Die Sportler hoffen auf einen schnellen Bau am Suso-Gymnasium und freuen sich auf den beschlossenen Ausbau der Schänzlehalle, die während der Bauzeit vollumfänglich genutzt werden kann.
Dennoch haben sie Sorgen. Harald Schuster schreibt in seinem Bericht: „Im Moment herrscht noch einige Ernüchterung, denn allen Lippenbekenntnissen zum Trotz, so richtig vorangehen will im Moment nichts.“ Der 1. Vorsitzende des Stadtsportverbandes, Thomas Keck, betonte: „Wir kämpfen für alle Konstanzer Bürgerinnen und Bürger in den Sportvereinen, dass gute und ausreichende Sportmöglichkeiten sowie Sportförderungen weiter zur Verfügung stehen. Ehrenamt ist keine Arbeit, die nicht bezahlt wird. Es ist eine Arbeit, die unbezahlbar ist.“
Der Stadtsportverband müsse wegen der Infektionsgefahren durch Corona die Feier zum 50-jährigen Bestehen in diesem Jahr verschieben, kündigte Keck an. Das geplante Fest im Speichersaal des Konzils entfalle. Der neue Termin werde noch bekannt gegeben.
Keck wies darauf hin, dass die bisherigen Kalkulationen fürs Jahr 2021 durch die Corona-Pandemie nicht mehr zutreffen. Dennoch wolle man in Krisenjahr keine Erhöhung der Umlage beschließen (35 Euro pro Verein und fünf Euro pro 100 Mitglieder). In absehbarer Zeit sei dies aber notwendig. Seit etwa 20 Jahren sei die Umlage nicht mehr erhöht worden.
Vorbildliches Engagement
Der für Soziales, Bildung, Sport, Gesundheit und Kultur zuständige Bürgermeister Andreas Osner bezeichnete das Engagement des Stadtsportverbands und seiner Vereine als „vorbildlich“ und „absolutes Zugpferd“. Gemeinsam mit der Stadtverwaltung hätten sie sich bemüht, die Corona-Verordnungen umzusetzen. „Die Sportvereine und der Stadtsportverband sind ein wichtiger, verlässlicher und vertrauensvoller Partner für uns – ohne Sie und ohne diese Zusammenarbeit sähe die Stadt ziemlich alt aus.“ Er betonte umgekehrt, dass auch die Sportverwaltung ein zuverlässiger Partner sei.
Osner kündigte an, die Verwaltung sei dabei, eine Veranstaltung zum Thema Mountainbike zu planen. Eine erste Idee, einen runden Tisch einzuberufen, sei fallen gelassen worden, als man die Zahl der Anmeldungen gesehen habe: Mehr als 200 Interessierte hätten sich gemeldet, was eindeutig zu viel sei für einen Runden Tisch. Es werde eine Ersatzveranstaltung geben, bei der auch die Betroffenen zu Wort kommen, stellte Andreas Osner in Aussicht.
Einen Vorteil haben die Mountainbiker gegenüber vielen anderen Sportlern: Sie brauchen keine Hallenzeiten, um ihren Sport zu betreiben.