„Das habe ich seit sieben Jahren nicht mehr erlebt“, sagt Mandy Klein von der Lieferadresse in der Bahnhofstraße in Konstanz. 2013 besaß sie den heutigen Laden unter ihrer Wohnung noch nicht. So wie damals türmen sich auch jetzt die von Schweizern bestellten Pakete bis unter die hohen Decken ihrer Altstadt-Wohnung. Im Flur, im Ankleidezimmer, im Büro, im Wohnzimmer: die ganze Wohnung ist voll mit den Kartons.

Ihr Laden ein Stockwerk tiefer platzt ebenfalls aus allen Nähten. Und dabei sei während der letzten Wochen durch die Corona-Pandemie gar nicht mehr so viel los gewesen, sagt Mandy Klein. Die meisten Schweizer hätten den teureren Preis wohl in Kauf genommen und direkt zu sich bestellt, vermutet sie.

Vor etwa einer Woche aber seien die Bestellungen wieder schlagartig in die Höhe geschossen und hätten sich zum Teil täglich verdoppelt. Eine Kundin hat bereits über 100 Pakete bestellt. Das meiste davon sei Kleidung. Die Kartons stapele Klein seit dem 7. Juni in ihrem Schlafzimmer an der Wand.
Während des Lockdowns wurden Pakete weitergeschickt
„Während des Lockdowns habe ich nur überlebt, weil ich Pakete, die hierhin adressiert waren, nach Absprache weitergeschickt habe“, sagt Mandy Klein. Des Weiteren habe sie ihre Mitarbeiter zum Teil in Kurzarbeit geschickt und Soforthilfe beim Staat beantragt. Den Rest der bestellten Pakete habe Klein eingelagert bis die Kunden sie abholen könnten. Die Lagerfristen habe sie ausgesetzt. Die Grenzen seien ja zu, also könne niemand etwas abholen, selbst wenn er wolle.
Doch deshalb füllen sich nun ihr Laden und ihre Wohnung mit den Paketen. Die Pakete der Schweizer können ab dem 15. Juni wieder abgeholt werden. „Natürlich muss man bei dieser Masse schauen, dass man alles wiederfindet“, gibt Klein zu, „aber mein Team und ich finden eine Lösung.“, sagt Klein, die außerdem noch zwei noch größere Lagerflächen in Konstanz und Singen besitzt.
Verwirrung am Zoll
Am Anfang der Krise sei es noch erlaubt gewesen, Pakete an die Grenze zu bringen, sodass sie dort abgeholt werden konnten, erinnert sich die Lieferadressen-Inhaberin. Um sich abzusichern, habe sie extra am Zoll angerufen. Die Zöllner dort hätten gesagt, es sei möglich. Also schrieb Klein Listen und belud alle Autos, die sie auftreiben konnte, mit Paketen. Einen Tag später fuhr sie zur Grenze – und wurde prompt vom dortigen Zoll abgewiesen. Es sei nicht mehr erlaubt, Pakete zu übergeben, habe der Zöllner gesagt. Die Regeln hätten sich über Nacht geändert.

Daraufhin habe sich Klein Gedanken gemacht. Sie sagt: „Ich dachte, wenn die Grenzen zur Schweiz wirklich lange zu bleiben, kann ich dicht machen. Deshalb war ich erleichtert, als es hieß, sie würden wieder öffnen.“ Sie freue sich zudem, ihre Kunden wiederzusehen.
Logistische Herausforderung steht bevor
Ab Montag ist es soweit – dann dürfen Schweizer ihre Pakete abholen. Die Vorbereitungen dafür sind in vollem Gange. Mandy Klein sagt: „Das wird noch einmal eine Herausforderung. Viele Leute werden wohl warten müssen. Zur besseren Planung habe ich darum gebeten, sich anzukündigen. Dann sollte alles schneller gehen.“ Den Laden würden ihre Mitarbeiter übernehmen, sie selbst empfange die Kunden in ihrer Wohnung. Sie sagt: „Ich weiß ohnehin am besten, wo alles ist.“
Stundenlanges Warten am Zoll
Bei Patrick Punzenberger, ebenfalls Inhaber einer Abholadresse in Konstanz, ist das Ausmaß nicht ganz so groß. Er sagt: „Aber ich hatte auch Glück, dass ich weiterarbeiten konnte. Ich habe ein angemeldetes Import-Export-Geschäft und lebe in der Schweiz.“ Deshalb habe er auch während der Corona-Zeit Pakete über die Grenze ausliefern dürfen. Allerdings hätte er sich dafür beim Zoll regelmäßig stundenlang anstellen müssen.
Punzenberger sagt: „Zum Glück konnte ich das so machen. Sonst wär es bei mir mit den Lagerkapazitäten knapp geworden und ich hätte etwas anmieten müssen.“ Andere Inhaber von Lieferadressen hätten das getan, habe er gehört. Auch er habe viel einlagern müssen.
Er merkt außerdem, dass seit zwei Wochen wieder mehr bestellt wird. Er sagt: „Es sind ja auch wieder viele Schweizer hier unterwegs. Viele bei denen man weiß, dass sie eigentlich gar nicht hier seien dürfen. Doch ab dem 15. Juni dürfen sie ja endlich wieder ganz normal einreisen.“ Und dann gehe es wieder weiter wie zuvor.