Die Entscheidung ist den Vorstandsmitgliedern der Kolpingfamilie nicht leichtgefallen. „Vorletztes Jahr haben wir abgestimmt, ob wir weitermachen oder nicht. Da war eine Patt-Situation“, schildert Brigitta Sonntag. „Wir haben es noch einmal probiert, aber vergangenes Jahr ist die Entscheidung gefallen, dass wir beim Weinfest nicht mehr mit einem Stand vertreten sind“, fügt Ottmar Zoll hinzu. „Es war eine tolle Zeit. Aber wir wollen erhobenen Hauptes gehen“, ergänzt Wolfgang Mail.

Bereits ein Jahr nach Gründung des Konstanzer Weinfestes war die Kolpingfamilie mit zwei Ständen direkt bei der Stephanskirche präsent. Mit einem Wein- und einem Essensstand, wo Salatteller, belegte Brote und einiges mehr frisch zubereitet wurden. Letztgenannten hat die Kolpingfamilie schon vor Jahren aufgegeben.

„Allein für den Essensstand benötigten wir bis zu 60 Leute“, erklärt Ottmar Zoll, schließlich mussten vier Tage lang im Schichtbetrieb die Speisen zubereitet und die Brote geschmiert werden, weshalb dieses Team intern „Streicher“ genannt wurde, wie Wolfgang Mail mit einem Lächeln verrät.

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Aufwand: Vier Tage, zwei Stände, 95 Helfer

„Vier Tage, zwei Stände, 95 ehrenamtliche Helfer“, skizziert Brigitta Sonntag den Aufwand pro Weinfest. Dazu kamen noch die Helfer für den Auf- und Abbau und den Kehrdienst, der morgens um 8 Uhr aufräumte und „viele hundert Flaschen entsorgt hat“. 2024 seien es nur noch 44 Helfer gewesen. „Viele, die nicht in unserem Verein waren, haben uns geholfen, sonst hätten wir längst aufhören müssen“, sagt Wolfgang Mail.

Aber jetzt endet die Ära, denn es wird den Aktiven zu anstrengend. „90-mal in den Keller runter und wieder rauf, um die Getränke zu holen, das können wir nicht mehr“, so Zoll. Doch Alter und Helfermangel sind nicht die einzigen Gründe, warum die Kolpingfamilie aufhört.

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Hohe Fixkosten und teilweise Festpreise

Wolfgang Mail spricht von steigenden Fixkosten. „Die Platzmiete wurde immer teurer, was sich auf den Verkaufspreis auswirkt“, so Mail. „Wir haben immer geschaut, dass wir nicht die Teuersten sind, wegen des sozialen Aspekts“, ergänzt Brigitta Sonntag. Jeder sollte sich beim Weinfest etwas leisten können, findet sie. Außerdem hat die Kolpingfamilie – das war Tradition – den Erlös ihres Stands stets gespendet.

Eines stellt Wolfgang Mail aber klar: „Oft entsteht der Eindruck, dass die Standbetreiber selbst den Preis machen. Das stimmt nur bedingt.“ In den vergangenen Jahren seien in Teilen Mindestpreise vom Veranstalter vorgeschrieben worden. „Mindestpreis bei der Flasche Wein, das Achtele sowie Festpreise für Mineralwasser und das Weinglas.“ Sonntag bedauert: „Es machen immer weniger Vereine, dafür mehr Professionelle mit.“

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Auch wenn die Kolpingfamilie aufhört, schwärmen sie von früheren Zeiten, „als vieles viel einfacher war und keine so hohen Kosten angefallen sind“, so Ottmar Zoll. Sie denken dankbar an Andreas Fritz, von dem sie ihren Wein bezogen hatten und die Kisten in ihren Kühlkeller gebracht hat. Und sie freuen sich, endlich mal als Gäste das Weinfest besuchen zu können.