Die Zitterpartie um den Fortbestand des Gassenfreitags geht weiter. Vereine, die etwas Größeres auf die Beine stellen wollen, haben es heutzutage nicht leicht. Dabei hat das Sterben von ehrenamtlich getragenen Freiluftveranstaltungen längst begonnen. So gehört beispielsweise das Petershauser Stadtteilfest, das 1985 von Herbert Weber, dem seinerzeitigen Vorsitzenden des Musikvereins Eintracht Petershausen, initiiert und von Vereinen getragen wurde, seit Anfang der 2010er Jahre der Vergangenheit an.
Mit solchen Freiluftveranstaltungen wollten die Vereine ihre Kassen aufbessern. Das war auch der Impetus von Herbert Weber. Um die finanzielle Situation des Musikvereins war es nämlich nicht gut bestellt. Das Orchester nahm viele Spieltermine damals an, unter anderem musizierte es fast jeden Sonntag im neu eröffneten Seerhein-Center.
Weber wollte aber ein zweites Standbein. Die Idee für ein Stadtteilfest auf dem gerade fertiggestellten Benediktinerplatz war geboren. „Der Platz war ideal und fast alle Petershauser Vereine haben mitgemacht“, erinnert sich Herbert Weber heute.

Das Verhältnis von Aufwand und Ertrag
Das Petershauser Stadtteilfest war viele Jahre lang ein Besuchermagnet, und doch war die Veranstaltung – gerade auch wetterbedingt – nicht risikolos. „Die Eintracht ist dann irgendwann ausgestiegen, weil Aufwand und Ertrag in keinem Verhältnis mehr standen“, so Herbert Weber, der ergänzt: „Schon früh ist der Musikverein – parallel zum Stadtteilfest – beim Seenachtfest eingestiegen. Das war ein Geschäft, von dem der Verein fast ein ganzes Jahr davon gelebt hat.“
Auch heute noch ist das Seenachtfest und das neu aufgelegte Stadtgartenfest, bei dem die Musiker nicht spielen, aber Teller der Gastrostände im Stadtgarten spülen, eine wesentliche Einnahmequelle. „Tellerspülen ist eine Leistung“, wertet Weber mit Hochachtung, denn die Orchestermitglieder scheuten keine Arbeit.

Nach und nach seien die Vereine beim Stadtteilfest ausgestiegen. Die einen hätten nicht genügend Helfer gefunden, andere entschieden sich aus Rentabilitätsgründen dagegen und das Hauptorganisationsteam sei „älter geworden“, kommt Herbert Weber auf die Gründe für das letztliche Aus des Festes auf dem Benediktinerplatz zu sprechen.
Wenn er an das Hier und Jetzt denkt, sagt er: „Es gibt nicht mehr viele Menschen, die sich komplett hingeben. Dazu kommen heute noch die Sicherheitsproblematik und die gestiegenen Auflagen. Früher war alles einfacher“, sinniert Herbert Weber und seufzt.
„Das letzte Gebet ist noch nicht gesprochen“
Fester Bestandteil des Konstanzer Veranstaltungskalenders hingegen ist noch das von Vereinen getragene Wollmatinger Dorffest. „Wir waren einer der Ersten mit einem Sicherheitskonzept, das noch tragfähig ist“, sagt Kilian Stadelhofer, Vorsitzender des ausrichtenden Vereins. „Wir haben Glück mit dem Festgelände, weil wir nur zwei Straßenzufahrten absperren müssen.“ Da hielten sich die Kosten noch in Grenzen.
Auch in diesem Jahr würde wieder ein Sicherheitskonzept für die Veranstaltung im Herbst eingereicht. „Wir müssen warten, was dabei herauskommt. Ich bin guten Mutes und zuversichtlich, dass uns keine riesigen Auflagen aufgebrummt werden. Aber das letzte Gebet ist da noch nicht gesprochen“, so Stadelhofer.

Würden die Auflagen und damit die Kosten weiter steigen, dann würde es auch für dieses Fest eng. „Eine Durchführung ohne Sponsoren ist zum aktuellen Zeitpunkt schon nicht möglich. Ohne sie könnten wir es nicht stemmen“, stellt Kilian Stadelhofer fest. Die Standgebühren weiter zu erhöhen, komme nicht infrage. „Da würde kein Verein mehr mitmachen“, so Stadelhofer.
Festivität aus Idealismus für die Gemeinschaft
Eine goldene Nase würden sich Vereine mit einem Stand beim Wollmatinger Dorffest nicht verdienen. Umso mehr lobt Kilian Stadelhofer, dass sie sich für die Gemeinschaft engagierten. „Sie machen es nicht mehr zum Geldverdienen, sondern fürs Dorf“, würdigt er. Es wäre nämlich wirtschaftlich rentabler, wenn ein Verein nur einen Tag lang bei einer Musikveranstaltung im Stadion arbeite.
Beim Wollmatinger Dorffest müsste ohnehin schon so manche Hürde genommen werden. Das fange bei der Motivation der Helfer an, denn der Aufwand sei groß – der Vereinsvorsitzende spricht von einer Woche Aufbau, während der Abbau an einem Tag erfolge – und höre beim Wetterrisiko nicht auf. „Nüchtern betrachtet, rentiert es sich finanziell nicht. Geld kann man einfacher verdienen. Deshalb sind wir froh um jeden, der mitmacht“, stellt Kilian Stadelhofer klar.
Ebenso deutlich macht er den Sinn des Festes: „Es stärkt die Dorfgemeinschaft und den Zusammenhalt und dient dazu, Neubürger zu integrieren.“ Was wäre Wollmatingen ohne Dorffest? Das will sich Stadelhofer eigentlich gar nicht vorstellen, denn dann wäre der Stadtteil seiner Ansicht nach „ein vor sich hin vegetierendes Dörfle ohne Persönlichkeit“.
Stadt hat nicht viel Spielraum
Martin Schröpel, Beauftragter für Bürgerbeteiligung und ehrenamtliches Engagement der Stadt Konstanz, weiß, dass die Organisatoren eine große Verantwortung tragen, der Aufwand groß ist und es viele Helfer für solche Feste benötigt.
„Die Vereine schlucken, weil die Auflagen insgesamt höher geworden sind“, so Schröpel, der allerdings klarstellt, dass es sich um „übergeordnete Verordnungen handle“, gerade wenn es um die Sicherheit gehe. „Bei den Grundlagen hat die Stadt nicht viel Spielraum“, sagt Schröpel. Er fügt an: „Wir haben aber sehr gute Ansprechpartner. Sie versuchen, Veranstaltungen möglich zu machen, und legen nicht unnötig Steine in den Weg. Aber sie dürfen geltendes Recht nicht unterlaufen.“
Das ehrenamtliche Engagement der Bürger wisse die Stadt zu schätzen, denn, wie Martin Schröpel klar sagt: „Vereine sind kleine Keimzellen der Demokratie, ganz wichtige Bausteine im demokratischen Gefüge der Stadtgesellschaft.“