Petra Rietzler hat einen Tipp für den Wahlkampf von CDU-Kultusministerin Susanne Eisenmann. „Ein saucooler Wahlkampf wäre gewesen, wenn sie diesen Job gut gemacht hätte. Sie hat das ganze Krisenjahr nicht geliefert“, sagt Rietzler. Das Gespräch am heimischen Küchentisch verlief bisher angenehm und ruhig, aber nun wird Rietzler sauer.
Rietzler sagt: „Das ist unverantwortlich!“
Sie schüttelt den Kopf, atmet schwer aus und langt sich mit der Handfläche an die Stirn. „Die Digitalisierung stockt, es gibt zu wenig Lehrer und dann der Zickzack-Kurs mit den Schulöffnungen – sie hat Wahlkampf auf Kosten der Kinder gemacht, das ist unverantwortlich!“
Mit dem Landeselternbeirat, in dem Rietzler stellvertretende Vorsitzende ist, hätte Eisenmann kaum gesprochen, nicht mit Kindern, nicht mit Lehrern. Das ärgert die 56-jährige Konstanzerin sehr.
Nicht als die Landtagskandidatin der SPD, der die Aufregung aus taktischen Gründen sicher gut stehen würde. Sondern als Petra Rietzler, dreifache Mutter, Ehefrau, Konstanzerin.
Und damit ist eigentlich schon viel gesagt über sie. Sie will für die SPD in den Landtag einziehen, als die, die sie ist. „Ich will mich keinem anbiedern und es ist okay, wenn ich nicht alle überzeuge“, sagt sie an anderer Stelle.
Bessere digitale Ausstattung an Schulen ist ihr Ziel
Also nun: Wer ist Petra Rietzler? In Konstanz kennt sie so gut wie jeder, der ein Kind an einer Schule in der Konzilstadt hat oder hatte: Rietzler ist seit 14 Jahren im Gesamtelternbeirat, davon sechs Jahre stellvertretende Vorsitzende.
Nun ist sie im Landeselternbeirat als Stimme von Kindern und Eltern. Dieselbe möchte sie im Landtag sein. Ganz oben steht für Rietzler die bessere digitale Ausstattung an Schulen und der Kampf gegen den Lehrermangel.
Doch nicht nur das. „Ich möchte, dass sich die Politik fragt: Was brauchen die Kinder, um sich zu entwickeln? Und nicht: Welche Kinder braucht die Wirtschaft?“, erklärt die SPD-Kandidatin und fügt hinzu: „Das bedeutet für mich politische Verantwortung.“
„Ein Nullschuljahr wäre zusätzlich eines auf den Deckel“
Sie ist gegen ein Nullschuljahr, wie es die Linken fordern: „Was diese Kinder und Jugendlichen das ganze Jahr über geleistet haben, das muss anerkannt werden.“ Homeschooling, um 20 Uhr zu Hause sein, kaum Kontakt mit Freunden.
„Ein Nullschuljahr wäre zusätzlich eines auf den Deckel“, sagt sie. Langfristig will sie sich für eine zweigliedriges Schulsystem einsetzen. „Ich bin gegen Separierung und für Chancengleichheit, das bedeutet, dass die Kinder möglichst lange zusammen lernen.“
Aber bevor es an die Struktur geht, will sie im Innern des Systems Schule für Verbesserungen sorgen, die aus ihrer Sicht dringend nötig sind. Zum Beispiel mehr Ganztagsbetreuung, Digitalkompetenz bei den Lehrkräften.
Seit 2016 ist Petra Rietzler in der SPD aktiv
Vieles von dem, was die Fremdsprachensekretärin aufzählt, sind Versäumnisse aus der Vergangenheit. Und die SPD soll es wieder richten? „Ja, viele Leute haben jetzt erkannt, wie wichtig eine starke SPD ist.“
Erst seit 2016 ist Petra Rietzler fest in der Partei, aber ihr Herz schlug schon lange sozialdemokratisch. Häufig wird der SPD vorgeworfen, keine richtige Arbeiter-Partei mehr zu sein. Gegen diesen Vorwurf wäre Rietzler die Anti-These: Sie ist ein Arbeiterkind, ihr Vater war Teilzeit-Landwirt und Busfahrer.
Sie hat drei Kinder erzogen und nie ganz aufgehört, zu arbeiten. Erst als chemisch-technische Assistentin, dann als Fremdsprachensekretärin. Sie will sich fürs Gemeinwesen engagieren, will gesellschaftlichen Zusammenhalt fördern.
Sie trinkt einen Schluck Kaffee und erzählt: „Immer, wenn jemand die Boulevard-Zeitung im Bus liegen ließ, brachte mein Vater sie mir mit. Und ich regte mich so darüber auf – bis ich begriff: Das war genau das, was er wollte.“
Im Sommer 1980 lief sie als Schülerin im tiefschwarz CSU-regierten bayrischen Dorf Untermaiselstein mit „Stoppt Strauß“-Plakette herum – gegen den damaligen bayerischen CSU-Ministerpräsidenten, der dem SPD-Kanzler Helmut Schmidt das Amt streitig machen wollte.
Können sich die Menschen noch ihre Heimat leisten?
Aus dem Allgäu kam sie der Liebe wegen nach Konstanz. Die Liebe verging, doch eine neue wuchs: Zur Stadt am See. Mittlerweile beobachtet sie mit Sorge, dass sich Menschen das Leben in der Region, sei es in Konstanz, Allensbach oder Radolfzell, nicht mehr leisten können.
Gegen die steigenden Mieten will sie mehr sozialen Wohnungsbau auch für mittlere Einkommen. Und junge Familien will sie mit kostenloser Kita-Betreuung fördern.
In diesem Moment kommt ihre 20-jährige Tochter Teresa an den Tisch und fragt, ob sie ein wenig Kaffee haben könnte. „Klar, es ist genug da“, sagt Rietzler und schenkt ein.
Wie findet die Studentin die Kandidatur ihrer Mutter? Teresa antwortet ohne zu überlegen: „Sie ist die perfekte Person dafür!“ Warum? Sie legt die Hand auf die Schulter ihrer Mutter: „Wenn meine Mama etwas sagt, dann macht sie es auch.“