März, 2021. Corona. Lockdown. Was sich mittlerweile fast anhört wie aus einer anderen Zeit, war vor knapp zwei Jahren noch Realität. Eine Infektionswelle jagte die nächste und in der deutschen Politik war man sich einig: Nur Impfungen und Massen-Testungen können helfen.
Deshalb stellte die Bundesregierung beides quasi kostenlos zur Verfügung, bezahlt wurden die Kosten vom Bund – also aus Steuergeldern. Mittlerweile ist bekannt: Die Teststationen-Betreiber haben sich zu dieser Zeit eine goldene Nase verdient. Ganz legal. Und das auch ganz ohne die vielen falsch abgerechneten Tests, wegen derer mittlerweile zahlreiche Gerichtsverfahren in ganz Deutschland anhängig waren und sind.
Eine Frage, die man rückblickend stellen muss: Haben die Verwaltungen dabei eigentlich teilweise mitgeholfen – ob wissentlich oder nicht? In Konstanz jedenfalls hat die Verwaltung die Entscheidung getroffen, dass kommunale Grundstücke, wie etwa beim Bodenseeforum, von den Betreibern, in diesem Fall dem Unternehmen Top Team GmbH, zeitweise kostenlos genutzt werden dürften.
Verwaltung stellt Fläche mietfrei zur Verfügung
So teilt Anja Fuchs, Pressesprecherin der Stadt Konstanz, auf Nachfrage dazu mit: „Zunächst wurde Top Team die Fläche vor dem Bodenseeforum ab 18. März 2021 unentgeltlich überlassen. Ab 1. Januar 2022 bis 30. Juni 2022 wurde ein Entgelt in Höhe von 500 Euro im Monat erhoben.“ Ab dem 1. Juli 2022 sei der monatliche Betrag dann auf 400 Euro pro Monat reduziert worden, da nur noch eine kleinere Fläche überlassen worden sei, so die Verwaltung.
Die Stadt hat in diesem Fall die Fläche am Bodenseeforum, auf der mit Abstand am meisten getestet wurde, über knapp ein Dreivierteljahr ohne jegliche Nutzungsgebühren für den öffentlichen Grund vermietet. Auch in der Folge blieben die Beiträge niedrig, gerade im Vergleich zu den Vergütungsbeträgen, die die Test-Stationen einheimsten.
Vergütungshöhe hat sich immer wieder geändert
Die Vergütungshöhen für die Bürgertests wurden seitens des Bundes im Pandemielauf mehrfach angepasst. „Die Coronavirus-Testverordnung (TestV) enthielt bis zum 28. Februar verschiedene Testansprüche, Testarten und Vergütungen für die Leistungserbringer, die nach dieser Verordnung Testungen auf das Coronavirus durchgeführt haben“, heißt es dahingehend vom Bundesgesundheitsministerium auf Nachfrage.
Demnach sieht die Übersicht über die Vergütungen der Schnelltests, beziehungsweise den Bürgertestungen, um die es in dem Fall gehen soll, „für nicht ärztliche Leistungserbringer ohne Eigenbeteiligung der Getesteten“ folgendermaßen aus: Vergütet wurde die Durchführung der Bürgertests vom März 2021 bis einschließlich Juni 2021 mit 12 Euro, ab Juli 2021 bis einschließlich Juni 2022 mit 8 Euro, vom Juli 2022 bis einschließlich November 2022 mit 7 Euro und vom Dezember 2022 bis einschließlich Februar 2023 mit 6 Euro. Die Beträge seien „durch die Leistungserbringer über die Kassenärztlichen Vereinigungen mit dem Gesundheitsfonds abgerechnet und vom Bund refinanziert worden“.
Hat die Verwaltung Geld liegen lassen?
Der SÜDKURIER berichtete im März 2021, dass im Testzelt am Bodenseeforum bis zu 2200 Testungen pro Tag möglich waren. Ob diese Zahl erreicht wurde, bleibt unklar, jedoch berichtete der Betreiber im Mai 2021 von bis zu 2000 Tests pro Tag. Wie oben beschrieben, erstattete der Bund bis Juli 2021 zwölf Euro pro Test.
Somit ist klar, dass die Betreiber allein für den Standort am Bodenseeforum summa summarum an guten Tagen in dieser Zeit bis zu 26.000 Euro durch Testvergütungen eingenommen haben. Ferner wurden allein in den zwei Wochen Pfingstferien 2021 laut Angaben der Stadtverwaltung knapp 90.000 Proben in Konstanz genommen. Das macht einen Umsatz von über einer Million Euro.
Klar ist: Die Test-Betreiber haben in Deutschland ohnehin ein gutes Geschäft gemacht, das auch bei einer umsatzgekoppelten Platzmiete von beispielsweise 1 Euro pro Test eine Million Euro in die Stadtkasse gespült hätte – zumindest dann wenn man einer siebenstelligen Test-Anzahl in Konstanz ausgeht. Unter Beobachtern scheint das über die gesamte Corona-Zeit nicht gerade unrealistisch, was auch das Beispiel der Pfingstferien 2021 zeigt.
Entsprechendes Unternehmen zu beschäftigt für eine Antwort
Das entsprechende Unternehmen, die Top Team GmbH mit Hauptsitz in den Offenbach am Main, äußert sich auf SÜDKURIER-Nachfrage nicht zu den Vorgängen. Zu beschäftigt sei die Agentur, man habe „schlichtweg gerade nicht die Kapazität auf ihre Fragen einzugehen“. Für die Beantwortung der selbigen hatte die Redaktion zuvor knapp eine Woche Zeit eingeräumt.
In dem Statement von Geschäftsführer Alexander Törpsch-von der Heide heißt es lediglich: „Wir freuen uns sehr, dass wir dabei unterstützen konnten, die Pandemie einzudämmen und wir in diesem Jahr endlich wieder zu 100 Prozent unserem Kerngeschäft, Messen und Events, nachgehen können, worauf wir uns jetzt voll und ganz konzentrieren müssen.“
So bleiben die Fragen danach, wie viel das Unternehmen während der Corona-Pandemie durch die Tests tatsächlich umgesetzt hat, oder wie viele Tests insgesamt durchgeführt worden, unbeantwortet. Fest steht: Es muss sich gelohnt haben – und das nicht zuletzt deshalb, weil die Verwaltung die Flächen teilweise mietfrei zur Verfügung stellte und keine Gebühr für die Nutzung des öffentlichen Grundes verlangte.
Bereut die Stadtverwaltung diese Entscheidung?
Doch warum überlies die Verwaltung den Betreibern die Flächen unentgeltlich? „Wir waren froh, dass wir Anbieter gefunden haben, die medizinisch geschult Tests durchführten und verlässlich waren“, so Anja Fuchs gegenüber dem SÜDKURIER. „Man brauchte damals Negativ-Tests für den Eintritt in den Handel, Gastro, Schule etc. Auch das Handwerk musste Tests bei Kundenbesuchen nachweisen. Zunächst ein gutes Testangebot aufzustellen, war im Sinne der Gesamtstadt.“
Und wie sieht es im Nachhinein aus, bereuen die Verantwortlichen im Rathaus ihre Entscheidung? Mit einem Wort: Nein. „Wir würden genauso wieder entscheiden. Damals brauchte es eine pragmatische, schnelle Lösung im Sinne der Bürgerschaft“, teilt Anja Fuchs abschließend mit. Dass ein kleiner Obolus pro ausgeführter Testung dem heute schmalen Stadtsäckel zu Gute kommen würde, scheint dennoch offensichtlich.