Dunkle Wolken zogen am Mittwochabend über das Bodensee-Stadion, gelegentlich prasselten Schauer herab, der Wind hatte aufgefrischt und wenige Meter weiter am Hörnle blinkte die Sturmwarnleuchte in orangenem Licht. Doch immer wieder blitzte die Sonne hervor und zeigte die Sport- und Veranstaltungsstätte von seiner schönsten Seite: Eigentlich eine Perle zwischen See und Wald, allerdings seit Jahren vernachlässigt und mittlerweile ziemlich marode.

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Dass sich dies nun ändern soll, hat der Gemeinderat beschlossen. Denn nachdem die Stadtverwaltung nur wenige Tage nach dem diesjährigen Campus-Festival das Stadion quasi über Nacht für Veranstaltungen schloss, war klar: Eine Lösung muss her.

Und die wurde auch gefunden. Zumindest vorerst: Denn der Gemeinderat machte den Weg frei für eine Investition von rund 700.000 Euro – für genau solche Maßnahmen, damit auf dem Areal wenigstens in den nächsten Jahren wieder Veranstaltungen stattfinden können.

Kultur, Sport, Räte und Verwaltung kommen ins Gespräch

Dass es sich hierbei jedoch eher um eine „Pflasterbehandlung“ statt um einen kosmetischen, chirurgischen Eingriff handelt, machte Patrick Glatt vom Sportamt bei der Veranstaltung Grüner Tisch der Freien Grünen Liste (FGL) am Mittwoch, 2. August, bei einer Begehung des Stadions klar.

Dabei diskutierten Fachleute wie Glatt, die Veranstalter Dieter Bös und Xhavit Hyseni von Kokon Entertainment sowie Martin Müller vom Stadtsportverband gemeinsam mit Gemeinderäten, darunter Dorothee Jacobs-Krahnen und Christiane Kreitmeier, über die Zukunft des Geländes. Auch Bürger waren gekommen.

Über 50 Leute waren am Mittwoch ins Bodensee-Stadion gekommen.
Über 50 Leute waren am Mittwoch ins Bodensee-Stadion gekommen. | Bild: Timm Lechler

Patrick Glatt machte dabei auf mehrere Mängel auf dem Gelände aufmerksam. Zuallererst gibt es da das Problem mit den Fluchtwegen. Denn aktuell ist das Konzept mangelhaft, hier wird nun nachgebessert. Dabei sollen in der sogenannten Q-Lösung Fluchtwege und andere Brandschutz-Infrastruktur ertüchtigt werden, wobei die große Treppe in Richtung des Eingangs zum Hörnle teilweise abgetragen wird.

Herauskommen soll ein breiter, ebenerdiger Fluchtweg, sodass der Ring um das Stadion aus der Luft aussieht wie ein großes Q. Dazukommen sollen normgerechte Barrieren und Handläufe an den Treppen zwischen Innen- und Außenbereich. Dadurch gibt es bessere Fluchtwegmöglichkeiten und auch die Technik kann einfacher in den Innenraum des Stadions gebracht werden.

Aus dem großen O soll ein Q werden, damit die Fluchtwege zukünftig gesichert sind.
Aus dem großen O soll ein Q werden, damit die Fluchtwege zukünftig gesichert sind. | Bild: Timm Lechler

Technik und Wasser bleiben eine Herausforderung

Doch die Ertüchtigung der Technik, beispielsweise der Strom- und Wasserversorgung, ist in der Investitionssumme von 700.000 Euro nicht enthalten. Das stellt Veranstalter weiterhin vor Herausforderungen. So berichtete Veranstalter Xhavit Hyseni vom vergangenen Campus-Festival: „Wir fordern Lastenzüge für die Stromversorgung an. Es gibt davon nur einen Anbieter in Europa, in Polen.“ Betrieben werden die Generatoren mit fossilen Brennstoffen.

„Es gibt nur einen Starkstormanschluss auf dem Gelände“, führte Glatt außerdem aus. „Wir haben hier vier kleine Stromkästen im Stadion. Bei Großveranstaltungen hilft das nicht.“ Zwar gebe es eigentlich mehr, jedoch habe der TÜV viele Strombereiche des Stadions im vergangenen Jahr außer Betrieb gesetzt. Der Grund: Viele der Bereiche standen unter Wasser.

Patrick Glatt vom Sportamt klärte im Bodensee-Stadion über die Mängel auf.
Patrick Glatt vom Sportamt klärte im Bodensee-Stadion über die Mängel auf. | Bild: Timm Lechler

Womit man zum nächsten Problem kam. So fordert beispielsweise die Feuerwehr bereits seit langem einen zweiten Hydranten auf dem Gelände, auf dem sich aktuell nur einer befindet. Dann wäre es nicht mehr von Nöten 700 bis 800 Meter lange Schläuche zu verlegen – und das bei der jeder einzelnen Veranstaltung.

Damit die Wasserversorgung auch gesichert ist, muss aktuell laut Glatt darüber hinaus ein 500 Meter langer Schlauch vom Wasserwerk durch den Lorettowald bis zum Stadion verlegt werden. Dort steht der nächstgelegene Hydrant.

Sportlich nur bedingt nutzbar

Aus sportlicher Sicht ist das Stadion seit Jahren bedingt nutzbar, stellten die Verantwortlichen fest: Es gibt Probleme mit der Tartanbahn, dem Rasen und zu wenig Kabinen- sowie Toilettenflächen. Selbstredend ist auch der Sport von den oben bereits genannten Problemen betroffen.

Martin Müller vom Stadtsportverband erklärte bei der Begehung des Bodensee-Stadions, dass das Stadion nur wenig genutzt werde.
Martin Müller vom Stadtsportverband erklärte bei der Begehung des Bodensee-Stadions, dass das Stadion nur wenig genutzt werde. | Bild: Timm Lechler

Das alles führt dazu, dass das Stadion auch nur wenig genutzt wird. Lediglich die Footballer von den Konstanzer Pirates spielen dort, außerdem finden zwei Schulsport-Einheiten in der Woche statt. Leichtathleten nutzen die Fläche ebenfalls, allerdings nur im überschaubaren Maße.

Die Leichtathletik könnte laut Martin Müller vom Stadtsportverband ausweichen, beispielsweise ins Schwaketental zum Sportzentrum Wollmatingen. Dafür müssten die dortigen Anlagen allerdings aufgerüstet werden, damit „sich unsere Vereine dort messen können. Das ist derzeit schwer möglich.“ Investieren müsste man dort vor allem in Lager- und Aufenthaltsflächen.

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Sport-, Freizeit- oder Veranstaltungsort?

Patrick Glatt stellte fest: „Eine echte Co-Nutzung funktioniert, wenn man viel Geld in die Hand nehmen würde.“ Bei der gerade verabschiedeten Lösung handele es sich aber um keine Sanierung und keine Optimierung, sondern lediglich eine „Ertüchtigung in Form der Minimalanforderung“. Aber wie viel würde es denn für eine echte Sanierung benötigen? Das weiß so recht keiner, Glatt hält eine Prognose von zehn Millionen Euro jedoch als zu niedrig geschätzt.

Klar ist nach der Begehung: Um als echte Sportstätte zu dienen, braucht es weitaus größere Investitionen. So müssten die Laufbahn, die Sprunganlagen, die offenen Ränge und womöglich die Tribüne sowie weitere Dinge erneuert werden. Klar ist aber auch: Der Stadtsportverband bräuchte das nicht, wenn es adäquate Ausweichmöglichkeiten gebe. Das man jedoch grundsätzlich gewisse Sportmöglichkeiten im Stadion erst einmal erhalten wolle, dabei waren sich die meisten der Anwesenden einig.

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Eine ausschließliche Nutzung für Veranstaltungen à la der Waldbühne in der Berlin scheint nicht zuletzt deshalb unwahrscheinlich. So ist es mit dem neuen Fluchtwegs-Konzept zwar möglich, dass Veranstaltungen stattfinden, eine langfristige Lösung ist dies allerdings nicht. Mindestens Strom und Wasser bleiben weiterhin ein Problem für die Veranstalter.

Martin Müller vom Stadtsportverband traf den Nagel mit einem Satz auf den Kopf: „Je mehr Festivalkultur hier stattfindet desto weniger Sport. Da muss man sich nicht in die Tasche lügen.“ Um genau für diesen Konflikt eine geeignete Lösung für Bürger, Vereine und Kultur zu finden, wird wohl noch einige Zeit vergehen.

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