Es ist einer der schönstgelegenen Sportplätze weitum: Zwischen alten Bäumen und fast direkt am Bodenseeufer liegt das Konstanzer Bodenseestadion auf der Landzunge, die auch das Freibad Horn – allgemein Hörnle genannt – beherbergt. Und dennoch ist das Bodenseestadion auch ein Problemfall.
Doch was soll aus ihm werden? Seit Jahren kommt die Diskussion darüber immer mal wieder auf. Doch nun erzwingt eine harte Behörden-Entscheidung eine Klärung: Wenige Tage nach dem Campus-Festival hat die Stadt Konstanz das Bodenseestadion für Großveranstaltungen rigoros gesperrt. Doch wie könnte es mit diesem besonderen Ort weitergehen? Sechs Szenarien dazu.
1. Das Bodenstadion bleibt eine reine Sportstätte.
Dafür müssten viele Teile des Stadions erneuert werden – neben der Laufbahn und den Sprunganlagen auch die offenen Ränge und womöglich die Tribüne. Im Innenraum bliebe Platz für Fußballspiele. Konstanz hätte dann ein kombiniertes, modernes Stadion für Leichtathletik, Fußball und einige andere Sportarten mit tausenden Zuschauerplätzen. Der Stadtsportverband selbst hat mehrfach erklärt, dass die Sportvereine dies nicht bräuchten.
Offen ist auch die Frage, ob es in Konstanz überhaupt jemals genügend hochklassige Sportereignisse geben wird, die so ein Stadion auch nur ansatzweise ausfüllen. In den vergangenen Jahrzehnten war es kaum der Fall. Die Kosten für eine solche Sanierung sind unklar, eine Umsetzung sehr unwahrscheinlich.

2. Das Bodenseestadion wird reines Freizeitgelände.
Das würde eine Aufgabe der Leichtathletik-Nutzung bedeuten, und die Stadt müsste endlich die Anlagen am Schänzle in Ordnung bringen. Direkt an den Hörnle-Parkplatz angrenzend könnte es Platz für freies Ballspiel geben, Treffpunkte für Familien, Freundeskreise, Vereine und Initiativen. Dazu würde es Infrastruktur wie Toiletten, Materiallager und mehr geben.
Oberbürgermeister Uli Burchardt hatte in seinem Wahlkampf entsprechende Ideen vorgebracht. Die Tribüne und zumindest einen Teil der Sitz-Ränge müssten abgerissen werden. Die Umgestaltung des Geländes würde sicher einige Millionen Euro kosten. Die Chancen auf Umsetzung sind unklar, zumal das kostenlose Freibad nebenan viele dieser Funktionen schon ganz gut abdeckt.
3. Das Bodenseestadion wird ein reiner Veranstaltungsort.
Berlin hat eine Waldbühne, wo Konzerte von Klassik bis Pop stattfinden. Auch andere Städte haben Open-Air-Bühnen, die wechselnd bespielt werden. Wäre das eine Idee auch für Konstanz, zumal die Stadt über ein so einmaliges Gelände verfügt?
Der Vorteil wäre, dass ein Teil der jeweils nötigen Technik fest installiert wäre und nicht jedes Mal aufwendig aufgebaut werden müsste. Auch hier bräuchte es allerdings Infrastruktur drumherum – neben einer festen Bühne wären auch Räume für Technik und Toiletten, Liefer- und Rettungswege nötig.

Die angrenzenden Freiflächen könnten dann je nach Bedarf für Festivals oder dergleichen dazu genommen werden. Auch hier müsste die Stadt einen ordentlichen Millionenbetrag investieren und hätte dennoch nur einen Veranstaltungsort für schönes Wetter. Die Chancen auf eine Realisierung sind begrenzt.
4. Das Bodenseestadion wird eine multifunktionale Freizeitfläche.
Das wäre eine Mischung aus den Szenarien 2 und 3 und hätte den Vorteil, dass es, der erheblichen Investition entsprechend, angemessen genutzt wird. Außerhalb von Veranstaltungen stünde es der Bevölkerung direkt zur Verfügung, für Konzerte und andere Ereignisse würde es dann entsprechend reserviert.
Allerdings wäre der Planungs- und Investitionsaufwand für eine solche doppelte Nutzung am höchsten und könnte eine zweistellige Millionensumme erreichen. Die Finanzierung wäre unklar. Die Chancen auf eine Umsetzung hängen unter anderem vom Mut des Gemeinderats ab.

5. Das Bodenseestadion wird provisorisch fitgemacht.
Die Stadt behebt auf eigene Kosten die größten Sicherheitsmängel – so, wie sie am Theater zum Beispiel auch rund eine Million Euro in zusätzliche Fluchtwege und andere Brandschutz-Infrastruktur investiert. Damit wären Strom- und Wasserversorgung auf einem akzeptablen Stand und müssten nicht jedes Mal provisorisch hergerichtet werden.
Im Stadion könnten bis auf weiteres sowohl Sport- als auch Kulturveranstaltungen stattfinden. Allerdings würde das Provisorium wohl nur eine begrenzte Zeit Bestand haben. Nach den Kosten, die die Veranstalter des Campus-Festivals für ihre provisorischen Lösungen genannt haben, dürfte eine solche Ertüchtigung des Stadions wohl etwas unter einer Million Euro kosten.
Ob sie bis zum Frühjahr 2024 abgeschlossen wäre, ist unklar. Die Chancen auf Umsetzung sind relativ hoch, weil sie die eigentlich fällige Entscheidung hinauszögern und dennoch die Konzert- und Festivalsaison 2024 retten würde.

6. Das Bodenseestation bleibt, wie es ist.
Als Sportanlage mit Tribüne und Sitzrängen weit überdimensioniert, der eigentlichen öffentlichen Nutzung entzogen, aber doch 250.000 Euro teuer in der jährlichen Unterhaltung. Großveranstaltungen an der Stelle wären weitgehend oder ganz gestorben, weil die Stadtverwaltung ja unüberbrückbare Sicherheitsmängel sieht.
Für große Kulturereignisse jenseits von Konzil, Theater und Bodenseeforum müsste ein anderer Platz gesucht werden. Klein Venedig hält die Stadtverwaltung wegen der Rettungswege ebenfalls für nicht optimal, der Flugplatz grenzt an ein Naturschutzgebiet. Vermutlich würde es dazu führen, dass große Veranstaltungen für die Zielgruppe unter 35 Jahren aus Konstanz abwandern. Investitionskosten würden nicht anfallen. Die Wahrscheinlichkeit, dass dieses Szenario eintritt, ist hoch.