Wahlabend, 18 Uhr. Die Wahlparty der Grünen beginnt, doch die Stimmung ist verhalten. Das liegt daran, dass man sich wegen Corona zur Video-Schalte trifft, aber auch die erste Prognose für das landesweite Abschneiden ist nicht das, was sich die Unterstützer der Landtagsabgeordneten wohl erhofft haben. Doch die Laune bessert sich deutlich in den nächsten zwei Stunden, denn die ersten Hochrechnungen liegen deutlich über der Prognose.
Dann kippt die Stimmung unter den knapp 60 Teilnehmern der virtuellen Feier, es kommt echte Freude auf. Es zeichnet sich ab, dass der Wahlkreis Konstanz/Radolfzell um rund zehn Prozent über dem Landesdurchschnitt liegt.
Das bedeutet zugleich, dass das bereits vor fünf Jahren außergewöhnlich gute Ergebnis nochmals getoppt wird. Was bei der Party folgt, ist der überschwängliche Dank aller an alle für den engagierten Wahlkampf, das Miteinander und die generell richtige Themensetzung in der Politik.
Die damit als Landtagsabgeordnete bestätigte Nese Erikli, die vom Stuttgarter Landtag aus immer wieder bei der virtuellen Party vorbeischaut, will es bei dieser Freude belassen und steigt gegenüber dem SÜDKURIER am Wahlabend nur ungern tiefer in die Wahlanalyse ein.
Immerhin das räumt sie ein: Dass der Wahlkreis auf der Landeskarte eine tiefgrüne Tönung erhält, sieht sie auch als persönlichen Erfolg. Es gelinge ihr offensichtlich, die Menschen zu erreichen – egal ob jung oder alt, ob grün oder konservativ. Dazu, was die anderen Parteien womöglich falsch gemacht haben, will sie nichts sagen. Was sie aber speziell für ihren Wahlkreis hoch erfreut, ist das schlechte Abschneiden der AfD.
Deren Kandidat Thorsten Otterbach war gestern Abend nicht zu erreichen, während Levin Eisenmann von der CDU ohne Umschweife seine Niederlage einräumte. „Natürlich bin ich enttäuscht über dieses Ergebnis“, allerdings will er sich davon nicht entmutigen lassen. „Ich bin erst 23 Jahre alt und kann noch viel erreichen – auch in der Politik.“
Mit seinem Wahlkampf ist er trotzdem zufrieden, er sei sehr gut unterstützt worden und habe tolle Rückmeldungen erhalten. „Es hat halt einfach nicht sein sollen“, sagt er, wobei die jüngsten Diskussionen auf Landesebene und zuletzt auf der Bundesebene sicherlich nicht förderlich für die CDU gewesen seien.
Anders als Levin Eisenmann hatte Petra Rietzler von der SPD ohnehin nicht allzu hohe Erwartungen. „Ich bin ja schon nicht in der Pole Position ins Rennen gegangen, trotzdem ist dieses Resultat sehr frustrierend“, so ihre Bilanz am gestrigen Abend.
Ursache für das schlechte Abschneiden ist ihrer Einschätzung nach auch die allgemeine Stimmung im Land. Der Zuspruch von Genossen, das Ergebnis nicht persönlich zu nehmen, tröstet sie allerdings nur bedingt. „Da bin ich durchaus auch selbstkritisch“, sagt Petra Rietzler.
Für Jürgen Keck blieb es bis zum Redaktionsschluss bei der Zitterpartie. Wie schon bei der Wahl vor fünf Jahren weiß er lange nicht, ob er ihn in den Landtag kommt.
Dabei fährt er in der Stadt Radolfzell ein für FDP-Verhältnisse sensationelles Ergebnis von 19,2 Prozentpunkten und im Wahlkreis mit 12,1 Prozent ein besseres Ergebnis als die FPD landesweit (10,4 Prozent) ein. Immerhin, in seiner Arbeit fühlt er sich angesichts des guten Abschneidens bestätigt: „Da ist meine Arbeit im Landtag, Kreistag und Gemeinderat doch angekommen.“