Autos zwischen den Radfahrern, provisorische Absperrungen an der Kreuzung Stein-/Jahnstraße, quer über die Fahrbahn kreuzende Fahrzeuge: Die Situation auf der Fahrradstraße ist unübersichtlich und oft auch gefährlich. Um den Autoverkehr ein Stück weit aus der Radstraße zu verbannen, steht seit geraumer Zeit ein einsamer Poller auf der Petershauser Straße.

Oft genug wurde er in der Anfangszeit umgefahren, musste ständig wieder aufgerichtet werden und erhielt irgendwann sogar eine Beleuchtung, damit die Autofahrer verstehen, dass es hier wirklich nicht weitergeht. Daran haben sie sich mittlerweile gewöhnt.

(Archivbild) Als der berühmteste Poller in Konstanz auf der Fahrradstraße zum wiederholten Mal umgenietet wurde, erhielt er sogar eine ...
(Archivbild) Als der berühmteste Poller in Konstanz auf der Fahrradstraße zum wiederholten Mal umgenietet wurde, erhielt er sogar eine Beleuchtung. Hier eine Aufnahme von März 2023. | Bild: Rau, Jörg-Peter

Doch der Autoverkehr soll auf der Fahrradstraße noch weniger Raum bekommen. Die Stadt plant deshalb vier weitere Pfosten, die als sogenannte Diagonalsperre vor der Kreuzung Moltke-/Gustav-Schwab-/Jahnstraße stehen sollen, aber eben nicht gerade, sondern schräg über die Straße.

Der Autoverkehr soll von der Gustav-Schwab-Straße nur noch nach rechts in die Petershauser Straße gelenkt werden und kann dann nicht mehr geradeaus über die Fahrradstraße in die Moltkestraße fahren.

Bild 2: Poller fehlen auf Fahrradstraße: Neue Landesvorgabe bremst Konstanz aus – was die Stadt jetzt vorhat
Bild: Schönlein, Ute

Die zweite Sperre gibt den Weg von der Jahnstraße nach links in die Moltkestraße vor. Wer von der Moltkestraße kommt, kann künftig nur noch nach rechts in die Jahnstraße abbiegen. Radfahrer können nach wie vor überall fahren.

Einbahnregelung in der Jahnstraße verschwindet

Mit der Diagonalsperre geht noch eine größere Veränderung einher: Die provisorische Einbahnstraßenregelung zwischen der Moltkestraße und der Steinstraße wird aufgehoben. Sie wurde laut Stadtverwaltung während der Sanierung des Sternenplatzes als Sofortmaßnahme eingeführt, um den Autoverkehr in der Fahrradstraße zu reduzieren.

Da die vier neuen Poller ohnehin verhindern, dass Autos und Motorräder die Fahrradstraße als Durchgangsstrecke nutzen, ist die Einbahnstraße künftig nicht mehr nötig. Deshalb werden die Sperren, Schilder und Markierungen dann abgebaut.

(Archivbild) Seit dem Jahr 2019 stehen in der Jahnstraße, Ecke Steinstraße, Baken und Schilder und verhindern, dass Autos und sonstiger ...
(Archivbild) Seit dem Jahr 2019 stehen in der Jahnstraße, Ecke Steinstraße, Baken und Schilder und verhindern, dass Autos und sonstiger motorisierter Verkehr in die Petershauser Straße weiterfahren. Das soll sich wieder ändern. | Bild: Oliver Hanser

„Danach kann die Erreichbarkeit der Jahnstraße für Autos verbessert werden“, schreibt die Stadt. Das macht stutzig. Erreichbarkeit für Kfz verbessern? Der Verkehr soll doch zurückgedrängt werden?

Auf Nachfrage antwortet das zuständige Fachamt: „Bei den Maßnahmen geht es nicht darum, für den Kfz-Verkehr so viele Zufahrten zur Fahrradstraße wie möglich zu schließen. Es geht auch nicht darum, den Kfz-Verkehr ganz auszusperren, sondern gemäß Beschluss des Technischen und Umweltausschusses zu reduzieren.“ Die Grundstücke in der Jahnstraße und darum herum sollen zudem gut erreichbar sein.

Nur vier Poller allein reichen nicht aus

Also stellen die Technischen Betriebe Konstanz (TBK) einfach demnächst vier Pfosten auf und schon läuft die Sache? So einfach ist es nicht. „Es handelt sich nicht nur um vier Poller, sondern auch um tiefbauliche Umgestaltungen, damit mit der Diagonalsperre große Fahrzeuge abbiegen können“, teilt die Stadt auf Anfrage mit. Dazu zählen Anpassungen an der Mittelinsel der Moltkestraße sowie Markierungen und Beschilderungen.

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Eigentlich sollte das Vorhaben schon Ende 2024 umgesetzt werden. Doch die Arbeiten am Projekt verzögerten sich, der Stadt fehlte Personal. Als der entsprechende Förderantrag fertig war, sollte er Ende März 2025 eingereicht werden. Das ist bislang aber nicht geschehen, auch Bauarbeiten sind nicht in Sicht.

Das hat einen einfachen Grund, wie die städtische Pressestelle auf Nachfrage mitteilt: „Wir könnten den Förderantrag zwar einreichen, allerdings hätte er in der vorliegenden Form keine Aussicht auf Erfolg.“ Denn die Stadt wurde von einer neuen Verwaltungsvorschrift des Landes Baden-Württemberg überrascht, die 2025 in Kraft gesetzt wurde.

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Plötzlich soll es keine Zuschüsse mehr geben

Darin wurde die Grenze verschoben, ab wie viel zuwendungsfähigen Kosten das Land ein Projekt fördert. „Bei Fuß- und Radverkehrsmaßnahmen wurde die Bagatellgrenze für die meisten Fördertatbestände erhöht; im vorliegenden Fall wurde sie von 50.000 auf 100.000 Euro angehoben. Damit werden nur noch Maßnahmen über 100.000 Euro gefördert“, erläutert die Pressestelle.

Da die Poller und die weiteren Maßnahmen laut aktueller Schätzung 60.000 Euro kosten sollen, gäbe es dafür keine Zuschüsse vom Land Baden-Württemberg. Die Stadt kann die Diagonalsperre aber auch nicht aus eigenen Mitteln bezahlen.

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„Angesichts der aktuellen Haushaltslage ist die Stadtverwaltung zu einem besonders sparsamen Umgang mit den städtischen Mitteln angehalten. Fördermittel stellen eine wichtige Säule der Finanzierung von Fuß- und Radverkehrsmaßnahmen dar“, schreibt die Pressestelle.

Was nun? Die Poller doch nicht bauen? Das wäre auch keine Lösung, findet die Verwaltung. „Der Auftrag des Gemeinderates zur weiteren Reduktion des Kfz-Verkehrs in der Fahrradstraße wird ernst genommen und die Maßnahme soll nach wie vor umgesetzt werden“, heißt es auf Nachfrage.

Künftig sollen motorisierte Fahrzeuge nicht mehr von der Gustav-Schwab-Straße (rechts im Bild) über die Fahrradstraße in die ...
Künftig sollen motorisierte Fahrzeuge nicht mehr von der Gustav-Schwab-Straße (rechts im Bild) über die Fahrradstraße in die Moltkestraße fahren können. | Bild: Kirsten Astor

So will die Stadt doch an Fördermittel kommen

Die Stadt will nun die Planungen so anpassen, „dass es mit geringem Zusatzaufwand möglich ist, Fördermittel zu erhalten und den Einsatz von Eigenmitteln der Stadt Konstanz gering zu halten“. Wie genau das angestellt werden soll, diskutiert die Verwaltung derzeit. Im Idealfall liege die neue Kostenschätzung knapp über 100.000 Euro, sodass der städtische Eigenanteil etwas mehr als 15.000 Euro betragen würde – statt 60.000 Euro ohne Förderantrag.

Hätte das Land die Bagatellgrenzen nicht verschoben, wäre die Stadt günstiger davongekommen: Bei der ursprünglichen Planung rechnete die Verwaltung mit einer Förderung in Höhe von 51.000 Euro, der städtische Eigenanteil hätte bei nur 9000 Euro gelegen.

Wann die vier neuen Poller in die Fahrradstraße gebaut werden, kann die Pressestelle nicht sagen. Aber: „Die Verwaltung ist bemüht, die Maßnahme so schnell wie möglich umzusetzen. Möglicherweise wird dies erst 2026 möglich sein.“

„Die weitere Verzögerung bei der Diagonalsperre ist sehr unbefriedigend für die vielen Radfahrer, die täglich den Bahnübergang queren. ...
„Die weitere Verzögerung bei der Diagonalsperre ist sehr unbefriedigend für die vielen Radfahrer, die täglich den Bahnübergang queren. Sie war lange versprochen“, sagt Sven Martin, Vorsitzender der Bürgervereinigung Allmannsdorf-Staad. | Bild: Marcel Jud

Die weitere Verzögerung findet Sven Martin, Vorsitzender der Bürgervereinigung Allmannsdorf-Staad, „sehr unbefriedigend für die vielen Radfahrer, die täglich den Bahnübergang queren. Die Diagonalsperre war lange versprochen.“ Für Allmannsdorf sei dies die wichtigste Verbindung in die Stadt und für viele Kinder der Schulweg.