Die Stadt Konstanz muss neue Kredite aufnehmen, um alte zu tilgen. Die Einnahmen aus laufendem Geschäft decken die Ausgaben nicht. Investiert werden kann nur noch auf Pump. Und zugleich leistet sich die Stadt Angebote an die Bürgerinnen und Bürger, für die sie eigentlich kein Geld hat: Auf diese knappen Sätze lässt sich ein Schriftstück mit einiger Brisanz zusammenfassen. Es ist der Erlass des Regierungspräsidiums Freiburg zum Konstanzer Haushalt für die Jahre 2025 und 2026.
Die gute Nachricht dabei ist: In dem neunseitigen Schreiben genehmigt die Aufsichtsbehörde die Finanzplanung der Stadt Konstanz. Was früher eher eine Formsache war, hat inzwischen eine echte Bedeutung. Denn zuletzt kam es auch vor, dass Kommunen die Zustimmung von höherer Ebene verweigert wurde. In Analogie zur Schule könnte man also sagen: Die Konstanz ist nochmals versetzt worden. Aber ein Blauer Brief ist trotzdem angekommen. Denn der Erlass aus Freiburg macht deutlich: Wenn es so weitergeht, fällt auch Konstanz demnächst durch.
Aber was heißt die Mahnung aus Freiburg für die Bürgerinnen und Bürger? Wie wirkt sich die anhaltende Finanzmisere der Stadt Konstanz auf sie aus und was könnte noch auf sie zukommen? Hier die wichtigsten Fragen und Antworten dazu.
Müssen wir mit steigenden Steuern und Gebühren rechnen?
Aus dem Haushaltserlass wird deutlich, dass die Stadt nicht nur ein Ausgaben-, sondern auch ein Einnahmeproblem hat. Im Schreiben heißt es wörtlich: „Erneut wird nachdrücklich auf die gesetzliche Pflicht zur Ausschöpfung der Einnahmen vor der Aufnahme von Krediten (…) hingewiesen.“ Das ist deutlich, denn es heißt übersetzt, dass die Stadt erstmal dafür sorgen soll, dass genug Geld reinkommt, bevor sie zur Bank geht. Nun hat Konstanz die Grund- wie auch die Gewerbesteuer zuletzt schon deutlich angehoben. Auch die Eintrittspreise für Theater und Philharmonie hat der Gemeinderat angehoben. Die Tourismus- und Klimaschutzabgabe (Bettensteuer) ist bereits ebenso in Kraft.
Wenn es der Stadt aber nicht gelingt, zusätzliche Einnahmequellen zu erschließen, wird sie die bestehenden stärker ausnutzen müssen. Die Steuerlast für Bürger und Unternehmen, aber auch sonstige Gebühren, könnten nach diesem Hinweis aus Freiburg also durchaus steigen.
Können wir womöglich bald nicht mehr ins Theater oder in die Philharmonie gehen?
Zum Fortbestand der Kultureinrichtungen – eine rein freiwillige Aufgabe der Stadt – macht der Erlass keine konkreten Aussagen. Doch indirekt übt das Regierungspräsidium durchaus Kritik daran, dass „für freiwillige Aufgaben hohe Ausgaben vorgesehen sind“, und erinnert an die Erfüllung von Pflichtaufgaben. Auch eine Warnung vor hohen Folgekosten gibt es in aller Klarheit. Und die Bodensee Philharmonie taucht auch direkt auf. Für den Eigenbetrieb Orchesterkultur und Musikbildung, zu dem das Orchester und die Musikschule gehören, betrage das Defizit „beträchtliche 4.923.0216 Euro“, Tendenz weiter steigend. Fazit: „Weitere Potenziale zur Haushaltskonsolidierung im Eigenbetrieb müssen identifiziert und umgesetzt werden.“ Das ist eine kaum verkappte Aufforderung, den Rotstift anzusetzen.
Müssen unsere Kinder und Enkel nun massiv Schulden zurückzahlen?
Allem Anschein nach: Ja. Allein in diesem und im nächsten Jahr sollen jeweils rund 24 Millionen Euro neue Schulden dazukommen. Wenn man noch die Mittelfrist-Planung bis Ende 2029 dazunimmt, wären es sogar 173,5 Millionen Euro. Es sei „bedenklich“, dass bis 2029 „keine positive Tendenz zu erkennen ist“, zumal auch die Rücklagen weiter zusammenschmelzen. Auch hier ist das Regierungspräsidium deutlich und schreibt von „weiterhin erheblichen Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit mit der dauerhaften Leistungsfähigkeit der Stadt.“
Wenn sich die Haushaltslage nicht verbessert, heißt es weiter, könnten künftige Kredite nicht mehr genehmigt werden. Aber schon jetzt ist klar: Wenn Konstanz Ende 2026 wirklich die geplanten 109 Millionen Euro Schulden hat (noch 2019 waren es knapp unter 20 Millionen Euro), dauert es Jahrzehnte, bis diese getilgt sind. Von den Zinsen ganz zu schweigen.
Kann die Stadt noch in Dinge investieren, die für die Allgemeinheit wichtig sind?
Kaum und ganz sicher nicht im gewünschten Umfang. Ob Schul-Erweiterungen, neue Sporthallen oder Reparaturen am teils maroden Straßennetz: Geld ist dafür eigentlich so gut wie keines vorhanden. Aus dem laufenden Betrieb steht der Stadt „fast keine Liquidität zur Finanzierung von Investitionen und Kredittilgungen zur Verfügung“, heißt es von der Aufsichtsbehörde. Investiert werden kann also, wenn überhaupt, nur auf Pump. Und da will das Regierungspräsidium ja sehr genau hinschauen. Sehr viele Vorhaben werden wohl auf den Sankt-Nimmerleins-Tag geschoben werden.
Kann man der Finanzabteilung der Stadt und dem Gemeinderat in finanziellen Dingen noch vertrauen?
Das müssen Bürgerinnen und Bürger am Ende natürlich für sich selbst entscheiden, aber ein paar Aussagen aus Freiburg lassen schon aufmerken. So bemängelt das Regierungspräsidium wörtlich, dass sich Konstanz nicht an Gesetze hält, wenn die Stadt mehr ausgibt als sie einnimmt: „Der gesetzlich geforderte Haushaltsausgleich wird erneut deutlich verfehlt.“ Das ist die grundsätzliche Einschätzung. Konkret wird der Haushalt allerdings als gesetzmäßig bestätigt, weil die Schulden noch nicht zu dramatisch sind.
Für mehr Diskussionsstoff sollte aber sorgen, dass der Haushaltserlass aus Freiburg massive Mängel in der Kämmerei, also der Finanzabteilung der Stadtverwaltung offenlegt. So liegen seit 2021 keine Jahresabschlüsse vor, obwohl die Fristen dafür teils seit Jahren abgelaufen sind. Es könnte bis Ende 2027 dauern, bis der Berg nicht gemachter Arbeit abgetragen ist, heißt es in dem Schreiben weiter. Dort setzt das Regierungspräsidium der Stadtkämmerei nun strenge Fristen.