Der Konstanzer Gemeinderat hat mit Ach und Krach einen Haushalt für die Jahre 2025 und 2026 beschlossen. Für die Bürger bedeutet der Haushalt vor allem, dass an einigen Stellen höhere Ausgaben auf sie zukommen, zum Beispiel beim Parken in weiteren Teilen des Stadtgebiets, bei der Tempo-Überwachung auf den Straßen oder beim Glücksspiel an Automaten. Grund- und Gewerbesteuer werden dagegen nicht erhöht. Die meisten Lasten tragen künftige Generationen: Die Verschuldung steigt geplant bis Ende 2026 auf geplant 109 Millionen Euro.
In den Haushaltsreden der Fraktionen wurde deutlich, dass dieser Haushalt niemanden richtig glücklich macht. Zugleich herrscht im Gemeinderat aber auch Erleichterung, dass der Plan nach mehrmonatiger Debatte nun tatsächlich steht. Dafür hatten Teile der Verwaltung bis in die Nacht vor der Sitzung hart gearbeitet. Die CDU hatte gefordert, die Abstimmung nochmals zu verschieben, weil die letzten Zahlen nur knapp vor der Sitzung feststanden. Dies scheiterte.
Der Haushalt selbst wurde mit nur 20 Ja-Stimmen bei acht Nein-Stimmen und elf Enthaltungen beschlossen. Freie Wähler und FDP stimmten mit Nein. FGL&Grüne (außer Dorothee Jacobs-Krahnen), SPD und Junges Forum sowie der Oberbürgermeister selbst votierten mit Ja. Markant war die geschlossene Enthaltung der CDU, der sich einige weitere Stadträte anschlossen. Hier die wichtigsten Punkte im Überblick.
Verärgerung über die Stadtspitze ist teilweise groß
In vielen Fraktionen herrscht Unmut darüber, dass die Verwaltungsspitze zunächst einen unfertigen Haushaltsplan vorlegte, nachdem die Stadt bis Ende 2026 Schulden von fast 140 Millionen Euro aufgetürmt hätte. Dass dann versucht wurde, das Sparen an die Fraktionen zu delegieren, nennt Niklas Becker (FGL&Grüne) „nicht geglückt“. Heike Rawitzer (CDU) spricht von „System- und Führungsversagen“ und einem „finanziellen, organisatorischen und kommunikativem Desaster“. Jürgen Ruff (SPD) sagt: „Schnell war klar, dass es so nicht gehen kann“.
Jürgen Faden (Freie Wähler) moniert, der Entwurf sei dem Rat „mit einer nie dagewesenen Verschuldungsorgie“ vorgelegt worden, und Moritz Schneider vom Jungen Forum nennt das Vorgehen eine „Odyssee“. Achim Schächtle (FDP) kritisiert eine „finanzielle Schieflage“, und Wolfgang Moßmann (Linke Liste) spricht von einem „Haushaltprozedere, das einige Fragen aufwirft“. So deutliche Kritik war im Ratssaal lange nicht zu hören. Oberbürgermeister Uli Burchardt hatte die Verwerfungen bereits bedauert und lobt nun: „Der Gemeinderat hat gezeigt, dass er bereit ist, schmerzhafte Entscheidungen zu treffen“.
Druck auf die Philharmonie bleibt hoch
Normen Küttner von FGL&Grünen betont zwar, seine Fraktion stehe „grundsätzlich zu den kulturellen Einrichtungen der Stadt“ – die Frage werde aber immer öfter gestellt, ob man sich die Philharmonie noch leisten könne. Für Roger Tscheulin (CDU) gibt es beim immer weiter steigenden Philharmonie-Defizit „keine Aussicht auf Besserung“, für jeden Besucher müsse die öffentliche Hand 100 Euro zuschießen. Auch Jürgen Faden (Freie Wähler) will beim Orchester „überlegen, ob man es komplett abschafft“. Aber auch alle anderen Kulturausgaben sollen auf den Prüfstand, so die Mehrheitsmeinung im Gemeinderat.
Die Sanierung des Stephansplatzes kommt – trotz Zweifel
Die knapp fünf Millionen Euro teure Sanierung des Stephansplatzes hat die letzte Hürde genommen – allerdings nur knapp mit 17 Nein-Stimmen aus dem bürgerlichen Lager. Oberbürgermeister Uli Burchardt betont, hier gehe es um Qualität in der Stadtentwicklung, und Baubürgermeister Karl Langensteiner-Schönborn verweist auf hohe Zuschüsse, die sonst verfallen würden.
Manfred Hensler (FDP) nennt die Ausgabe unverantwortlich, wenn zugleich Schul- und Kita-Vorhaben geschoben würden. Gisela Kusche (FGL&Grüne) dagegen verweist auf den Beitrag zum Klimaschutz, wenn mehr Grün auf den Platz kommt. Bei der SPD, das zeigt der Beitrag von Jan Welsch, ist der Rückhalt für das Projekt gering, denn es sei ein „schwieriges Symbol“ – jetzt auszusteigen, sei aber auch keine Option.
Investitionen fließen in Kindergärten, Schulen und Sportanlagen
Von den 56 Millionen Euro, die Konstanz bis Ende 2026 investieren will, fließt laut Oberbürgermeister Uli Burchardt der größte Anteil in die Sanierung und Erweiterung von Kindergärten, Schulen und Sportanlagen. So packt die Stadt jetzt die Grundschule Wollmatingen und den Schänzle-Sportplatz an. Auch der Bahnhofplatz ist im Investitionsprogramm. All das könne die Stadt nicht vom Girokonto bezahlen, solange Bund und Land von Flüchtlingsbetreuung bis Krankenhausbau viele Aufgaben an die Städte und Kreise abschöben, aber nicht das Geld dafür gäben.
Vom ehrgeizigen Klimaschutzkonzept hat sich die Stadt teilweise entfernt
Konstanz, das als erste Stadt in Deutschland den Klimanotstand ausgerufen hatte, wird erst in ferner Zukunft alle öffentlichen Gebäude auf eine Wärmeversorgung ohne Brennstoffe auf Kohlenstoffbasis (Öl und Gas) umgestellt haben. Das kritisiert Niklas Becker von FGL&Grünen, während Heike Rawitzer (CDU) fordert, Konstanz solle lieber einen „Finanznotstand ausrufen“. Jürgen Ruff (SPD) bemängelt eine „bittere und schmerzliche Abkehr von unserer Klimaschutzstrategie“. Bei den anderen Fraktionen kommt das Thema allenfalls am Rande vor.
Um das Thema Schulden tobt auch ein Glaubenskrieg
Welche Lasten hinterlässt der Gemeinderat mit seinem Beschluss künftigen Generationen? Auch das bleibt strittig. Niklas Becker (FGL&Grüne) meint, man dürfe „auch keinen unsichtbaren Schuldenberg in Form einer kaputtgesparten Infrastruktur“ hinterlassen, und Moritz Schneider (Junges Forum) warnt, wenn gute neue Ideen auf den Tisch kämen, dürfte sich der Gemeinderat „vom Haushaltsplan nicht fesseln lassen“. Er appelliert: „Lasst uns das Sparen doch nicht zum Selbstzweck ernennen“.
Ganz anders Heike Rawitzer (CDU): Der Rat versündige sich an dem Prinzip „Gib nur Geld aus, wenn du es hast, und nimm nur Schulden auf, wenn du weißt, dass und wann du sie zurückzahlen kannst.“ Auch Jürgen Faden (Freie Wähler) sagt: „Es kann so nicht weitergehen.“ Jürgen Ruff (SPD) nennt die Neuverschuldung „viel zu hoch“.
Ein wesentlicher Teil der Spardebatte wird der Öffentlichkeit entzogen
In drei großen Bereichen ist nun die Haushaltsstrukturkommission gefragt, in der alle Fraktionen vertreten sind. In den Bereichen Kultur, Zuschüsse und Standards wird dort diskutiert, was sich Konstanz künftig noch leisten kann – und zwar hinter verschlossenen Türen. Die Kommission tagt nicht-öffentlich. Zwar kann und darf sie keine Beschlüsse treffen, aber das Ziel ist es, besonders konfliktträchtige Themen dem Druck von Öffentlichkeit und Lobbygruppen zu entziehen. Dieses Vorgehen ist durch die Gemeindeordnung gedeckt, es gibt aber schon erste Kritik an mangelnder Transparenz.