Es zeigt Überlingen von seiner schönsten Seite. Ein Foto sorgt derzeit in der Stadt für Diskussionen. Die Aufnahme zeigt den Blick über eine grüne Wiese, der Bodensee breitet sich vor dem Betrachter aus, dahinter die Alpenkulisse. Dieses Foto verbreitet die „Bürgerinitiative Landschaftspark St. Leonhard“ (BI), um Unterschriften für ein Bürgerbegehren zu sammeln. Ihr Ziel ist es, diesen Blick zu bewahren und eine Bebauung zu verhindern.

Der Knackpunkt dabei: Die von der BI mit diesem Bild gezeigte Grünfläche ist für eine Bebauung gar nicht vorgesehen. Es fällt nicht in den Bereich, in dem der Gemeinderat per Beschluss Ende Mai ein Bebauungsplanverfahren startete. Vielmehr liegt das geplante Grundstück westlich von dem Ausschnitt, der auf dem Bild zu sehen ist.

Sie plädieren für eine Bebauung
Kurt Jehle und Gabriele Winter kennen die Örtlichkeit von vielen Spaziergängen im Bereich der Oberen St. Leonhardstraße. Sie kennen den von vielen Bürgern und Besuchern geliebte Blick auf Wiese, See und Alpen, denn das Ehepaar wohnte früher an der nahegelegenen Rauhhalde. Heute wohnen sie am Schättlisberg. Als Bürger, die um ihre Unterschrift für einen Bürgerentscheid gebeten wurden, fühlen sie sich dazu berufen, Position zu ergreifen. Und zwar pro Bebauung. Deshalb meldeten sie sich bei der Überlinger SÜDKURIER-Redaktion.
Die Deutungshoheit, so ihr Argument, wollen sie nicht alleine der BI überlassen. Jehle sagt: „Ich habe den Eindruck, dass viele Leute gar nicht wissen, worum es eigentlich geht.“ Er kenne Überlinger, die ihre Unterschrift für ein Bürgerbegehren unter einer falschen Annahme geleistet hätten. Entweder hätten sie gedacht, beim Stichwort „Rauenstein Ost“ gehe es um den Park bei Schloss Rauenstein, was nicht zutrifft. Oder sie hätten irrtümlicherweise angenommen, die komplette Wiese, so wie sie auf besagtem Foto zu sehen ist, werde bebaut. Dieses Foto gaukle falsche Tatsachen vor, so der Vorwurf gegen die BI.
Bestätigt fühlen sich Winter und Jehle von Debatten in einschlägigen Facebook-Foren. Sie argumentieren, dass es sich um ein städtisches Grundstück handle, wo noch am ehesten „bezahlbarer Wohnraum“ entstehen könne. Zudem gehen sie davon aus, dass Verwaltung und Gemeinderat nicht leichtfertig entscheiden.
Sie kämpft gegen eine Bebauung
Andrea Knorr ist Sprecherin der BI. Im Namen der BI antwortete Knorr schriftlich auf SÜDKURIER-Anfrage. Sie verweist auf Broschüren, auf ihre Internetseite, auf Diskussionsveranstaltungen und Informationsstände. Sie verteilten weit mehr als das besagte Foto. Auf einem jüngst ausgegebenen Flyer sei es ergänzt worden durch eine Fotomontage, die den westlichen Teil zeigt, auf dem die Bebauung vorgesehen ist.

„Beide Bilder sind zusammen zu sehen. Sie sind eine Gesamtheit in unterschiedlichen Perspektiven“, sagt sie. In ihren Augen „wäre der gesamte Landschaftspark durch die Bebauung massiv betroffen. Und es besteht die berechtigte Sorge, dass auch dieser Teil der Wiese über kurz oder lang bebaut würde. Wir sind überzeugt, dass man dem Vorhaben, den Landschaftspark zu bebauen, nur jetzt Einhalt gebieten kann.“
Zu dem Vorwurf, dass ihre Initiative Bürger in die Irre führten, sagt sie: „Wir sind überzeugt, dass jeder Bürger, der sich über dieses Thema informiert, auch mithilfe unseres Informationsmaterials, genau weiß, worum sich die Diskussion in Wirklichkeit dreht.“ Der Vorwurf, sie würden eine Bebauung auf besagter Fläche „suggerieren“, sei unberechtigt. „Wer so etwas behauptet, führt die Bevölkerung in die Irre.“
Stadt startet nun auch Info-Kampagne
Mit Verweis auf das eingeleitete Bürgerbegehren durch die BI startete nun auch die Stadtverwaltung ihrerseits eine Informationskampagne auf der städtischen Internetseite. Zu sehen sind diverse Planzeichnungen. Sie werden ergänzt um Gebäudehöhen – und um Blickachsen zwischen Wanderweg und Berggipfel.