Nach der Einlieferung von Ex-Trigema-Chef Wolfgang Grupp ins Krankenhaus und möglichen Schüssen in dessen Heimatgemeinde Burladingen herrscht weiter Rätselraten, was genau am Montagmorgen in der Stadt auf der Schwäbischen Alb passiert ist.

Zuerst war nur bekannt geworden, dass Grupp ins Krankenhaus gebracht wurde. Eine Unternehmenssprecherin teilte danach mit, dass es dem 83-Jährigen altersentsprechend gut gehe, Details nannte sie nicht. Später war in mehreren Medienberichten von einer Person mit Schussverletzungen im Umfeld des Bekleidungsherstellers die Rede.

Trigema Chef Wolfgang Grupp im Gespräch mit Südkurier Wirtschaftsredakteur Walther Rosenberger im Mai 2018
Trigema Chef Wolfgang Grupp im Gespräch mit Südkurier Wirtschaftsredakteur Walther Rosenberger im Mai 2018 | Bild: Tesche, Sabine

Besorgnis in Burladingen

Was mitten auf der Schwäbischen Alb passiert sein soll, wird auch am Bodensee registriert. Überall im Land hat das 1919 gegründete Unternehmen in den letzten Jahrzehnten Outlet-Center aufgemacht, etwa in Allensbach am Bodensee. „Ich habe von der Sache aus der Zeitung erfahren“, sagt eine Angestellte des Trigema-Outlets. An ihrer Arbeit ändere sich zurzeit noch nichts. Kontakt zu Kollegen in Burladingen habe es nicht gegeben: „Das ist zu weit weg von uns“, sagt sie.

Die Trigema-Filiale in Allensbach.
Die Trigema-Filiale in Allensbach. | Bild: Marvin Nagel

Ein ähnliches Bild zeigt sich in Burladingen selbst. Die Südwestpresse zitiert Einwohner des 12.000-Einwohner-Städtchens, auch sie „wüssten nichts Genaues“ und wollten gleichzeitig „keinen Gerüchten Vorschub leisten“. Spürbar sei aber die große Besorgnis über die Gesundheit des langjährigen Trigema-Chefs gewesen, so das Blatt weiter. Ihre Namen wollten die Befragten auch in Burladingen nicht nennen.

Unternehmen äußert sich nicht

Das Unternehmen selbst äußert sich zu den Vorgängen überhaupt nicht – zumindest nicht konkret. Wer Details, etwa zum Gesundheitszustand Wolfgang Grupps wissen will, wird schriftlich vertröstet. „Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass wir zu gegebener Zeit wieder informieren“, teilte eine Unternehmenssprecherin dem SÜDKURIER am Dienstag mit und wiederholte damit Aussagen vom Vortag.

Das Vorgehen ist für den Familienbetrieb von der Alb, der aufgrund seines umtriebigen Alt-Chefs nationale Bekanntheit genießt, ungewöhnlich. Denn normalerweise ist Trigema mit seinen 1200 Mitarbeitern für seine Transparenz bekannt. Das liegt an Wolfgang Grupp selbst, der sowohl in Zeitungen, aber auch im Fernsehen oft über die Lage der Wirtschaft und über das Unternehmertum in Deutschland spricht. Presseanfragen werden nicht selten direkt von Führungskräften, teilweise auch von der Unternehmensleitung selbst beantwortet. Ein hemdsärmeliger Stil, der heute in der Firmenlandschaft Seltenheitswert hat. Nun allerdings geht man auf Tauchstation.

Nur wenig konkreter wird der Betriebsrat des Mittelständlers. „Auch wir wissen nichts Genaues“, sagt Trigema-Betriebsratschef Karl-Josef Schoser dem SÜDKURIER. Im Unternehmen sei alles ruhig und laufe normal. Die Mitarbeiterinnen seien bei der Arbeit, wie jeden Tag. Unruhe herrsche nicht. „Uns wurde gesagt, es gab einen Unfall“, mehr wissen man nicht, sagte Schoser.

Polizei dementiert Unfall

Diese Aussage steht indes im Widerspruch zur offiziellen Darstellung der Polizei. Ein Sprecher des zuständigen Polizeipräsidiums in Reutlingen sagte dem SÜDKURIER am Dienstagvormittag: „Es war kein Unfall.“ Kurz vor 5 Uhr habe es am Montagmorgen einen Einsatz in einem Privathaus in Burladingen aufgrund einer verletzten Person gegeben, so der Sprecher weiter. Die Person sei mit einem Hubschrauber in die Klinik gebracht worden. Hinweise auf eine Beteiligung Dritter oder eine Straftat lägen nicht vor, die Ermittlungen der Kriminalpolizei seien damit abgeschlossen. Die Schwere der Verletzungen und die Frage, ob er den Einsatz einer Schusswaffe bestätigen oder dementieren könne, kommentierte der Sprecher nicht.

Zur Frage, ob es am Montagmorgen Schüsse gegeben habe, will sich auch Schoser, der seit 2023 Betriebsratschef bei dem Textilhersteller ist, nicht äußern. Wenn dem so wäre, müssten sie außerhalb des Betriebs gefallen sein. „Mit Sicherheit nicht auf dem Werksgelände“, sagte er.

Anwesen der Familie liegt in Firmennähe

Die Zentrale des Unternehmens, mit Verwaltung und Näherei, liegt am südlichen Rand Burladingens, auf einem mehrere Fußballfelder großen Grundstück, an dessen Rand auch ein Hubschrauberlandeplatz eingerichtet ist. Dieser dient der Geschäftsleitung unter anderem dazu, den überall im Land verteilten Direktverkaufsläden des Herstellers Besuche abzustatten. Nördlich des Fabrik-Komplexes liegt das ebenso große Anwesen der Familie Grupp, in dem, eingebettet in einen parkähnlichen Garten mit Schwimmbecken, auch die Villa der Familie Grupp liegt. Getrennt werden Fabrik und Villa durch die Bundesstraße 33, die die Ortschaft von Ost nach West durchschneidet.

Im Burladinger Trigema-Werk hatte erst am Samstag ein Tag der offenen Tür stattgefunden, bei dem Interessierte durch den Betrieb geführt wurden. Auch Wolfgang Grupp selbst war vor Ort. In seinem Büro empfing er die Besucher und stand für Fotos und Gespräche parat.

Das war nicht der einzige Auftritt des Unternehmers in letzter Zeit. In einem am 1. Juli erschienenen Video-Podcast von „Focus Online“ hatte Grupp über Alter, Glück und Verantwortung gesprochen. „Ich bin 83, habe alles verschenkt an meine Frau und Kinder. Jetzt kann man nur noch auf das Ende warten“, sagte er dort. Emotional wurde er bei der Frage, was ihn erfülle. „Wenn ich einen Mitarbeiter am Sonntagabend anrufe und er sagt: ‚Herr Grupp, ich komme‘ – dieses Glück zu haben, das ist doch schön“, sagte er.