Sosehr jetzt die Freude über eine ab Ende 2027 elektrisch betriebene Hochrheinbahn in der Region überwiegt, gibt es doch einen Wermutstropfen: Es werden keine neuen, sondern gebrauchte Züge darauf fahren – zumindest in den ersten Jahren nach 2027, wenn das Riesenprojekt beendet sein soll. Darauf weist jetzt der Verkehrsclub Deutschland (VCD) Südbaden hin, in dessen Vorstand auch Hans Saurer aus Waldshut sitzt.

Es werden „beigestellte neuwertige Fahrzeuge des Typs Siemens Mireo“ sein. So heißt es im Text der aktuellen Ausschreibung für den Betrieb der Hochrheinstrecke ab Ende 2027, deren Ausgang noch immer unbekannt ist. „Neuwertig“ also, das heißt nicht neu. Saurer zufolge seien sie aktuell noch im Bereich Stuttgart eingesetzt.

Wo diese aktuell fahren, nennt eine Sprecherin des Landesverkehrsministeriums nicht. Sie bestätigt aber Saurers Befund und schreibt: „Um ab dem vorgesehenen Inbetriebnahme-Zeitpunkt im Dezember 2027 einen elektrischen Betrieb am Hochrhein sicherzustellen, werden dem künftigen Betreiber für einen Übergangszeitraum von fünf Jahren elektrische Triebwagen aus dem Bestand der SFBW beigestellt.“ Damit ist die Landesanstalt Schienenfahrzeuge Baden-Württemberg gemeint. Die Fahrzeuge seien zum genannten Zeitpunkt der Inbetriebnahme tatsächlich nicht mehr neu, aber maximal lediglich drei Jahre alt, heißt es.

„Fabrikneu“ erst ab 2032

„Fabrikneu auf dem Hochrhein verkehren“ werden die Züge laut Ministerium dann erst ab Ende 2032. Beschafft seien diese vom Land noch nicht, das entsprechende Ausschreibungsverfahren der SFBW laufe aber bereits. Bis es durch ist, werden also wirklich Second-Hand-Triebwagen auf der Hochrheinbahn fahren. Daher ist die Laufzeit der aktuellen Ausschreibung eben auch nur auf fünf Jahre begrenzt.

In Saurers Augen ist das ein Ärgernis. Er sagt: „Seit Jahrzehnten werden auf der Hochrheinbahn gebrauchte Triebwagen eingesetzt und nun sollen nach der Elektrifizierung weiterhin Fahrzeuge eingesetzt werden, die anderswo aussortiert wurden.“ Zusammengefasst: Erst mehr als ein Jahr Schienenersatzverkehr erdulden und dann auch noch mit Zügen aus zweiter Hand abgespeist.

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Ein zweiter Grund für die kurze Laufzeit sei, sagt Saurer, dass mehrere weitere Bahnlinien, deren Vertrag teilweise in fünf Jahren ausläuft, gebündelt neu ausgeschrieben werden sollen. „Das würde bedeuten, dass die Wahrscheinlichkeit, dass die Schweizerischen Bundesbahnen SBB in absehbarer Zeit den Hochrhein bedienen, kleiner wird. Die SBB müssten ja dann das ganze Paket übernehmen“, argumentiert Saurer. Ob das tatsächlich ein Hindernisgrund für die Schweizer darstellt, ist aber unklar.

Wenn es so wäre, wäre das für Saurer – und in seinen Augen für alle Nutzerinnen und Nutzer der Hochrheinbahn – zu bedauern: „Denn die SBB wären der ideale Partner für den Schienenverkehr am Hochrhein. Der VCD hofft, dass sich der Landkreis doch noch zugunsten der SBB einsetzt.“

Noch fahren auf der Hochrheinbahn Dieseltriebwagen vom Typ 644 und 641, wie hier am Bahnhof Waldshut.
Noch fahren auf der Hochrheinbahn Dieseltriebwagen vom Typ 644 und 641, wie hier am Bahnhof Waldshut. | Bild: Hans Christof Wagner

„Drei Jahre auf Abstellgleisen“

Auch in der Vergangenheit, so der VCD-Vertreter, seien auf der Hochrheinbahn Gebraucht-Züge eingesetzt worden – dieselgetriebene. Saurer nennt die auf der Strecke fahrenden Triebwagen vom Typ 644 (Talent). Bevor diese in der Region im Einsatz kamen, was 2016 der Fall war, hätten sie „drei Jahre auf Abstellgleisen“ gestanden. „Entsprechend holprig“ sei der Start gewesen, mit klemmenden Türen, Rauchentwicklung, Feuer und streikenden Klimaanlagen. Auch für den zwischen Basel und Lauchringen noch verkehrenden Triebwagen vom Typ 641, dem „Wal“, gibt es laut Saurer „eine lange Liste von Ausfällen und Störungen.“ Was die regionale Berichterstattung widerspiegelt. So titelte diese Zeitung am 11. Dezember 2018: „Bis zu 67 Zugausfälle in einem Monat: Verbesserungsbedarf auf der Hochrheinbahn ist gewaltig.“

Wobei sich die 67 Fälle dabei sämtlich auf IRE-Züge, also auf Triebwagen vom Typ VT 611 und 612 bezogen, die mit ihrer Neigetechnik hohes Tempo ermöglichen, aber auch aufgrund der extrem hohen und damit nicht barrierefreien Ein- und Ausstiege massiv in der Kritik stehen. Und auch sie seien nicht neu an den Hochrhein gelangt, sondern anderswo bereits zuerst herumgefahren, behauptet Saurer.