Sie sind nicht mehr die Jüngsten. Aber die jüngsten Rettungsschwimmer, die seit Anfang Mai im Strandbad Friedrichshafen im Dienst sind. Dirk Kreidenweiß ist 56, Felix Schiedner und Klaus Weyermann bereits 61 Jahre alt. Alle drei Häfler hatten unabhängig voneinander die gleiche Idee: Bei der Stadt als Rettungsschwimmer anzuheuern, um den Personalnotstand in den Freibädern abzumildern. Im Sommer 2024 öffneten die drei Strand- und Freibäder deshalb erst drei Wochen später als gewohnt und die Öffnungszeiten mussten eingeschränkt werden.
Große Hilfe fürs Strandbad-Team
Dass die drei neuen Saisonkräfte tatsächlich eine große Hilfe sind, bestätigt Theo Schlegel. „Jetzt können wir täglich um 9 Uhr aufmachen. Sonst hätten wir bei 11 Uhr bleiben müssen“, sagt der Betriebsleiter des Strandbads. Ganz ohne Dienstleister geht es trotzdem nicht. An heißen Tagen braucht er nachmittags drei Rettungsschwimmer – zwei im Dauereinsatz am Steg, einen auf der Liegewiese. Er selbst halte dann am Eingang die Stellung, um bei Problemen sofort parat zu stehen.

Die drei Neuen am Strandbad-Steg waren kurioserweise im selben Rettungsschwimmer-Kurs der DLRG in Friedrichshafen, um ihre Lizenz zu erneuern – auch hier mit Abstand die Ältesten. Und stellten fest, dass sie die gleiche Motivation umtreibt.
Minijob statt Ruhestand
Klaus Weyermann und Felix Schiedner könnten eigentlich ihren Ruhestand genießen. Jetzt sind sie Minijobber. „Fürs Geld machen wir das nicht“, sagen sie lachend. Beide Fischbacher haben bei ZF gearbeitet. Dr. Felix Schiedner ist seit März in in der passiven Phase der Altersteilzeit, der Diplom-Ingenieur Klaus Weyermann seit Dezember.
Nichts mehr tun ist für beide aber nichts. „Ich wollte was Sinnvolles machen. Alles, nur keinen Schreibtischjob“, sagt Klaus Weyermann, den die Personalnot in den Bädern ins Grübeln brachte. Für ihn ist heute das Ende des langen Strandbad-Stegs mit dem See und den Bergen direkt vor der Nase „der schönste Arbeitsplatz, den es gibt“.

Felix Schiedner hat noch in Erinnerung, wie im letzten Sommer Badegäste kopfschüttelnd am Fischbacher Frei- und Seebad wegliefen, weil es trotz bestem Wetter geschlossen war. „Da muss ich was tun“, war nicht nur seine Schlussfolgerung, sondern auch die von Dirk Kreidenweiß. Er kommt aus der Messebranche. Der frühere Projektleiter der „Interboot“ bei der Messe Friedrichshafen hat auch die „Tuningworld Bodensee“ mit aus der Taufe gehoben und jahrelang betreut. Seit Juni 2022 ist er selbstständig als Berater tätig.
Rettungsschwimmer und Geschäftsführer
Als er am 1. Mai als Saisonkraft bei den Bäderbetrieben angefangen hat, war allerdings schon klar, dass er ab 1. Juli designierter Geschäftsführer des Verbands der Automobil Tuner (VDAT) wird. Ein beruflicher Spagat, bei dem der 56-Jährige eher die positiven Aspekte hervorhebt. „Ich sehe das als guten Ausgleich zum Bürojob, das ist eine ganz andere Belastung. Im Bad bin ich viel an den Randzeiten und am Wochenende im Einsatz“, sagt er. Als Dauerzustand sei das aber nicht denkbar.
Denn so einfach, wie sich mancher den Job als Rettungsschwimmer oder „Bademeister“ vorstellt, ist er nicht. Morgens geht es um 7 Uhr los, „da bist du nur am Rennen“, zollt Dirk Kreidenweiß dem Team Respekt. Steg und Badeflöße putzen, Mülleimer leeren, Pflanzen wässern, Kinderbecken säubern, Schirme aufspannen, Strandgut wegschaffen: Bis 9 Uhr die ersten Gäste kommen, soll das Bad sauber und einladend sein. Und die „Bademeister“ sind das erste Mal durchgeschwitzt.
Erste Rettungsaktion geglückt
Was dann an Tagen wie im Juni mit bis zu 4000 Gästen am Steg los sei, habe er unterschätzt, gesteht der 56-Jährige. „Viele Leute sprechen einen an, wollen Auskunft oder einfach nur reden“, sagt er. Dann alles im Blick zu behalten, sei gar nicht so einfach.
Seine Feuertaufe als Rettungsschwimmer im Einsatz hat Dirk Kreidenweiß bereits hinter sich. Vor gut zwei Wochen musste er einen jungen Mann, der zwischen Steg und Floß wie ein Stein versank, retten. Glücklicherweise kam dieser am Steg wieder zu sich. „Wie er bewusstlos da am Seegrund lag, das hat mich zwei Tage verfolgt“, gesteht er.
Fast jedes Wochenende kritische Situationen
„Die Rettung beginnt eigentlich schon auf dem Steg“, meint Felix Schiedner. Gefühlt können weniger Menschen gut schwimmen. Gefährlich wird es, wenn sie dann doch ins tiefe Wasser gehen oder meinen, es irgendwie bis zum Badefloß zu schaffen. „Sie überschätzen sich und unterschätzen die Gefahr. Der Bodensee ist ein Freigewässer mit Wellen, Wasserpflanzen und Strömung“, sagt er.
Ein Grund, warum es an fast jedem Wochenende zu mindestens einer kritischen Situation komme, bei der es Rettungsschwimmer braucht. Trotz der Haltebojen, die das Strandbad-Team auf halber Strecke zu den Flößen verankert hat. Übrigens: Einen Vollzeit-Rettungsschwimmer könnten die städtischen Bäderbetriebe noch brauchen – fürs Wellenbad in Ailingen.