Die Maskenaffäre um Nicolas Löbel belastet den Wahlkampf der CDU im Südwesten. Nun will der Mannheimer bis zum August sein Mandat niederlegen. Reicht das? Und wie will die CDU solch ein Handeln künftig verhindern? Kann man das überhaupt verhindern?

Wir alle, politische Verantwortungsträger parteiübergreifend von der Bundesregierung bis in die Kommunen tun rund um die Uhr alles, um unser Land gut durch die Krise zu bringen und Menschen zu schützen. Wer als Volksvertreter versucht, in dieser Krise für sich persönlich Geld zu verdienen, muss das Parlament unverzüglich verlassen. Jeder Abgeordnete, der sich an und in der Krise bereichert, beschädigt das höchste Gut in der Demokratie: Vertrauen.

Die Umfragen zur Landtagswahl verheißen für die CDU in Baden-Württemberg nichts Gutes. Sind Sie darauf vorbereitet, am Abend des 14. März als neuer CDU-Bundesvorsitzender mit gesenktem Kopf vor die Kameras zu treten?

Ich würde immer empfehlen, bis zur Auszählung zu warten. Ich habe meine eigenen Umfrage-Erfahrungen gemacht. Damals hieß es, ich hätte keine Chance gegen Hannelore Kraft. Man muss bei seiner Idee bleiben, weiterkämpfen. Wir haben dann in mit der FDP gewonnen. Am 14. März um 18 Uhr ist noch genug Zeit, sich Gedanken darüber zu machen, wie man mit dem Wahlergebnis umgeht.

Da Sie diese Erfahrung gemacht haben: Was ist Ihr Rat an Susanne Eisenmann?

Sie braucht keine Ratschläge von mir, erst recht nicht öffentlich. Die CDU hat in den letzten fünf Jahren gute Arbeit in der Landesregierung gemacht. Irgendwann wird die Zeit der Pandemie vorbei sein, in der vor allem Regierungschefs glänzen. Für die Zukunft Baden-Württembergs hat die CDU die besseren Konzepte und mit Levin Eisenmann auch tolle junge Kandidaten einer neuen Generation.

Die Schwierigkeiten der CDU im Land haben eine lange Vorgeschichte. Die Partei hatte einmal die absolute Mehrheit, vor zehn Jahren rutschte sie unter die 40-Prozent-Marke, jetzt liegt sie in Umfragen bei 25 Prozent. Was machen Ihre Parteifreunde im Südwesten falsch?

Das wollen Sie von mir nicht ernsthaft beantwortet haben.

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Wie analysieren Sie die Situation?

Ehrlicherweise muss man sagen, dass die Landtagswahlen in Baden-Württemberg zum dritten Mal in Folge in einer historischen Ausnahmesituation stattfinden. Die Erste, 2011, war wenige Tage nach Fukushima. Die Zweite fand 2016 auf dem Höhepunkt der Flüchtlingskrise statt. Jetzt ist die Pandemie das Thema, das alles andere überlagert. Nichtsdestotrotz muss jede Landespartei für sich suchen, wo sie besser werden kann.

Die baden-württembergische CDU hat selbst die Kraft, die Schlüsse zu ziehen und sich aufzustellen. Und sie zeigt ja auch, dass sie das kann – sie gewinnt, wie zuletzt in Stuttgart, auch wieder Oberbürgermeisterwahlen. Wenn Person und Programm gut zusammenpassen, dann kann man auch Wahlen gewinnen.

Was das im Umkehrschluss über Susanne Eisenmann aussagt, wollen wir mal beiseite lassen. Wenn es für die CDU-Spitzenkandidatin schiefgeht, laufen Sie als Bundesparteichef Gefahr, in Mithaftung genommen zu werden.

Ich glaube, dass auf die Idee nun wirklich keiner kommt. Ich bin erst 40 Tage als Vorsitzender im Amt. Da bin ich auch mit Markus Söder einig: Diese Landtagswahlen stehen für sich. Das gilt übrigens auch, wenn jemand gewinnt. Da käme ich auch nicht auf die Idee zu sagen, dass das mein Erfolg sei.

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Ein guter Start ins Superwahljahr würde Ihnen aber schon mehr Rückenwind für die Kanzlerkandidatur verleihen.

Die Kanzlerkandidatur wird völlig unabhängig davon entschieden. Da wird die CDU einen guten Vorschlag machen und mit der CSU abstimmen.

Wann entscheidet die Union über die Kanzlerkandidatur?

Wolfgang Schäuble hat ja gesagt, zwischen Ostern und Pfingsten, er spricht gern in liturgischen Daten. In diesen 50 Tagen werden wir entscheiden, es gibt aber wirklich noch kein Datum. Ich bereite jetzt für die CDU vor, mit welchen Themen wir in den Wahlkampf gehen. Es wird ein gemeinsames Programm von CDU und CSU geben, nicht einen eigenen „Bayern-Plan“ der CSU wie letztes Mal.

Täuscht der Eindruck, dass die Zeit für Söder arbeitet und nicht für Sie? Er hat gute und stabile Umfragewerte.

Umfragewerte werden diese Frage nicht entscheiden.

Aber doch an Siegeschancen, oder sehen wir das falsch?

An Siegeschancen, exakt. Der, der die besten Chancen hat, zu gewinnen und der die besten Aussichten hat, eine Koalition für eine unionsgeführte Bundesregierung zu bilden. Das ist nicht der, der in einem bestimmten Moment die besten Umfragewerte hat. Ich habe allein in den letzten sechs Wochen bei meinen Kollegen eine Menge Schwankungen gesehen – das geht ganz schnell bei Umfragen, das ist ein Fließsand.

Auch wenn wir jetzt so ein bisschen nerven und pieken...

Tun Sie.

Sie lachen trotzdem zwischendurch. Wann werden Sie denn mal richtig böse? Sie gucken immer so nett.

Ja, man kann nett gucken und trotzdem entschieden seine Ziele verfolgen und seine Ideen umsetzen. Ich glaube nicht, dass es eine Qualifikation ist, böse zu gucken.

Was bringt Sie denn so richtig auf die Palme?

Wenn Sie mal manche Energiedebatte mit den Grünen im Landtag von Nordrhein-Westfalen verfolgen würden, könnten Sie sehen, was mich auf die Palme bringt. In einem Land, das 50 Jahre von der SPD regiert wurde, werden Sie übrigens auch nicht Ministerpräsident, wenn Sie nur nett sind. Es gibt ein altes römisches Wort „Fortiter in re, suaviter in modo“. Das heißt auf Deutsch etwa „Hart in der Sache, freundlich im Ton“. Was es heißt, wenn einer aggressiv die Gesellschaft spaltet, haben wir in den USA erlebt. Das mag zwar mal eine Zeit lang erfolgreich sein, aber am Ende hinterlässt es Schäden.

Das Interview mit Armin Laschet (unten) wurde online geführt. Mit dabei waren (oben, von links) stellvertretender Chefredakteur Günter ...
Das Interview mit Armin Laschet (unten) wurde online geführt. Mit dabei waren (oben, von links) stellvertretender Chefredakteur Günter Ackermann und Angelika Wohlfrom vom SÜDKURIER, sowie Hero Warrings, Leiter der CDU-Pressestelle, (Mitte von links) Chefredakteur Stefan Lutz, Politikchef Dieter Löffler und der Konstanzer CDU-Landtagskandidat Levin Eisenmann, der mit Laschet zuvor einen Online-Wahlkampftermin hatte. | Bild: Screenshot: Günter Ackermann

Beim Coronagipfel vergangenen Mittwoch sind aber offenbar die Fetzen geflogen. CSU-Chef Markus Söder soll nicht nur Finanzminister Olaf Scholz angeraunzt haben, sondern auch Sie. Ist das der richtige Umgang?

Ich will nicht über eine interne Sitzung reden. Was die nötige Ruhe und Disziplin angeht, ist die Bundeskanzlerin ein Musterbeispiel, die selbst in den angespanntesten Momenten die Fassung behält – was sicher auch in anstrengenden Gesprächen mit Trump oder Putin entscheidend ist.

Ist die Kanzlerin da ein Vorbild für Sie?

Ich bin nicht ganz so gestrickt, ich kann schon mal engagierter werden. Das wurde mir nach einer Talkshow auch schon vorgeworfen, als ich mit einigen Virologen gestritten hatte. So könne einer nicht reagieren, der Bundeskanzler werden wolle, hieß es danach. Wobei man sagen muss: Angela Merkel hat in 16 Jahren das Bild einer Bundeskanzlerin geprägt. Schröder, Kohl oder Schmidt waren jetzt nicht Prototypen dieser Gelassenheit.

Also, ein Kanzler muss nicht immer Angela Merkels Ruhe haben, aber ich habe bei ihr gelernt, dass diese Ruhe extrem überzeugend ist, weil sie von purer Sachlichkeit getragen ist. Ich habe übrigens auch die Erfahrung gemacht: In konfliktreichen Verhandlungen hilft manchmal eine scherzhafte Bemerkung, um Aggression rauszunehmen. Das ist dann eher die rheinische Adenauersche Verhandlungstaktik.

Sie haben in der Coronakrise relativ früh auf Lockerungen gedrungen. War das rückblickend ein Fehler?

Nein, im Gegenteil. Wir sind inzwischen wieder an dem Punkt angelangt. Ich wollte auch nicht Lockerungen um jeden Preis, sondern dass wir erkennen: Indem wir alles schließen, richten wir auch Schäden an. Wenn Kinder für Monate nicht in der Schule sind, hat das für ihre persönliche Prägung Folgen. Die kann man in Kauf nehmen, aber man muss es mindestens benennen und abwägen. Wir beginnen jetzt, etwas einfallsreicher zu sein als nur alles zu schließen.

Das heißt, die anderen sind bei Ihnen angekommen.

So würde ich es nicht formulieren, aber ich bin froh, dass einige Argumente nun auch von anderen so gesehen werden.

Trotzdem läuft in Deutschland nach einem Jahr Pandemie noch einiges schief, zum Beispiel beim Impfen. Warum versagt Deutschland so beim Impfen?

Das sind starke Worte – Deutschland versagt. Wenn man die Hospitalisierung und die Todeszahlen anschaut, ist Deutschland noch relativ gut durch die Krise gekommen. Es gibt Länder, die schneller sind beim Impfen und trotzdem mehr Todesfälle haben. Man muss das Gesamtbild sehen. Aber ich würde mir wünschen, dass wir mehr Tempo machen beim Impfen. Es gibt da so eine deutsche Gründlichkeit, dass die allerletzte Frage beantwortet sein muss, ehe man mal etwas entscheidet. Auch in den Verwaltungen müssen wir viel besser und schneller werden. Das müssen wir nach der Krise analysieren: Was da nicht optimal gelaufen ist.

In Baden-Württemberg kam es im ersten Lockdown zu Grenzschließungen. In Ihrem Bundesland blieb die Grenze zu den Niederlanden offen. Was bringen Grenzschließungen Ihrer Erfahrung nach überhaupt?

Gar nichts. Die Vorstellung, ein weltweites Virus durch eine Grenzschließung zu stoppen, bei einem Binnenmarkt mit Warenverkehr, der quer durch Europa geht, ist absurd. Es war die alte, nationalstaatliche Klappe: Krise – Grenze zu. Das war Unsinn! Wir haben in Nordrhein-Westfalen eine grenzüberschreitende Taskforce gegründet, wo unsere Gesundheitsbehörden mit den Niederländern dreimal die Woche zusammensaßen. Wir wussten exakt, was dort passiert, und haben gemeinsam das Virus bekämpft.

Es mag Sondersituationen geben, wie im Moment an der tschechischen Grenze, wo die Inzidenz bei über 1000 ist und viele Pendler da sind. Aber auch dort hilft die pure Schließung der Grenze auf Dauer nicht weiter.

Im Sommer 2020 besuchte Levin Eisenmann Armin Laschet in Hagnau, wo Familie Laschet seit 40 Jahren Urlaub macht.
Im Sommer 2020 besuchte Levin Eisenmann Armin Laschet in Hagnau, wo Familie Laschet seit 40 Jahren Urlaub macht. | Bild: privat

Sie verbringen seit vielen Jahren Ihren Urlaub am Bodensee. Wird man Sie im Sommer wieder in Hagnau sehen?

Ich werde wieder am Bodensee sein, wie seit 40 Jahren. Da gibt es eine wunderbare Pension am See, ich gucke auf das Schweizer Ufer. Schon meine Schwiegereltern haben dort Urlaub gemacht. Als ich meine Frau kennenlernte, durfte ich zum ersten Mal mit. Später sind wir auch in Italien oder sonst im Ausland im Urlaub gewesen, aber eine oder zwei Wochen Bodensee waren immer mit dabei. Da traf sich dann die ganze Großfamilie.

Inzwischen fahre ich nur noch dorthin, weil ich dort die meiste Ruhe habe. Es ist schön, ich kenn mich aus, und wenn ich dann doch mal dienstlich zurück muss, geht das auch schneller als von den Kapverdischen Inseln. Übrigens liegt in meiner Pension jeden Morgen der SÜDKURIER aus.