Walter Eyermann war von 1971 bis 1984 Stadtrat und verstarb kürzlich im Alter von 94 Jahren. Im Namen des Gemeinderats und der Stadtverwaltung veröffentlichte die Stadt Konstanz einen Nachruf. So weit, so alltäglich. Denn „es ist Usus, dass die Stadt Konstanz für alle verstorbenen Mitglieder des Gemeinderates einen Nachruf fertigt“, teilt Walter Rügert, Pressesprecher im Rathaus, mit. Nur war Eyermann kein gewöhnlicher Stadtrat.

Was machte Walter Eyermann zu einer besonderen Figur?

Er war Mitglied der rechtsextremen NPD und spielte eine unrühmliche Rolle während der Studentenproteste der 60er- und frühen 70er-Jahre. Diese erreichten einen traurigen Tiefpunkt, als im Sommer 1970 der 17-jährige Lehrling Martin Katschker auf dem Blätzleplatz mit einem Bolzenschussgerät getötet wurde. Für den Tod wird Eyermann von der Linken Liste Konstanz (LLK) mitverantwortlich gemacht. Vom von Oberbürgermeister Uli Burchardt für die Stadt Konstanz verfassten Nachruf distanziert sie sich.

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Warum genau distanziert sich die Linke Liste?

Rückblick: NPD-Stadtrat Eyermann verwahrte sich – wie viele Konstanzer damals – gegen die Aktivitäten junger Menschen. Im Juli 1970 ging er so weit, die Einrichtung einer Bürgerwehr zu planen, um nach einem Pop-Konzert im Konzil die Stadt künftig von den vermeintlichen „Gammlern“ freizuhalten. Die Tötung Katschkers sei daher „eng mit dem Namen Eyermann verbunden“, schreibt die LLK in einer Mitteilung. Da er auch „noch lange nach 1945 aktiv nationalsozialistische Einstellungen vertreten hat“, bestehe „keine Veranlassung, um den Verstorbenen zu trauern“.

Wie sehen andere aktive Stadträte den Nachruf in ihrem Namen?

Ähnlich äußert sich SPD-Stadträtin Zahide Sarikas in einem offenen Brief an OB Burchardt. Sie habe „mit Verwunderung und Bestürzung“ den Nachruf gelesen. Man müsse die Trauer der Familie respektieren, doch habe die Stadtverwaltung darüber vergessen, dass „die hetzerische Rhetorik des NPD-Stadtrats Debatten vergiftet und zum Mordanschlag auf einen jungen Azubi mitten in Konstanz beigetragen hat“.

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Sarikas distanziert sich daher vom Nachruf, „zumal unter Verweis auf die Stadtmedaille in Silber“, die Eyermann einst verliehen worden war.

Was sagt die Stadtverwaltung über die Veröffentlichung des Nachrufs?

Laut Walter Rügert waren die „NPD-Mitgliedschaft und zahlreiche öffentlichen Äußerungen“ bei der Stadtverwaltung bekannt. Diese sei aber „an den Gleichheitsgrundsatz und das Neutralitätsgebot gebunden“. Dies bedeute: Für alle verstorbenen Gemeinderäte werde ein Nachruf veröffentlicht. Im Falle Eyermanns habe man sich mit den zuständigen Stellen im Staatsministerium und im Landtag kurzgeschlossen, beide hätten das Vorgehen der Stadt als richtig beurteilt.

Rügert ergänzt, dass beim Inhalt „bewusst nur auf die reinen Fakten eingegangen“ wurde. Hierzu gehöre auch die silberne Stadtmedaille. „Auf sonst übliche Formulierungen wie ‚Dank und Anerkennung für das große Engagement für das Wirken für die Stadt‘ wurde dagegen verzichtet.“