Anfang der Woche sah es noch so aus, als hätten sich die Wogen etwas geglättet zwischen der Konstanzer Stadtverwaltung und der Bürgervereinigung Allmannsdorf-Staad (BAS). Denn Baubürgermeister Karl Langensteiner-Schönborn stellte das Konzept für die erweiterte Bürgerbeteiligung zum Neubauprojekt Jungerhalde-West vor.
Die Pläne zur Bebauung dieses Ackers am Ortsende von Allmannsdorf waren von der BAS in den vergangenen Monaten immer wieder scharf kritisiert worden. Die Bürgervereinigung fürchtete unter anderem, der Neubau werde zu groß und zerstöre das Ortsbild am Hockgraben.
Einigung schien greifbar nah zu sein
Die Fronten zwischen BAS und Stadt schienen lange verhärtet. Doch dann sammelte die BAS über 400 Unterschriften für eine erweiterte Bürgerbeteiligung, die vom Gemeinderat genehmigt wurde. Und die Verwaltung setzt sie nun um, wie Langensteiner-Schönborn vergangene Woche betonte.
Die Stadt sei auf die Wünsche der BAS eingegangen und biete nun allen Bürgern die Gelegenheit, sich aktiv in die Planung des Projekts Jungerhalde-West einzubringen. Jeder könne seine Ideen zum Projekt entweder persönlich im Rathaus abgeben oder auf einer „digitalen Pinnwand“ hinterlassen, die auf der Internetseite der Stadt eingerichtet wurde.
Vorgesehen ist eine achtwöchige Findungsphase, in der alle Ideen gesammelt werden. Die Ergebnisse sollen anschließend einem Preisgericht präsentiert werden, das den besten Entwurf auswählt. Am Samstag, 24. Juli, findet ein Online-Workshop statt, für den sich interessierte Bürger bis zum 22. Juli anmelden können, unter konstanz.de/workshop-jungerhalde.
Doch die Bürgervereinigung ist nicht zufrieden
Heißt das also in Bezug auf den Konflikt um die Jungerhalde-West: Ende gut, alles gut? Weit gefehlt. Kurz nachdem die Pläne der Stadtverwaltung publik wurden, meldete sich der BAS-Vorsitzende Sven Martin beim SÜDKURIER. Es habe keinerlei Einigung zwischen Stadt und BAS gegeben, betonte er.
Einige Tage später, vor Ort in Allmannsdorf, erklärt Martin, was ihm an der, von der Stadt initiierten Bürgerbeteiligung stört: „Die von der Stadt geplante Bürgerbeteiligung entspricht weder von den Zielen noch vom Ablauf den Erwartungen der BAS und auch nicht den Leitlinien für die Bürgerbeteiligung der Stufe 3.“ Deshalb befürchteten er und die anderen BAS-Mitglieder eine „Alibi-Beteiligung“, so Martin weiter.
Zum einen sei der zeitliche Ablauf „extrem gedrängt“ und erlaube daher keinen „echten Bürgerdialog“. Zum anderen könnten die Bürger nur noch beim „Wie“ des Jungerhalde-Projekts mitreden – also seiner Ausgestaltung. Nicht aber beim „Ob“ und „Wo“, betont der BAS-Vorsitzende. Was er damit meint? Zuerst müsse geklärt werden, ob das Jungerhalde-Projekt überhaupt realisiert werden soll.
„Wieso reichen die bisher ausgewiesenen Gebiete nicht aus?“, fragt Martin. Es gebe einige Gebiete wie Hafner oder Döbele, die seit Langem in der Planung seien und nicht realisiert würden. Darüber – also über das „Ob“ – müssten die Bürger ebenfalls mit entscheiden können, findet der BAS-Vorsitzende. Erst dann könne es um das „Wo“ gehen, also darum, an welchem Ort der Neubau realisiert werden soll.
Dass aus Sicht Martins und der BAS die Jungerhalde nicht unbedingt der ideale Ort ist, wird im Gespräch einmal mehr deutlich. Es müsse zuerst analysiert und diskutiert werden, welche geeigneten Flächen es gebe, so Martin. Sowie die Frage geklärt werden: „Wie sieht die städtebauliche Vorstellung der Verwaltung einer weiteren Entwicklung der Ortsteile Allmannsdorf, Staad und Egg aus?“
Doch trotz aller Kritik erklärt Martin im Gespräch auch, dass die BAS es akzeptieren würde, wenn die Bürger sich am Ende für das von der Stadt vorgegebene „Ob“ und „Wo“ entscheiden würden. Es gehe ihnen einfach darum, „dass der Ortsteil selbst die Möglichkeit hat, seine Zukunft mitzugestalten“, betont Martin.
Und er sei der festen Überzeugung, dass bessere Ergebnisse erzielt werden, wenn die „lokale Kompetenz“ der Bürger bei solchen Projekten mit einbezogen werde.
Die Kritiker planen jetzt eine eigene Versammlung
Aber das könne die von der Verwaltung angestoßene Bürgerbeteiligung nicht leisten, ist die BAS überzeugt. Und zwar nicht nur was den Inhalt – also das „Ob“, „Wo“ und „Wie“ – anbelangt, sondern auch die Form. „Wir wollen eine Präsenzveranstaltung“, betont der BAS-Vorsitzende Martin.
In den vergangenen Monaten hätten sie mit den durchgeführten Online-Bürgerinformationsveranstaltungen der Stadtverwaltung zur Jungerhalde-West „desaströse“ Erfahrungen gemacht. Unter anderem sei vielen nicht-internetaffinen Bürgern so der Zugang verwehrt worden, viele Fragen seien nicht berücksichtigt worden und eine konstruktive Diskussion sei nicht zustande gekommen.

Aus all diesen Gründen werde die BAS nicht an der von der Stadt initiierten Bürgerbeteiligung teilnehmen, so Martin. Es stehe aber natürlich jedem Bürger frei, sich als Einzelperson daran zu beteiligen. „Wir planen eine eigene Präsenz-Bürgerversammlung in der Woche nach den Ferien, Mitte September, um über alle drei Fragen zu sprechen.“ Also über das „Ob“, „Wo“ und „Wie“.
Dazu werde man auch Vertreter der Stadt einladen, um über die Planungen zu sprechen. „Dies ist mit der Stadt vorbesprochen und wird von der Stadt unterstützt“, erklärt Martin. Bei Bedarf werde die BAS auch noch weitere Bürgerversammlungen durchführen, „um den Prozess konstruktiv zu begleiten“, betont der BAS-Vorsitzende.