Ulrike Keitel löst ihr Ticket gerne am Automaten, sie bevorzugt den analogen Erwerb ihrer Fahrkarte von Konstanz nach Singen. „Ich muss aber nicht täglich fahren, nur etwa einmal pro Woche“, räumt sie ein. Sonst würde sie sich auch auf eine App-Lösung einlassen. So, als Gelegenheitsbahnnutzerin, ist ihr der analoge Weg immer noch lieber, auch bei längeren Fahrten.

Viele, vermutlich die meisten regelmäßigen Kunden der Bahn, aber haben deren App, den DB-Navigator, auf ihrem Smartphone und wickeln damit den Kauf von Fahrkarten und den nötigen Informationsgewinn zu Strecken und Abfahrtszeiten ab. Für den Verkehrsverbund Hegau-Bodensee (VHB) brauchten sie bisher wiederum ein anderes Dokument, etwa eine Abo-Karte. Seit Jahren warten Bahnkunden darauf, dass Tickets für den Verkehrsverbund Hegau-Bodensee auch über die App der DB erhältlich sind und im DB-Navigator abgespeichert werden können.
Jetzt hat es der VHB nach einem langwierigen Prozess geschafft: Verbundfahrkarten können seit dem 24. Juni über die App der Deutschen Bahn erworben werden, worüber der VHB in einer Pressemitteilung informiert. Das gelte auch für das VHB-Monats-Ticket und das Schüler-Monats-Ticket.
Die Integration der VHB-Angebote in den Vertriebsprozess der Bahn sei wohl nicht ganz einfach gewesen, sagt Sebastian Fürthaler, beim VHB zuständig für die Einnahmeaufteilung. Er habe den Prozess aber nicht begleitet. „Für den VHB ist das Ziel, so weit wie möglich in den digitalen Vertrieb zu gehen“, sagt Fürthaler. Der Vorteil für den Verkehrsverbund: Die Kunden verwalten ihre Daten über die App selbst.
Der Plan steht schon länger fest
Der Bundestagsabgeordnete und Bahnexperte Matthias Gastel (Grüne) erinnert sich an die Vorgeschichte. In einer Antwort auf einen Brief Gastels schreibt VHB-Geschäftsführer Ralf Bendl, dass bereits im Dezember 2023 seitens des VHB beschlossen wurde, die DB-Navigator-App für die VHB-Tickets einzuführen. Die Umsetzung sei dann aber von DB Vertrieb nicht mit besonderer Intensität vorangetrieben worden.
Gastel betont, dass er persönlich sehr froh sei, dass nun auch Reisende im Raum Konstanz ihre Tickets bequem über die DB-App kaufen könnten. „Der öffentliche Nahverkehr braucht möglichst niedrige Zugangsbarrieren, auch im Ticketing.“
Ralf Bendl, Geschäftsführer des VHB, kann die lange Dauer des Prozesses erklären: Der DB-Navigator müsse deutschlandweit fehlerfrei arbeiten, schreibt er auf Anfrage des SÜDKURIER, es sei sehr komplex, die Daten eines einzelnen Verkehrsverbunds hinzuzufügen. Daher seien an die Programmierung und die elektronische Kontrolle hohe Anforderungen zu stellen. „Die Programmierung der VHB-Tarife erfolgt durch Fremdfirmen.“ Aufgetretene Unstimmigkeiten seien sofort getestet und bereinigt worden. „In Summe hat all das leider sehr lange gedauert“, so Bendl.
Unterschiedliches Nutzerverhalten
Am Bahnsteig in Konstanz-Petershausen warten mehrere Fahrgäste auf den Seehas der SBB in Richtung Singen. Zum DB-Navigator und der Integration der VHB-Tarife haben sie unterschiedliche Meinungen. Anna Klos etwa kann darauf grundsätzlich verzichten. Sie habe den DB-Navigator vor zwei bis drei Jahren genutzt, sei aber nicht zufrieden gewesen mit der Informationsaufbereitung. „Jetzt nutze ich Google-Maps für meine Zugstrecken“, sagt sie. Über diese komme man auch auf das DB-Portal und könne so Fahrkarten lösen. „Allerdings fahre ich nicht so oft mit dem Zug“, sagt sie.

Nathalie Loritz hat von der Neuerung noch gar nichts erfahren. Sie fahre von Konstanz nach Hegne, für diese Strecke, die sie regelmäßig pendelt, nutzt sie das Deutschland-Ticket. Selbst ist sie also nicht auf die Integration der VHB-Fahrkarten in die DB-App angewiesen. „Aber es wäre eine Verbesserung, wenn Freunde mich besuchen“, sagt sie. Bislang sei es furchtbar kompliziert gewesen, für diese eine eigene Fahrkarte zu organisieren, damit sie die kurze Strecke etwa von Radolfzell nach Konstanz nicht teuer mit DB-Tarifen, etwa dem Baden-Württemberg-Ticket, bezahlen müssten. „Deshalb begrüße ich die Änderung natürlich“, sagt sie.