Es steht viel auf dem Spiel. Auf der Höri brechen in der Gastronomie die Einkünfte bis zu 80 Prozent ein. Vor der Verschärfung der Verordnungen zeigten Herbergen einen Rückgang an Buchungen von 60 Prozent für den Saisonstart. Nun dürfen Hotelbetriebe keine touristischen Gäste mehr aufnehmen, ausgenommen sind Geschäfts- und Dienstreisende. Bistros und Kneipen sind geschlossen. Und die Speiselokale haben spezielle Auflagen. Wie gehen Hoteliers und Gastronomen mit der Pandemie um. Und vor welchen Herausforderungen sind sie gestellt? In einer Umfrage fängt der SÜDKURIER die Lage ein.
Am Dienstag bewirtete Karl Amann vom Hotel Hirschen in Horn noch 42 Hotelgäste. In seinem gastronomischen Betrieb mit 180 Sitzplätzen ließ er jeden zweiten Tisch frei um den Abstand seiner Gäste von 1,5 Metern zu gewährleisten. Am Wochenende zuvor war der Hirschen gut besucht. Nun schließt er sein Hotel. Das Boarding-House bleibt jedoch für Geschäftsreisende geöffnet. Als erstes habe der Gastronom an seine 92 Mitarbeiter zu denken. Vor ein paar Tagen meldete er Kurzarbeit an. Angestellte feiern ihren Urlaub ab sowie sämtliche Überstunden. „Wir haben sehr gute Mitarbeiter und möchten sie auch alle halten“, so Amann. Deshalb denke er zuerst an sie, damit sie finanziell über die Runden kommen.
Die Bürger brauchen jetzt den Staat
Das Wichtigste sei, dass die Mitarbeiter gut durch die Zeit kommen, so Amann. Sie waren für den Betrieb da, nun wolle er auch für seine Mitarbeiter da sein. Kündigungen werden keine ausgesprochen, bekräftigt Karl Amann. Wie der Staat habe auch er einen Nottopf, den er öffnen wolle für Mitarbeiter in Notsituationen. Der Gastronom vermutet, dass Staatshilfen sehr lange Zeit benötigen, bis sie ihre Zielorte erreichen – wenn sie überhaupt kommen würden. Jetzt müsse der Staat nach den Bürgern schauen, jetzt brauchen sie ihren Staat, so Amann. Bei fehlenden Umsätzen sei staatliche Unterstützung notwendig. Auch solle die Flut an Antragsformulare eingedämmt werden. Eines fällt dem Gastronom auf: Keiner habe eine Aggression wie früher. „Wenn das ganze rum ist, so werde die Welt eine andere sein“, sagt Amann.
Siegfried Schaffer ist Geschäftsführer und Eigentümer des Hemmenhofener Hotel Höri. Er hatte im Restaurant zehn Tische herausgenommen und die zweite Restaurant-Räumlichkeit, die Fischerstube, für die Bewirtung seiner Hausgäste hinzugenommen. Schaffer bewirtete bis zur Verschärfung der Richtlinien nur noch seine Hotelgäste. Am Donnerstag verabschiedete er die beiden letzten Gäste. Im Sekundentakt kommen Neuerungen über die digitalen Medien in sein Haus. Doch das sei auch ein riesiges Problem, weil er gar nicht wisse, ob Neuerungen wirklich da seien oder nicht. Recherchen nach für ihn wichtigen Informationen gestalten sich schwer. Die aktuelle Lage erhalte der Hotelier über den Landesverband.

„Die meisten wollen ihr Personal nicht reduzieren“, sagt Schaffer: Denn wenn es gut gehe und die Hauptsaison komme, dann stünde Gastronomie und Hotellerie ohne Mitarbeiter da. Er versuche mit allen Mittel seine Mitarbeiter zu halten. Doch das Wort „Kurzarbeit“ sei für alle Gastronomen wie für ihn ein Fremdwort. Er kenne keinen Gastronomen, der einen Antrag je ausgefüllt hatte und er hoffe, dass seine Unwissenheit nicht als Strafe ausgelegt werde. „Wir hängen mit allem was passiert komplett in der Luft“, so Schaffer. Das einzig gewisse sei die Stornierungsquote für den März von über 60 Prozent in der Hotellerie und in der Gastronomie von 80 Prozent. Nun ist das Hotel geschlossen. Die Saison sei gelaufen, so Schaffer. Er könne nur noch Schadensbegrenzung machen: „Die Politik ist aufgefordert uns nicht nur mit Steuerstundung zu helfen, sondern auch mit sieben statt 19 Prozent an Mehrwertsteuer. Dann sterben nicht 60 sondern nur 20 Prozent im Gewerbe.“
Markus Buenacosa-Gietl bewirtschaftet in Wangen den gastronomischen Betrieb Seestuben, der auch unter dem Namen Buena Cosa firmiert. Die Seestube sei immer gut besucht, sagt der Wirt: Doch was auf ihn zukomme sei unvorstellbar. An dem Betrieb hängen saisonal bis zu 30 Mitarbeiter sowie eine große Familie. Das Lokal hält rund 200 Sitzplätze auf der Terrasse sowie weitere 80 Plätze im Restaurant bereit. Vor seiner Haustüre fahren von April bis Oktober 300.000 Fahrradfahrer vorbei.
Arbeitsverträge können nicht eingehalten werden
Der Wirt macht auf die Größenordnung des Tourismus aufmerksam: Allein vom Hinterland würden rund zwölf Millionen Touristen die Höri streifen. Der Gastronom hat Kapazitäten um täglich 600 Besucher bewirten zu können. Im letzten Quartal schuf er eigens ein neues Areal für die Selbstbedienung im Wert von 70.000 Euro. „Und dann kommt so ein Corona-Virus und der zwingt mich in die Knie“, erläutert der Wirt: „Wir reden von einem Verlust von rund 500.000 Euro“. Das sei der Betrag, den man dafür brauche, um den Betrieb am Funktionieren zu halten – und zwar ohne Gehälter.
Buenacosa-Gietl hat Arbeitsverträge mit Mitarbeitern aus der Türkei und Ukraine geschlossen und arbeitet mit Studenten. Aktuell habe er mehr als 20 Verträge am Laufen, die er eigentlich nicht einhalten könne. Ebenso könnten Mitarbeiter ihre Verträge nicht mit ihm einhalten, da sie durch den Einreisestopp nicht einreisen können. Ohne Mitarbeiter kein Umsatz. Und ohne Umsatz keine Deckung der Kosten, fasst der Gastronom zusammen.
Alle Vorauszahlungen an das Finanzamt storniert
Die Kosten verursachen hauptsächlich die Steuerabgaben. Die Finanzbehörde verdiene an der Unternehmung rund 50 Prozent. Wenn die nicht für meinen Betrieb sorgen können, dann könne er auch nicht für deren Steuern sorgen. Er habe alle Vorauszahlungen an das Finanzamt storniert.