Der Apfel ist das Lieblingsobst und der Apfelsaft der liebste Saft der Deutschen. Rund fünf Liter Apfelsaft und 3,6 Liter Apfelschorle trank laut dem Verbund der deutschen Fruchtsaftindustrie jeder Deutsche im Jahr 2024. Im Hegau entstehen sehr viel mehr Liter davon, denn rund um den Bodensee wachsen nicht nur besonders viele Äpfel – es gibt auch viele Streuobstwiesen. Und darauf setzt etwa die Hegauer Süßmostkelterei Wilhelm Auer GmbH & Co. KG in Mühlhausen-Ehingen. Andreas Bohnenstengel, der Enkel von Gründer Wilhelm Auer, führt mit seiner Frau Carola den Betrieb in dritter Generationen.
Woher kommt das Obst?
Streuobstwiesen mit ihren hochstämmigen Obstbäumen und ihrem Artenreichtum prägen laut dem Naturschutzzentrum BUND westlicher Hegau die Kulturlandschaft des Hegaus. Ziel der Naturschutzverbände ist es, diese Wiesen zu pflegen und zu bewirtschaften und damit zu erhalten.
Dazu tragen die Keltereien bei, die das Obst zu Saft verarbeiten. Dabei gibt es in der Region kleinere Keltereien, wie die in Tengen-Beuren, wo Gartenbesitzer ihr Obst zu Saft verarbeiten können oder größere, wie die Kelterei Weinmann in Steißlingen, die Stahringer Streuobstmosterei oder die Süßmostkelterei Auer, die den Saft auch für den Verkauf produzieren.
Die Kelterei Auer stellt 28 Sorten an Säften, Schorle und Obstwein her. Der Saft aus Äpfel und Birnen von Streuobstwiesen aus dem Umkreis von 40 bis 50 Kilometern stehe im Mittelpunkt ihrer Produkte, erklärt das Ehepaar Bohnenstengel. Er ist auch Teil vieler gemischter Säfte und Schorle, wie Apfel-Orangen-Saft und Apfel-Kirsch-Saft. „Wir schauen immer, wo wir unseren Apfelsaft mit hineinkriegen können“, erklärt Andreas Bohnenstengel. So sei es auch zu den Eisteesorten Apfel-Zitrone und Apfel-Pfirsich gekommen.

„Wo es machbar ist, verwenden wir wegen des besseren Geschmacks Direktsaft“, sagt der Kelterei-Inhaber. Der Traubensaft komme aus Frankreich, der Orangensaft aus Spanien. Auch die Sorten Johannisbeere und Sauerkirsch würden aus Direktsaft hergestellt. Einzig die exotischen Säfte Banane und Maracuja würden aus Konzentrat gemacht. Bei allen Säften würde die Kelterei auf die Herkunft achten.
Wie wird aus einem Apfel denn Saft?
Die Äpfel und Birnen werden im Herbst von den Streuobstwiesen aus der Region angeliefert. Nach einer Sichtkontrolle, wo sie auf Schadstellen kontrolliert werden, würden sie gewaschen, gemahlen und gepresst. Dann wird der Saft kurz erhitzt, wieder abgekühlt und schließlich steril als naturtrüber Apfelsaft kühl eingelagert, berichtet Bohnenstengel. In den riesigen Tanks im Keller der Kelterei könne der Saft bis zu acht Monaten gelagert und dann in gleichbleibender Qualität abgefüllt werden.

Die Möglichkeit der Lagerung sorge dafür, dass der Saft nach Bedarf frisch abgefüllt werden kann, und mache die Kelterei ein Stück weit unabhängiger von den großen Mengen-Schwankungen, die es je nach Ernte gibt. Die Anlieferungsmenge bei den Äpfeln betrage zwischen 400 und 1500 Tonnen, die der Birnen zwischen 100 und 200 Tonnen, erklärt Andreas Bohnenstengel.
Obst gegen Saft: So funktioniert das
Die Kelterei habe viele treue Anlieferer, die schon seit Generationen ihr Obst abgeben und damit die Streuobstwiesen erhalten. Der Preis für Streubobst lag bei der Kelterei zuletzt bei rund 23 Euro für 100 Kilo Äpfel. Der Preisunterschied von heimischem Streuobst, das sich oft nur zum Mosten eignet, zu dem zum Verzehr gezüchteten Tafelobst im Supermarkt ist groß: rund 1,40 Euro kostet dort das Kilo Äpfel.
Der Liter naturtrüber oder klarer Apfelsaft von Auer kostet in der Glasmehrwegflasche regulär 1,50 Euro. Viele geben aber auch ihr Obst ab und bekommen nach dem Lohnmostverfahren ein Saftkontingent gutgeschrieben, das beim Kauf von Getränken verrechnet wird. Dabei erhalten sie zum Beispiel für 100 Kilo Äpfel bis zu 70 Liter gutgeschrieben. Auch kleine Mengen nimmt die Kelterei an.

Die Inhaber freuen sich, wenn Familien ihre Ausbeute vorbeibringen und Kinder und Jugendliche so lernen, wo die Lebensmittel herkommen. Gleichzeitig sehen sie mit Sorge, wenn Streuobstwiesen Neubaugebieten weichen müssen oder Besitzer ihre Wiesen aus Altersgründen nicht mehr bewirtschaften können.
Die fertigen Säfte werden von vielen Kunden selbst abgeholt, gehen aber auch an Getränkehändler im Umkreis von rund 60 Kilometern. Immer wieder kämen auch Touristen, die den Saft zum Beispiel in der mittelalterlichen Klosterstadt Campus Galli getrunken hätten und eine Kiste als Mitbringsel in die Heimat mitnehmen wollten, berichtet Carola Bohnenstengel: „Das freut uns natürlich.“
Was macht einen guten Apfelsaft aus?
Streuobst, aus dem der Apfelsaft bei der Kelterei Auer gewonnen wird, zeichne sich durch eine größere Sortenvielfalt und intensivere Aromen aus und sei im Gegensatz zum Tafelobst ein reines Naturprodukt, erklärt Carola Bohnenstengel. Die Verarbeitung zur richtigen Reifezeit und frisch nach der Ernte und Anlieferung trage zusätzlich zum Geschmack bei. Der naturtrübe Saft ist aufgrund der Schwebstoffe, die er noch enthält, im Geschmack etwas intensiver als der gefilterte, klare Apfelsaft.
„Es ist die richtige Balance zwischen Süße und Säure, die einen guten Apfelsaft ausmacht“, sagt Andreas Bohnenstengel. Auch dass der Saft in Glasflaschen verkauft werde, trage zum guten Geschmack bei, weil Glas ein fester Werkstoff sei, der keine Stoffe abgibt oder aufnimmt.
Dass die Balance und der Geschmack stimmt, bestätigen seit 1959 viele DLG-Prämierungen (Deutsche Landwirtschafts-Gesellschaft) in Gold für die Süßmostkelterei Auer. Die Kelterei erhielt bereits zum elften Mal den Bundesehrenpreis der DLG, im vergangenen Jahr sogar in Gold für das beste Gesamtergebnis ihrer Produkte. Dabei wurden alle 21 zur Prüfung eingereichten Säfte prämiert, 16 Säfte sogar mit Gold. Bei dieser Prüfung werden laut DLG die Produkte auf ihre Inhaltsstoffe im Labor analysiert und die Qualität nach Geschmack, Geruch, Aussehen oder Konsistenz bewertet.
Das sind die Trends und Tipps zum Sommer
Regionalität und natürliche Produkte seien den Konsumenten ihrer Erfahrung nach wichtig, erklären die Kelterei-Inhaber. „Die Verbraucher wollen wissen, wo ihr Produkt herkommt“, sagt Andreas Bohnenstengel. Der Saft, den die Kelterei am meisten verkaufe, ist der naturtrübe Apfelsaft, von dem sie rund 150.000 Liter im Jahr absetzen, gefolgt vom Apfelschorle mit rund 150.000 Halbliterflaschen. Vielleicht trinken die Menschen im Umkreis der Saftproduzenten ja mehr als fünf Liter Apfelsaft und 3,6 Liter Apfelschorle pro Jahr.