Seit dem Jubiläumsjahr 2024 gibt es eine eigene Reichenau-App, die vor allem über die Klostergeschichte informiert. Doch nun gibt es für die Insel auch noch die Zeigmal-App. „Mit der App können Einheimische und Gäste die Insel auf eigene Faust und im eigenen Tempo erkunden“, sagt Carolin Deggelmann, die Geschäftsführerin des Eigenbetriebs Kultur, Marketing, Tourismus.

„Für uns ist die interaktive Zeigmal-App die ideale Ergänzung zu unserem analogen Führungsangebot. Mit der App werden kulturelles Erbe, historische Bauten und die landschaftliche Vielfalt noch greifbarer, sie bietet eine moderne Orientierungshilfe.“ Man könne die App überall und jederzeit nutzen und dabei auch jeweils nur ein paar wenige Inhalte anschauen.

Es gibt Bilder, kurze Texte, gesprochene Audios und auch Augmented Reality (AR), wo historische Aufnahmen in aktuelle Fotos integriert sind, damit Nutzer sehen können, wie es dort früher einmal ausgesehen hat.

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So werde zum Beispiel die historische Gaststätte Kaiserpfalz an der Stelle, an der heute die Sparkasse steht, gezeigt. An der Ergat erscheinen die früheren Ansichten der Gasthäuser Bären und Adler. Beim Blick die Burgstraße hinunter kann man eine historische Prozession sehen und die alte Klosterbibliothek (heute Wohnhaus) aus dem frühen 17. Jahrhundert.

Insgesamt sei die App vielfältig, sowohl inhaltlich als auch in der Nutzung. Im Angebot seien zwei Rundgänge. Der größere führe um die ganze Insel herum, so Magdalena Seitz vom Team der Tourist-Information, die das Projekt betreut hat. Es gehe entlang des Uferwegs mit Abstechern nach Mittelzell mit Münster, Museum und Klostergärten und auf die Hochwart.

App informiert über Sehenswertes per Push-Nachricht

Dabei führe die App nicht nur zu Sehenswürdigkeiten, sondern informiere auch über vieles andere aus der jüngeren Geschichte bis heute. Beim großen Rundgang gehe es neben den drei romanischen Kirchen aus der Klosterzeit zum Beispiel um die Burgruine Schopflen, um Wein- und Gemüsebau, Schloss Königsegg, die Markusstatue und die Heilig-Geist-Kirche. Der kleinere Rundgang heißt „Zeitreise in Mittelzell“ und bietet einen Teil des großen.

Die App könne auch so programmiert werden, dass man automatisch eine Push-Nachricht erhält, wenn es etwas Sehenswertes und Interessantes an der Stelle gibt, wo man sich gerade befindet. Zudem könne man auch selbst Sehenswertes zusammenstellen – oder sich von einem Entdeckermodus führen lassen. Und es gebe auch Verlinkungen, die einem anzeigen, wann die nächsten klassischen Führungen stattfinden, für die man dann auch gleich die Teilnahme buchen könne, so Seitz.

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Deggelmann sagt, es gebe viele spannende Dinge in der App, die vielleicht selbst Einheimische nicht wüssten. Die gesprochene Beiträge in der App stammen von den Inselführern Ingrid Günther und Uwe Anker. Letzterer erzählt zum Beispiel über das frühere Gefängnis des Klosters. Der kleine Raum sei in einem der heute fürs Seniorenzentrum genutzten Gebäude, ein Gitter vor dem Fenster erinnere an die frühere Nutzung.

Wobei Anker es erstaunlich findet, dass es zur Klosterzeit ein Gefängnis gab, denn: „Das Mittelalter kannte keine Gefängnisse, höchstens Kerker.“ Die üblichen Bestrafungen von Verurteilten waren Hinrichtung, Verbannung oder körperliche Misshandlungen, aber nicht Haft. Andererseits weiß Anker auch, dass bis in die 1980er-Jahre der Dorfpolizist das alte Gefängnis als Ausnüchterungszelle genutzt hat.

Hier, in einem heute vom Seniorenzentrum genutzten Gebäude, war das Gefängnis.
Hier, in einem heute vom Seniorenzentrum genutzten Gebäude, war das Gefängnis. | Bild: Zoch, Thomas

Anker berichtet zudem, dass das Welterbe auch heute noch gelebt werde – an den Inselfeiertagen und durch Benediktiner-Mönche, die es seit 2004 wieder auf der Reichenau gibt. Welterbe zum Anfassen gebe es bei deren Stundengebeten, die Interessenten besuchen können. Dabei sei auch immer der Hund von Inselseelsorger Pater Stephan Vorwerk, so Anker schmunzelnd: „Das ist der einzige Hund in Deutschland, der alle Psalmen auswendig kann.“

„Ich wusste nicht, wie vielschichtig diese Insel ist“

Ingrid Günther berichtet in einem Beitrag über die Beziehung zwischen Reichenauern und Allensbachern. Und an anderer Stelle über das Geheimnis der Besiedlung der Insel. Sie werde von Gästen manchmal gefragt, ob alle Reichenauer vom Klostergründer Pirmin und seinen damals (724) 40 Mönchen abstammen. Natürlich nicht.

Es gab zur Klosterzeit Handwerker und Bauern, die fürs Kloster arbeiteten. Und als es kaum noch Mönche gab, blieb deren Weinbau erhalten, weil Rebleute von außerhalb kamen. Es gibt in der Zeigmal-App aber auch aktuelle Informationen, zum Beispiel über das Bewässerungssystem der Gemüsegenossenschaft, das aus 60.000 Metern Leitungen und 1100 Zapfstellen besteht.

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Entwickelt wurde die Zeigmal-App von den Startup-Unternehmern Till Reitlinger und Elias Greve. Letzterer sagt zum Reichenauer Projekt: „Für uns war es unglaublich spannend, die vielen Facetten der Reichenau zu entdecken. Ich wusste nicht, wie vielschichtig diese Insel ist. Die Ergebnisse in Form von Audios und Archivfotos sind wirklich gelungen.“

Greve und Reitlinger haben die Zeigmal-App schon für etliche Orte in der Region gestaltet. Ein Vorteil sei, so Deggelmann, dass man die App nur einmal herunterladen müsse und dann alle Orte erkunden könne. Wer sie schon hat, kann darin nun automatisch auch die Insel Reichenau auswählen.