Wer jetzt im Wald unterwegs ist, hat die Chance, viele Pilze zu finden. Im Sommer wachsen in unserer Gegend neben Sommersteinpilzen und Pfifferlingen unter anderem Perlpilze, Parasole, Täublinge, Hexen- und Filzröhrlinge. Und nach so viel Regen wie in den vergangenen Wochen sprießen diese nur so aus dem Boden. Doch Vorsicht ist geboten: Auch der sehr giftige Knollenblätterpilz, den es in verschiedenen Formen gibt, hat Saison. Wer sichergehen will, nur essbare Pilze zu verarbeiten, wendet sich am besten an einen Pilzsachverständigen wie Heidrun Häußler aus Bodman-Ludwigshafen. Sie verrät Tipps und Tricks.

Gibt es ganzjährig Pilze?

Ja, bestätigt die Expertin. Die Vielfalt sei im Herbst am größten, der zweitbeste Zeitraum sei der Sommer, dann kämen Frühling und Winter. Winterpilze wachsen hier an Totholz oder Baumstämmen. Im Frühling findet man hauptsächlich Morcheln und Maipilze, im Sommer Sommersteinpilze, Pfifferlinge, Perlpilze, Parasole, Täublinge, Hexen- und Filzröhrlinge und im Herbst alle anderen.

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Zum Knollenblätterpilz erklärt sie: „Er hat immer die gleiche Giftmenge, egal wie groß er ist.“ Im Osterholz gebe es derzeit große Mengen des besonders giftigen Grünen Knollenblätterpilzes. Verwandt seien der Kegelförmige, Frühlings- und Gelbe Knollenblätterpilz. „Man sagt, dass der Verzehr eines Grüner Knollenblätterpilzes einen Menschen töten kann“, warnt Heidrun Häußler.

Pilze vorm Verzehr anschauen lassen

Es sei unumgänglich, die Ernte vor dem Verzehr einem Pilzsachverständigen zu zeigen. „Die Experten werden immer vorsichtiger, denn die Menschen haben immer mehr Allergien. Ich habe mich angepasst. Bis vor Kurzem habe ich gesagt: ‚Den kannst du essen.‘ Jetzt formuliere ich es so: ‚Ich bestimme den Pilz. Ob du ihn essen kannst und verträgst, weiß ich nicht.‘ Der Verzehr erfolgt immer auf eigene Verantwortung.“

Die Expertin rät, keine alten und keine ganz jungen Pilze zu sammeln. Die Alten könnten bereits verdorben sein, Schimmel- und Wurmbefall zeigen, während die jungen schlechter zu bestimmen seien, weil sich manche typische Merkmale erst später entwickelten.

Neben den Sommersteinpilzen wachsen aktuell auch diverse andere Sorten – auch giftige. Deshalb ist es ratsam, die Ernte vor dem Verzehr ...
Neben den Sommersteinpilzen wachsen aktuell auch diverse andere Sorten – auch giftige. Deshalb ist es ratsam, die Ernte vor dem Verzehr einem Pilzsachverständigen zu zeigen. | Bild: Claudia Ladwig

Das körbeweise Sammeln von Speisepilzen sei verboten. Ein Kilogramm pro Person und Tag sei die Obergrenze, so Häußler. Der Zoll verhänge gegebenenfalls eine Strafe, ein Jäger dürfe die Pilzsammler kontrollieren. Sie ergänzt: „Auf Privatgelände und in Naturschutzgebieten darf man keine Pilze sammeln. Auch an sehr alten Bäumen darf man keine Pilze ernten.“

Wie lagert und verarbeitet man Pilze am besten?

Beim Lagern und Verarbeiten spielt vor allem bei hohen Temperaturen der Zeitfaktor eine entscheidende Rolle. Nach der Ernte sollte der Sammler die Pilze sofort im Wald putzen und die abgeschnittenen Teile auf den Boden werfen. Heidrun Häußler sagt: „Insekten und andere Kleintiere fressen die gerne, viele leben davon.“

Die gesäuberten Pilze müssen sofort gekühlt werden – bestenfalls hat man eine Kühlbox mit Küchenkrepp oder Geschirrtüchern dabei, in die die Pilze eingewickelt werden, damit sie nicht schwitzen und etwaige Feuchtigkeit aufgesogen wird. „Pilze dürfen gerade bei heißen Temperaturen nicht länger als eine Stunde ungekühlt bleiben.“

Eine Faustregel für die Lagerung

Zu Hause verarbeitet man sie direkt oder legt sie – in trockene Tücher gewickelt – in den Kühlschrank. Häußler hat eine Faustregel: „Je härter der Pilz, desto länger kann er aufbewahrt werden.“ Ein fester, geputzter Steinpilz könne etwa drei Tage im Kühlschrank gelagert werden, wobei das Tuch täglich zu wechseln sei.

Dieser Pilz zeigt einen Schimmelbefall. Er darf keinesfalls verzehrt werden.
Dieser Pilz zeigt einen Schimmelbefall. Er darf keinesfalls verzehrt werden. | Bild: Claudia Ladwig

Die Fachfrau sagt: „Steinpilze kann man roh essen, aber besser ist es, sie kurz in der Pfanne mit etwas Butter oder Öl zu erhitzen, um mögliche Keime auf der Oberfläche abzutöten. Man darf sie höchstens eine Minute garen, sonst werden sie matschig.“ Bleibt etwas übrig, muss der Rest sofort wieder in den Kühlschrank und kann innerhalb eines Tages einmalig aufgewärmt werden.

Kann man Pilze selbst trocknen?

Wer seine Speisepilze länger konservieren möchte, kann sie im Sommer an einem warmen Ort gut belüftet im Schatten trocknen. Über Nacht dürften die Pilze jedoch nicht draußen liegen, sonst kommt wieder Feuchtigkeit dran. Sicherer gelingt das Trocknen im Dörrapparat.

So geht Heidrun Häußler vor: „Ich lege die Pilze in drei Millimeter dicke Scheiben geschnitten für mindestens acht Stunden bei maximal 40 Grad hinein. Die trockenen Scheiben müssen rascheln. Anschließend mixe ich sie durch und gebe eventuell Salz und Pfeffer hinzu.“

Die Steinpilze weisen deutliche Spuren der Sonneneinstrahlung auf: Die Hüte sind aufgeplatzt. Beim Aufschneiden wird klar: Nur die ...
Die Steinpilze weisen deutliche Spuren der Sonneneinstrahlung auf: Die Hüte sind aufgeplatzt. Beim Aufschneiden wird klar: Nur die kleinen weißen Exemplare können unbesorgt zubereitet werden, die übrigen zeigen Wurm- oder Schimmelbefall. | Bild: Claudia Ladwig

Das Pulver verwende sie für Risotto und Pilzbutter sowie zum Würzen aller möglichen Gerichte. Durch das Dörren verändern sich die Eigenschaften der Pilze. Frische Morcheln müsse man beispielsweise 20 Minuten garen, getrocknet seien sie in zehn Minuten fertig. „Aber Gift bleibt auch nach dem Trocknen Gift“, warnt sie.

Was ist bei einer Pilzvergiftung zu tun?

Falls ein Pilz nach dem Ernten zu lange der Wärme ausgesetzt war, verdirbt er schnell. Der Laie erkenne das etwa, wenn der Pilz schon sehr weich sei. Doch zu Beginn sehe und schmecke manch einer das nicht, so Häußler. Der Verzehr kann zu einer Lebensmittelvergiftung mit Bauchweh, Durchfall und Erbrechen führen.

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Im Ernstfall sollte man im Krankenhaus oder bei der Giftnotrufnummer unter 07771 19240 anrufen, keinesfalls Milch trinken und nicht versuchen, sich zu übergeben. Das könnte zur Erstickung führen. „Am besten nimmt man die Putzreste und Erbrochenes mit ins Krankenhaus. Damit können Experten herausfinden, welcher Pilz verzehrt wurde. Das kann lebensrettend sein“, macht sie klar.

Wie laufen die Expeditionen?

Heidrun Häußler führt im sechsten Jahr ein Pilztagebuch. Dadurch hat sie ein Gefühl dafür, wo es wann welche Pilze gibt. Ihre Pilzexkursionen, die sie für die Volkshochschule anbietet, sind bis auf die Wintertermine stets schnell ausgebucht.

Diese Steinpilze sind schon älter. Das zeigen die Röhren unter dem Hut. Bei jungen Pilzen sind sie weiß, dann werden sie gelblich bis ...
Diese Steinpilze sind schon älter. Das zeigen die Röhren unter dem Hut. Bei jungen Pilzen sind sie weiß, dann werden sie gelblich bis olivgrün. Das Fleisch ist schon etwas braun und die Pilze fühlen sich weich und schwammig an. Vom Verzehr ist abzuraten. | Bild: Claudia Ladwig

Lachend erzählt sie: „Ich weiß nicht, was beim Exkursionstermin im Wald steht. Tiere fressen Pilze weg über Nacht. Ich gehe in ein Gebiet, in dem ich schon Erfolg hatte und gucke, was mir begegnet.“ Teils sei es eine extreme Sucherei, für Steinpilze jedoch jetzt eine gute Zeit.

Was den Pilzen zu schaffen macht

Nach dem jüngsten anhaltenden Regen schossen viele Pilze aus dem Boden. Bei manchen Arten gab es eine regelrechte Schwemme. Doch sie hatten und haben es nicht leicht. „Als es regnete, war es kühl, jetzt ist es heiß. Der Korridor fürs Pilzwachstum ist schmal, die Hitze stört es, denn sie trocknet den Boden aus“, sagt die Expertin.

Einen Tipp hat sie noch parat: Wenn jemand nicht oft in die Pilze gehe, solle er nach Regenfällen zwei Wochen warten. „Pilze machen zwar, was sie wollen, aber dann kann man sie gut abpassen. Man muss sich aber mit dem Thema beschäftigen und kann nicht geschwind ein Buch nehmen, in den Wald gehen und was zum Essen holen. Das ist ein Trugschluss.“