„Delta, Kilo, Juliett, Bravo, Alpha. Guten Flug!“, wünscht die Fluglotsin am Funk. Kurz darauf hebt Michael Schuster mit der SF 25C, einem Motorsegelflugzeug, vom Flughafen Konstanz nach Nordwesten ab. Blauer Himmel, keine Wolke – heute gibt es kaum Thermik, daher fliegt der Vorsitzende der Segelfluggruppe Konstanz mit Motor. Noch lieber ist er fast lautlos mit dem reinen Segelflugzeug unterwegs.
Die Segelfluggruppe Konstanz wird in diesem Jahr 75 Jahre alt. Gegründet wurde der Verein kurz nach dem Krieg, als noch gar kein Flugbetrieb erlaubt war. Erst im Jahr 1952 durften die ersten Maschinen starten. Damals begann man mit zwei reparierten Bruchflugzeugen aus der Schweiz.
Heute nutzen die 30 Mitglieder zwei Segelflugzeuge, einen Motorsegler und ein Motorflugzeug, das auch als Schleppmaschine dient. „Das ist ein Flugpark, der sich für einen kleinen Verein sehen lassen kann“, so Michael Schuster.
„Segelfliegen ist gigantisch“
Was die Mitglieder verbindet, ist die Faszination des lautlosen Fliegens. Fluglehrer Helmut Jungmann beschreibt das Gefühl so: „Segelfliegen ist gigantisch. Man fühlt sich wie ein Vogel mit eigenen Flügeln.“ Tatsächlich orientieren sich die Piloten oft an Vögeln. Wo sie kreisen und gleiten, gibt es meist gute Aufwinde. Die benötigen Segelflieger, um sich in höhere Lagen zu bringen. „Auch Cumulus-Wolken zeigen, wo es Thermik geben könnte“, erklärt Jungmann.
Eine seiner Lieblingsstrecken führt nach Bad Wörishofen – „wegen des besten Kuchens“. Je nach Wetter dauert der Flug etwa 45 Minuten. Für ihn komme es aber nicht darauf an, in möglichst kurzer Zeit das Ziel zu erreichen: „Wir Segelflieger wollen ja möglichst lange in der Luft sein und gleiten.“ Ein anderes beliebtes Ziel sei Venedig – über die Alpen hinweg und zu einem kleinen Flugplatz direkt an einer Lagune.
Ein wichtiger Bestandteil der Segelfluggruppe Konstanz ist der Schulbetrieb. Acht Flugschüler sind derzeit in Ausbildung, darunter Steffen Beigang. Der 29-jährige Ingenieur möchte die Lizenz noch diesen Sommer erlangen und hatte im April seinen ersten Alleinflug: „Da war der Puls schon hoch“, erinnert er sich. Sein Fluglehrer Jungmann erklärt: „Wenn ich einen Schüler allein fliegen lasse, dann kann er es.“ Das Schwierigste als Pilot sei der Start und die Landung. „Da braucht man wirklich Konzentration“, sagt er.

Ein wichtiges Anliegen ist dem Verein der Lärmschutz. Der Vorsitzende Schuster sagt: „Wir haben festgelegt, dass Motorflugzeuge die Landebahn immer über den Süden anfliegen.“ Die lautlosen Segelflieger dagegen fliegen über den Norden, also Wollmatingen, ein. Jungmann fügt hinzu: „Ich bringe meinen Flugschülern von Anfang an bei: Wenn möglich, fliegen wir nicht über Wohngebiete. Das macht man einfach nicht, selbst wenn man darf.“
Ist Segelflug gefährlich? Michael Schuster sagt: „Nicht gefährlicher als andere Sportarten.“ Ein Fortschritt sei das vor 20 Jahren in der Schweiz entwickelte Kollisionswarnsystem FLARM. Es meldet nahen Flugverkehr und warnt vor möglichen Zusammenstößen. Schuster klärt über ein weitläufiges Missverständnis auf: „Wenn man in den Nachrichten hört, ein Segelflugzeug ist abgestürzt, dann war das meist eine Außenlandung auf einer Wiese“, erklärt Schuster.
Das habe nichts mit einer Notlandung zu tun, sondern sei regulär zulässig. „Manchmal fehlt die Thermik und dann landen wir auf einer Wiese, bauen das Flugzeug ab und fahren es mit dem Anhänger zurück nach Konstanz.“ Strenge Vorschriften sorgen zusätzlich für Sicherheit: eine ärztliche Untersuchung alle fünf Jahre, eine umfangreiche Dokumentation jeden Flugs und die Überprüfung jeder neuen Schraube am Flugzeug.
Jeder muss mit anpacken
Der Verein ist klein und überschaubar. „Wie überall funktioniert es nur, wenn alle mit anpacken“, sagt Michael Schuster. Man hilft sich beim Starten, Putzen, Schleppen. An schönen Tagen sitzen die Mitglieder vor dem Clubheim und beobachten Starts und Landungen, bis zu hundert am Tag. Für die nächsten Jahre wünscht sich die Segelfluggruppe vor allem, dass ihr Startplatz gesichert bleibt und die Diskussion über eine mögliche Schließung des Flughafens vollends abklingt.

Der Verein ist an der Flughafen GmbH beteiligt, die den Platz betreibt. „Wir sind bereit, einen Teil des nördlichen Rands des Flughafens an die Stadt abzugeben und dafür Planungssicherheit mit einem Pachtvertrag über die nächsten zehn Jahre zu haben“, erklärt Schuster. Er freut sich auf viele weitere Flüge mit Kurs auf Lagunen und Kuchen.