Sie liegt ganz unscheinbar zwischen Espasingen und Bodman und ist doch für jeden Einwohner der Raumschaft Stockach sowie Sipplingen und Radolfzell-Stahringen enorm wichtig: die Kläranlage des Abwasserverbands Stockacher Aach. In den vergangenen 30 Jahren wurden viele Millionen Euro in die technische Aufrüstung der Anlage investiert und auch in der Zukunft stehen noch große Herausforderungen an, wie beim Besuch der Landtagsabgeordneten Saskia Frank (Grüne) im Rahmen ihrer Sommertour durch den Wahlkreis deutlich wurde.

Christoph Stolz, Bürgermeister von Bodman-Ludwigshafen, begrüßte die rund fünfzehnköpfige Besuchergruppe, die mit Saskia Frank gekommen war. „Es ist ein Thema, das in der Öffentlichkeit oft vernachlässigt wird. Und das, obwohl hier Umwelt und Naturschutz pur praktiziert wird“, betonte Stolz.

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Die Anlage hat sich stark verändert

In den vergangenen Jahren habe es sehr große Veränderungen in der Anlage gegeben. „Die Standards steigen immer weiter. Das ist auch für die Kommunen eine Herausforderung“, so Stolz. Einer, der diese Veränderungen direkt miterlebt hat, ist Willi Schirmeister, seit 30 Jahren technischer Betriebsleiter der Anlage und ehemaliger Stockacher Stadtbaumeister. „Beim Abwasserverband bin ich noch aktiv. Das war schon immer eine Art Hobby für mich“, sagt Schirmeister mit einem Lächeln, bevor er den Besuchern vor dem Beginn des Rundgangs die Grundlagen der Abwasseraufbereitung erklärt. Die Begeisterung für dieses Thema ist ihm dabei deutlich anzumerken.

Im Kontrollraum gab es für die Grünen-Landtagsabgeordnete Saskia Frank (links), und die anderen Teilnehmer ihrer Sommertour einen ...
Im Kontrollraum gab es für die Grünen-Landtagsabgeordnete Saskia Frank (links), und die anderen Teilnehmer ihrer Sommertour einen Einblick in die moderne Technik, die in der Kläranlage steckt. Mit dabei waren auch Bürgermeister Christoph Stolz (rechts) und der technische Betriebsleiter Willi Schirmeister (Zweiter von rechts). | Bild: Dominique Hahn

Der Anspruch: Besser als die anderen zu sein

„Wir haben schon immer versucht, besser zu sein als alle anderen Kläranlagen in Baden-Württemberg, weil wir so nah am See sind“, so Schirmeister. Einen Quantensprung habe die vierte Reinigungsstufe gebracht, um die die Anlage im Jahr 2011 erweitert wurde. Mit dieser können unter anderem auch Arzneimittel-, Kosmetik- oder Reinigungsmittelrückstände aus dem Abwasser gefiltert werden. Dank Aktivkohlefiltern sind 95 Prozent aller Verunreinigungen entfernt, wenn das gereinigte Wasser die Anlage in Richtung Bodensee verlässt, erklärt Schirmeister.

Aus den Reihen der Besucher kam die Frage, inwiefern Mikroplastik im Abwasser ein Problem für die Kläranlage darstellt. Dieses könne jedoch durch Filtration mit Sand- und Tuchfiltern aus dem Abwasser entfernt werden. „Wenn das Wasser die Anlage verlässt, ist es wesentlich sauberer als die Stockacher Aach“, so Schirmeister. Er selbst habe keine Bedenken, das Wasser, das die Anlage verlässt, zu trinken, betont er.

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In Zukunft werden die Herausforderungen an die Anlage indes noch weiter steigen, nicht zuletzt durch vermehrte Starkregenereignisse. Das Problem dabei: Das Abwasser darf nicht zu stark verdünnt sein, wenn es in der Anlage ankommt. Dem versucht man inzwischen gegenzusteuern, indem in Neubaugebieten getrennte Kanalisationen für Regenwasser und Schmutzwasser angelegt werden. Früher sei auch das Regenwasser durch die normale Kanalisation abgeleitet worden. „Aktuell haben wir rund 40 bis 45 Prozent Fremdwasser. Das ist noch immer zu viel“, erklärt Wolfgang Ruf, Elektromeister und stellvertretender Klärmeister der Anlage.

Für kommende Herausforderungen gerüstet

Grundsätzlich sei die Kläranlage jedoch gut für kommende Herausforderungen gerüstet. Sie wurde in den 1960er-Jahren gebaut. Eine große Erweiterung kam 1994 durch den Ausbau auf drei Klärstufen. Damals sei sie auf 42.000 Einwohnerwerte ausgelegt gewesen. Dabei handelt es sich um eine rechnerische Größe, die die Belastung angibt, für die eine Kläranlage ausgelegt ist. Mittlerweile sei die Kläranlage auf 70.000 Einwohnerwerte gesteigert worden, so Schirmeister.

Wolfgang Ruf, Elektromeister und stellvertretender Klärmeister, erklärte der Grünen-Landtagsabgeordneten Saskia Frank (Mitte) und den ...
Wolfgang Ruf, Elektromeister und stellvertretender Klärmeister, erklärte der Grünen-Landtagsabgeordneten Saskia Frank (Mitte) und den Teilnehmern ihrer Sommertour bei einem Rundgang, wie die Kläranlage funktioniert. | Bild: Lyna Topal

Das könnte für die nähere Zukunft bedeutsam werden, denn aktuell wird geprüft, ob es sinnvoll wäre, auch Mühlingen an die Anlage in Espasingen anzuschließen. Bislang hat Mühlingen eine eigene Kläranlage. „Das Problem ist hierbei nicht die Menge des Abwassers, sondern die Tatsache, dass alles durch die Stockacher Kanalisation geleitet werden müsste“, so Schirmeister. Dort müssten dann gegebenenfalls Engstellen beseitigt werden, was am Ende teurer werden könnte als eine Ertüchtigung der Anlage in Mühlingen.

Abwasserverband will die Kapazität weiter erhöhen

Trotzdem rechnet man beim Abwasserverband mit steigendem Bedarf. Derzeit werde deshalb geprüft, wie die Kapazität der Anlage in Zukunft erweitert werden kann. „Aktuell schaffen wir 450 Liter pro Sekunde, wir wollen die Kapazität aber auf 600 Liter pro Sekunde erweitern. Je mehr wir die Kapazität steigern, desto mehr können wir auch bei Starkregen klären“, sagt Schirmeister. So könne verhindert werden, dass Rückhaltebecken überlaufen und Verschmutzungen in den See oder das Grundwasser gelangen.

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Gute Vorausplanung zeigt sich auch im alltäglichen Betrieb der Kläranlage. Ein Hochwasser nach Starkregen im vergangenen Jahr konnte der Anlage nichts anhaben. „Da müsste der See schon wirklich sehr hoch steigen, um zu einer Havarie der Anlage zu führen“, sagt Schirmeister im Gespräch mit dem SÜDKURIER.

Dennoch habe man aus vergangenen Hochwassersituationen gelernt und die Elektrik extra weiter nach oben verlegt. Zudem versorgt sich die Anlage nicht nur im normalen Betrieb weitestgehend selbst mit Strom über Photovoltaikanlagen und zwei eigene Blockheizkraftwerke, sondern verfüge auch über ein Notstromaggregat.

Abgeordnete sagt Unterstützung zu

Gegenüber dem SÜDKURIER zeigte sich Saskia Frank beeindruckt vom Besuch in der Kläranlage. „Die Kläranlage Espasingen ist ein Vorzeigeprojekt für Innovation im Gewässerschutz. Schon 2011 setzte sie mit der ersten Aktivkohle-Reinigungsstufe im Regierungsbezirk Freiburg neue Maßstäbe – gefördert vom Land mit 2 Millionen Euro. Mit geplanten Studien zu klimaschädlichem Lachgas und Projekten zur Energieoptimierung beweist der Abwasserverband, dass er auch künftig Verantwortung für Umwelt und Klima übernimmt. Diese Pionierarbeit unterstütze ich auf Landesebene ausdrücklich“, so Frank.