„Bridget Jones“, „Captain America“ oder die wahre Geschichte einer Frau, die zur Kindsmörderin wurde? Vor dieser Wahl stehen derzeit Kinobesucher in der Schweiz und viele wählen „Friedas Fall“, den ersten Langfilm von Maria Brendle. Die Filmemacherin aus Mühlhausen-Ehingen war 2022 mit ihrem Kurzfilm „Ala Kachuu – Take and Run“ für einen Oscar nominiert – also die höchste Auszeichnung der Filmbranche. Drei Jahre später ist ihr erster Langfilm zu sehen und auf Platz fünf der schweizerischen Kino-Charts. Die nächsten Projekte sind schon in Sicht, eines könnte in ihrer Heimat im Hegau spielen.

Maria Brendle mit Hauptdarstellerin Julia Buchmann.
Maria Brendle mit Hauptdarstellerin Julia Buchmann. | Bild: Brendle, Maria

Während bald wieder die gesamte Filmbranche für die Oscar-Verleihung nach Kalifornien blickt, hat Maria Brendle ihre Heimat im Auge: Ihr erster Kinofilm entwickelt sich hier zum Kassenschlager. Schon bei der Premiere im Herbst reagierten die ersten Zuschauer begeistert und spendeten minutenlang stehend Applaus, wie der SÜDKURIER bereits berichtete. Seit einem Monat ist der Film in Schweizer Kinos zu sehen. „Die Zahlen sind gut“, sagt die Regisseurin Maria Brendle. Mitte Februar hatten bereits 25.000 Menschen ein Ticket gekauft, zum Beispiel in St. Gallen gibt es zahlreiche Vorführungen. Kein Wunder, dort wurde in historischer Kulisse gedreht.

Dreharbeiten zu „Friedas Fall“ in St. Gallen am 28. August 2023. Regie führt Maria Brendle aus Mühlhausen.
Dreharbeiten zu „Friedas Fall“ in St. Gallen am 28. August 2023. Regie führt Maria Brendle aus Mühlhausen. | Bild: Graziella Verchio

Ein Fehler, der Absicht ist

„Historische Filme haben manchmal etwas Staub“, sagt die 41-Jährige, doch den vertreibt sie mit einer spannenden Geschichte, Tempo und Musik. So kommen Zuschauer während 105 Minuten immer wieder ins Staunen, aber nicht ins gelangweilgte Stocken. Sie können staunen über das Schicksal der Frieda Keller und die Ungerechtigkeit, die damit verbunden ist. In „Friedas Fall“ geht es um die wahre Geschichte einer Näherin, die 1904 zur Kindsmörderin wurde und die Justiz beschäftigte. Erst wurde sie zum Tod verurteilt, dann wendet sich der Fall – und nach Protesten wendet sich das Blatt, zumindest ein wenig.

Direkt nach der Inhaftierung werden Frieda Keller die Haare abgeschnitten, um Läuse zu vermeiden.
Direkt nach der Inhaftierung werden Frieda Keller die Haare abgeschnitten, um Läuse zu vermeiden. | Bild: Brendle, Maria

Doch genau diese Proteste sorgen auch für Kritik. Denn im Film ist dabei ein Schild zu sehen, auf dem „Frau – Leben – Freiheit“ zu lesen ist – eine Anspielung auf die Proteste im Iran nach dem Tod von Masha Amini. Ein „frivoler Joke“, ist in der ansonsten begeisterten Filmkritik des Schweizer Portals ‚Watson.ch‘ zu lesen. Ein „bewusstes Statement“, erklärt Maria Brendle dem SÜDKURIER. Ihr sei wichtig gewesen zu zeigen, dass es immer noch die gleichen Kämpfe gibt.

„Auch wenn sich in der Schweiz Dinge verbessert haben, ist das nicht überall so.“ Und die Schweiz war bekanntlich auch spät dran mit Frauenrechten, erst seit 1971 dürfen Frauen an den eidgenössischen Wahlen und Abstimmungen teilnehmen.

Nächster Kinofilm aus dem Hegau?

Nach einer Kinotour mit 22 Stopps und ersten Filmvorführungen im Ausland, jüngst in Kanada und den USA, wird es bald wieder ruhiger um Maria Brendle werden – und darauf freue sie sich schon. Denn sie arbeite an zwei spannenden Projekten, eines davon könnte im Hegau spielen. „Ich würde wahnsinnig gerne in meiner Heimat drehen, im Hegau“, sagt Brendle. Sie ist in Mühlhausen-Ehingen aufgewachsen, nach dem Abitur ist sie für ihr Filmstudium nach Zürich gezogen.

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Im Hegau werde nicht häufig gedreht, dabei sei die Gegend sehr schön. Sie arbeite an einer Geschichte in der Zeit des Zweiten Weltkriegs, könne aber noch keine Details verraten. Es sei Zufall, dass das wieder historisch wäre. „Ich freue mich auch über Modernes, Zeitgenössisches. Ich filme gerne Frauengeschichten und mit tieferem Sinn, einer Botschaft.“

Nach den Oscars war der Druck groß

Inzwischen kann sie sich ihre Projekte aussuchen – zum ersten Mal. „Ich habe immer vom Filmemachen leben können, zum Glück“, sagt die Regisseurin. Mal mehr schlecht als recht, nicht mit der Sicherheit eines normalen Jobs mit Monatsgehalt. Doch die vergangenen Jahre haben ihrer Karriere einen Schub gegeben – und nach den Oscars sei der Druck auch groß gewesen, an den Erfolg anzuknüpfen. „Ich weiß sehr zu schätzen, dass mir ein so großes Werk wie ‚Friedas Fall‘ anvertraut wurde“, erklärt Maria Brendle auch mit Blick auf 32 Drehtage und ein hohes Budget. „Historische Filme sind teuer.“

Bei einer Kinotour stellte das Filmteam an 22 Orten den Film „Friedas Fall“ vor.
Bei einer Kinotour stellte das Filmteam an 22 Orten den Film „Friedas Fall“ vor. | Bild: Arndt, Isabelle

Auch wenn die nächste Oscar-Nominierung nicht im Fokus steht, sind andere Filmpreise für „Friedas Fall“ in Aussicht: Am 21. März ist der Schweizer Filmpreis, drei Schauspielerinnen aus „Friedas Fall“ sind nominiert.

Bald nicht nur in der Schweiz zu sehen?

Und wann ist der Kinofilm in Deutschland zu sehen? Das sei die derzeit meistgestellte Frage. „Es liegt an den deutschen Verleihern, Frieda aufzunehmen“, erklärt die Filmemacherin und hofft auf erfolgreiche Verhandlungen am Rand der Berlinale, die bis 23. Februar in Berlin stattfindet. Sie hoffe, eine Vorführung in Singen ermöglichen zu können – so wie einst bei ihrem Kurzfilm ‚Ala Kachuu – Take and Run‘. Und bis dahin sei sie sehr dankbar für all die Filmfreunde, die den Sprung über die Grenze machen.