Bei der Einwohnerversammlung in der Orsinger Kirnberghalle wurden rund 120 Bürger der Doppelgemeinde ausführlich über die allgemeine Lage der Kommune informiert. Vorrangig ging Bürgermeister Stefan Keil auf die aktuellen Herausforderungen ein, sprach aber auch über Projekte der vergangenen Jahre und anstehende Themen.
„Die erste große Herausforderung war und ist die Flüchtlingskrise“, sagte Keil. Diese habe auch die Fähigkeit zu Solidarität und Mitmenschlichkeit auf die Probe gestellt. Keil beschrieb die Veränderung: 2021 waren es 70 Geflüchtete, die in die Gemeinde kamen. Bis 2023 erhöhte sich die Zahl auf 150 Personen. „Diese Entwicklung stellt uns vor enorme Aufgaben, die wir gemeinsam bewältigen müssen.“
Container sollen Raumknappheit mildern
Er dankte allen, die Wohnraum zur Verfügung gestellt haben, und hoffte, dass die Mietverträge verlängert werden können – um den Geflüchteten weiterhin ein sicheres Zuhause zu bieten und damit das bisherige Konstrukt nicht zusammenbricht. Die geplante Containeranlage werde helfen, die akute Raumknappheit zu mildern. Das Belegen von Hallen wolle man verhindern, da dies sich erheblich auf das Gemeindeleben auswirken würde.

Grenze des Leistbaren ist erreicht
Es gehe um gemeinsame Lösungen, deshalb habe auf Landkreisebene ein intensiver Austausch zwischen den Bürgermeistern und den Bundestagsabgeordneten der Region stattgefunden. Die Grenze des Leistbaren sei erreicht.
„Ein weiterer Anstieg der Bevölkerungszahl würde unsere Ressourcen überfordern und das Schlimme ist, dass wir den Menschen, die bereits zu uns gekommen sind, nicht mehr gerecht werden können“, machte Keil klar. Von größter Bedeutung sei, dass die Bundesregierung die Herausforderungen der Flüchtlingsunterbringung erkenne und angemessene Maßnahmen ergreife, um die Kommunen zu unterstützen. „Wir brauchen eine Politik, die die Bedürfnisse vor Ort ernst nimmt und auf eine nachhaltige Lösung hinarbeitet“, forderte er.
Einblicke in Lage der Strom- und Gasversorgung
Das zweite große Thema war Energie. Keil betonte, die Abhängigkeit von russischem Gas habe Deutschland verwundbar gemacht und gezeigt, dass man alternative Energiequellen nutzen müsse, um die Energieversorgung langfristig zu sichern.
Stephan Einsiedler, Kommunalberater der EnBW, berichtete über die aktuelle Lage der Strom- und Gasversorgung. Inzwischen werde kein Gas mehr aus Russland importiert, die Hauptlieferanten seien Norwegen, die Niederlande, Belgien und Luxemburg. Die Speicherfüllstände galten im vergangenen Jahr als großer Indikator zur Sicherheit der Gaszufuhr. Momentan seien die Speicher fast komplett gefüllt.
Einsiedler erläuterte häufig gehörte Begriffe und ging näher auf den „Brown Out“, die kontrollierte Abschaltung, ein. Eine gezielte Abschaltung einzelner Regionen und Bereiche könne notwendig sein, um Strom zu sparen und so das Netz stabil zu halten, wenn im Vergleich zur nachgefragten Menge zu wenig Strom produziert wird.

Bürger sollen keine Angst haben
Er wolle den Zuhörern mögliche Ängste nehmen, sagte Einsiedler: Es werde nicht einfach der Strom abgestellt, sondern im Bedarfsfall mit einem rollierenden Lastabschalt-Management gearbeitet. Dieses werde über den zuständigen Übertragungsnetzbetreiber, hier Transnet BW, angefordert beziehungsweise ausgelöst und dann unter anderem über Rundfunk und Printmedien, soziale Medien und die Webseiten öffentlich bekanntgegeben. Krankenhäuser und andere wichtige Einrichtungen müssten außerdem Notstromaggregate vorhalten.
In der App „Strom gedacht“ der Transnet BW könnten Privathaushalte sehen, ob es aktuell Stromengpässe gebe, und ihren Stromverbrauch anpassen. Orsingen-Nenzingen habe im Rahmen eines Katastrophenschutzkonzepts auch ein umfangreiches Notfall- und Krisenhandbuch erstellt, erläuterte Einsiedler. Stefan Keil sagte, er hoffe, dieses Konzept werde niemals auf die Probe gestellt. „Aber wenn es nötig sein sollte, sind wir bereit.“
Rückblick auf große Projekte im Doppelort
Keil erinnerte an Projekte der zurückliegenden sechs Jahre: den Neubau des Kindergartens Orsingen, die Erweiterung des Feuerwehrgerätehauses, die Entwicklung der Baugebiete Eizen I und II, den Neubau des Bauhofs, den Umbau des Rathauses und den Bau der Garagen im Eizen als Schallschutz.
Andere Themen, die schon sein Vorgänger Bernhard Volk begonnen hatte, müssen noch abgeschlossen werden. Keil erklärte: „Oftmals hängt der Fortschritt unserer Projekte davon ab, dass wir die notwendige Zuarbeit oder Genehmigungen von externen Stellen erhalten.“ Diese Abhängigkeit führe dazu, dass sich manche Dinge sehr in die Länge zögen. Auch der Fachkräftemangel führe dazu, dass man länger auf Ergebnisse warten müsse.
Fragen kommen erst an den Ständen
Allgemeine Fragen wurden von den Zuhörern nicht gestellt. Für individuelle Fragen standen Vertreter der Kindergärten und Schule, des Bauhofs und der Gemeindeverwaltung bereit. Außerdem konnten die Zuhörer im Foyer Karten ausfüllen und ihre Anliegen platzieren. Keil will noch Antworten auf die Fragen geben, die dabei aufkamen.