Schon lange hat die Gemeinde Orsingen-Nenzingen die Bedeutung des Tourismus erkannt und ist bereits lange Mitglied im Tourismusverband Regio Konstanz-Bodensee-Hegau. Jetzt soll das 2008 begonnene Projekt, Erholungsort zu werden, vorangetrieben werden. Eine der Voraussetzungen dafür ist ein Wettergutachten, das die Gemeinde bereits im Jahr 2017 für etwa 5300 Euro beauftragt hatte. Außerdem braucht die Gemeinde eine zertifizierte Tourist-Information. Der Gemeinderat stimmte in der jüngsten Sitzung dem Aufbau einer solchen Einrichtung in Zusammenarbeit mit dem Camping- und Ferienpark Orsingen zu. Die Verwaltung wurde beauftragt, die notwendigen Verträge mit dem Deutschen Tourismusverband abzuschließen und die weiteren Schritte in die Wege zu leiten.
Bürgermeister Stefan Keil informierte die Gemeinderäte über die Vorteile und die Chance, die Tourist-Information in der Rezeption des Camping- und Ferienparks zu betreiben. Die Räumlichkeiten dort böten sich an und Jürgen Blum, Betreiber des Campingresorts, sowie seine Mitarbeiterin Miriam Zimmermann seien bereit, das Thema gemeinsam mit der Verwaltung anzugehen.
Stärkung des Images als Reiseziel
Keil betonte, eine zertifizierte Tourist-Information signalisiere Professionalität und Zuverlässigkeit, denn Touristen suchten für umfassende und verlässliche Informationen gezielt nach zertifizierten Einrichtungen. Eine Zertifizierung garantiere eine hohe Qualität der angebotenen Leistungen. Das schaffe Vertrauen bei den Touristen und stärke das Image der Gemeinde als attraktives Reiseziel.

Mehr Gäste würden die lokale Wirtschaft stärken. Durch die Nutzung der Infrastruktur des Campingresorts ließe sich die Sichtbarkeit von Orsingen-Nenzingen erheblich steigern, weil von dort schon jetzt viele Menschen über unterschiedliche Kanäle erreicht werden. Wenn Personal, Räume und Verwaltungsstrukturen des Campingplatzes mitgenutzt würden, spare dies der Gemeinde außerdem Kosten und Verwaltungsaufwand. Natürlich müsse vertraglich genau geregelt werden, wer welche Aufgaben habe und wie die Zusammenarbeit laufen solle.
Eine Tourist-Information vermittle auch lokale Kultur und Traditionen. „Beispielsweise können Vereinsveranstaltungen gezielt beworben und erläutert werden, was das Interesse der Gäste an unserer Kultur steigert und zum Erhalt dieser Traditionen beiträgt“, so Keil. Teilweise geschehe dies bereits.
Die Kosten und eine große Chance beim Verkehr
Die Zertifizierung einer Tourist-Information ist mit Kosten verbunden. Diese sieht der Bürgermeister als strategische Investition in die langfristige Entwicklung des Tourismus. Sie belaufen sich auf 530 Euro netto zuzüglich der notwendigen Beschilderung. Insgesamt werden voraussichtlich 1000 bis 1500 Euro benötigt. Keil warb: „Mit der Übernahme der Zertifizierungskosten durch die Gemeinde schaffen wir die Basis für eine professionelle und nachhaltige Tourismusentwicklung, von der alle profitieren.“
Das große Ziel ist jedoch, das Prädikat als Erholungsort zu erhalten. Mit diesem Prädikat wäre es beispielsweise möglich, die Geschwindigkeit in den Ortsdurchfahrten auf 40 Stundenkilometer zu senken. Dadurch würden die Verkehrssicherheit erhöht und die Lärmbelastung der Bürger reduziert werden, ohne dass ein Lärmschutzgutachten in Höhe von rund 25.000 Euro notwendig wäre.
Stefan Keil wies auf einen weiteren großen Vorteil hin: Für viele Projekte würden künftig nur Fördermittel zur Verfügung gestellt, wenn die Gemeinde als Erholungsort anerkannt sei. Diese Mittel seien unverzichtbar, um die Gemeinde weiterzuentwickeln und notwendige Investitionen zu tätigen, ohne den Haushalt übermäßig zu belasten.
Gemischtes Feedback von den Gemeinderäten
Die Meldungen aus dem Gremium reichten von „Eine Tourist-Information gehört ins Rathaus“ bis zur Frage, ob man eine solche überhaupt braucht und zum Hinweis, dass allein die mögliche Tempobeschränkung Grund genug sei, die Sache voranzutreiben. Auch die Einführung einer Kurtaxe wurde vorgeschlagen.
Kurtaxe und Prädikatisierung seien jedoch zwei komplett verschiedene Dinge, erklärte der Bürgermeister auf SÜDKURIER-Nachfrage. „Orte, die eine gewisse touristische Relevanz haben, können Kurtaxe einfordern. Das könnte Orsingen-Nenzingen auch – allein wegen des Campingresorts.“ Es gebe Berechnungsschemen, welche Werte man zur Berechnung einer Kurtaxe nutzen dürfe. Wenn man an der Bodenseecard West teilnehmen wolle, könnten Übernachtungsgäste kostenlos den ÖPNV nutzen. Allerdings müsse man dem Verkehrsunternehmen VHB pro Kurtaxe-pflichtiger Übernachtung jährlich einen bestimmten Betrag überweisen und die Einnahmen für infrastrukturelle Dinge einsetzen, die dem Tourismus zugutekommen, einsetzen.
Ja für eine Tourist-Information
Nach der Entscheidung für eine zertifizierte Tourist-Information in der vorgeschlagenen Form mit sieben Ja-Stimmen, drei Nein-Stimmen und vier Enthaltungen geht es nun an die vertragliche Feinabstimmung mit Jürgen Blum und die Erfüllung der Kernpunkte des Kriterienkatalogs. Wenn alle Vorbereitungen getroffen sind, soll der entsprechende Antrag gestellt werden. Ein als Urlauber getarnter Prüfer des Deutschen Tourismusverbands beurteilt dann sechs bis sieben Wochen später die Situation. Danach kommt ein Fachausschuss des Regierungspräsidiums, um zu prüfen, ob alle Voraussetzungen für die Anerkennung als Erholungsort erfüllt sind.