Am Ortsausgang von Nenzingen in Richtung Eigeltingen steht die Biogasanlage der Familie Feucht. Dort werden Mais und andere Feldfrüchte sowie Putenmist, Rindermist und -gülle verarbeitet. Das entstehende Gas wird über Blockheizkraftwerke in Strom gewandelt und die entstehende Wärme ins Nahwärmenetz eingespeist. Und die Anlage wächst: Als neueste Erweiterung wurden die Doppelfolien auf Fermenter 3 und Gärrestlager 1 durch größere Doppelmembrangasspeicher ersetzt. Außerdem entsteht baugleich zum bestehenden ein zweites Gärrestelager.
Die Größe ist beeindruckend: Der Rundbehälter aus Stahlbeton hat einen Durchmesser von 40 Metern und eine Höhe von sieben Metern. Zur frostfreien Gründung der Behälterböden erfolgt der Bau teilweise unterirdisch in sechs Metern Tiefe. Der Gemeinderat von Orsingen-Nenzingen hat kürzlich dem Bauantrag und dem Antrag zur Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Änderungsgenehmigung zugestimmt. Im SÜDKURIER-Gespräch erlaubt Betreiber Markus Feucht einen Blick hinter die Kulissen. Dabei sieht er viele Vorteile dieser Energieform.
So funktioniert die Biogas-Anlage
Klar ist: Wenn Deutschland aus der fossilen Stromerzeugung aussteigt, braucht das Land einen größeren Energiemix aus erneuerbaren Energien. Wird aber mehr Energie aus erneuerbaren Energien gewonnen, ergibt sich die Problematik der Speicherung von Strom aus Sonne und Wind. Markus Feucht sieht da einen Vorteil für seine erneuerbare Energie: „Biogas ist eine der wenigen erneuerbaren Energiequellen, die man gut und verhältnismäßig einfach speichern kann.“

Die Biogas-Produktion geschehe in einem geschlossenen Kreislauf mit nachwachsenden Rohstoffen. Die Felder des familieneigenen Betriebs werden im Herbst und Frühjahr mit Feldfrüchten bestellt, im Frühjahr gedüngt und gepflegt, dann im Sommer und Herbst für die 220 Mastrinder und die Biogasanlage mit dem Häcksler geerntet. Gülle und Mist der Mastrinder werden als Substrat in der Biogasanlage zu Gas umgewandelt.
Auf dem Gelände der Biogasanlage würden die zerkleinerten Pflanzen mit großen Maschinen verdichtet und unter Luftabschluss sauber verschlossen. Dadurch ist die Silage über mehrere Jahre lagerfähig, erläutert Feucht das Konzept.
Was passiert mit dem erzeugten Gas?
Im Fermenter werden die verschiedenen Energiestoffe vermischt. Dort erzeugen Bakterien bei 50 Grad Celsius dann Biogas aus dem Silage-Gemisch, so Feucht. Das Gas steige auf und werde über eine Gasleitung in das Gasendlager geführt. Die Gasverwertung erfolge in anlageeigenen Blockheizkraftwerken mit Gasmotoren. Dabei entstehe thermische und elektrische Energie. Die thermische Energie werde geringfügig zum Eigenbedarf genutzt, jedoch überwiegend für das Nahwärmenetz. Die elektrische Energie werde ins Stromnetz der Netze BW eingespeist.
Eine Biogasanlage produziert kontinuierlich Gas, das entweder verbrannt oder gespeichert werden muss. Wenn es gespeichert werden soll, benötigt man dafür ein Lager, die Doppelmembrangasspeicher. Dazu erläutert Markus Feucht: „Wenn sie leer sind, fallen die Tragluftdächer zusammen, wenn sie voll sind, sind sie aufgeblasen wie ein Luftballon.“ Von außen sehe man das nicht, da die Wetterschutzhaube dauerhaft mit Luft oben gehalten werde. Sonst würde das Dach bei Regen zusammenfallen.
Das Biogas wird künftig, so der Betreiber weiter, in zwei Blockheizkraftwerken auf dem Gelände der Biogasanlage in Strom umgewandelt und über eine Trafostation ins öffentliche Netz eingespeist. Über eine Gasleitung gehe außerdem ein Teil des Biogases nach Orsingen, werde über die vier dortigen Blockheizkraftwerke verstromt und die thermische Energie ins Nahwärmenetz eingespeist.
Die Biogasanlage helfe dabei, stromschwache Zeiten zu überbrücken. „Wenn genügend Strom aus Wind und Sonne kommt, wird kein Blockheizkraftwerk betrieben. Aber abends, am frühen Morgen oder bei Wetterumschwung können wir kurzfristig viel Energie liefern“, erklärt Feucht.
Ob weiter gefördert wird, ist unklar
Neben den vorhandenen Kuppeln entstehe zudem ein weiteres Gärrestelager. Damit komme Markus Feucht den gesetzlichen Vorgaben nach. Er sagt: „Im Herbst dürfen wir weniger organischen Dünger fahren. Nach der Düngeverordnung sind wir gesetzlich verpflichtet, unsere Gärreste länger zu lagern, bevor wir sie im Frühjahr als biologischen Dünger für die wachsenden Kulturen ausbringen können.“
Zudem seien künftig noch mehr Erweiterungen geplant, etwa ein größerer Wärmepufferspeicher in Orsingen. Feucht zeigt sich allerdings besorgt: „Die Politik lässt die Biogasbauern aktuell etwas hängen bezüglich weiterem Betrieb nach der 20-jährigen Förderperiode. Hierzu macht sie keine deutlichen Aussagen, wie es vernünftig weiter gehen kann.“
Mögliche Gefahren und unangenehmer Geruch?
Doch es gibt auch kritische Stimmen beim Thema Biogas-Anlagen. So warnte das Umweltbundesamt, zwar sei Biogas aus Gülle oder Ernteresten statt fossiler Brennstoffe gut fürs Klima. Doch gleichzeitig seien Biogasanlagen eine Gefahr für Mensch, Klima und Umwelt. Damit klimaschädliche Gase und wassergefährdende Stoffe nicht aus den Anlagen entweichen und hochentzündliche Gase zu Unfällen führen, brauche es rechtsverbindliche Verordnungen für den Betrieb. Vor allem veraltete oder unzureichende Technik sei eine Gefahrenquelle.
Auf mögliche Gefahren angesprochen, die von der Biogasanlage ausgehen könnten, versichert Markus Feucht: „Wir kontrollieren die Anlage täglich. Außerdem wird die Anlage komplett über eine Steuerung überwacht und bei der kleinsten Fehlermeldung erfolgt eine Alarmierung auf dem Handy.“
Auch vor unangenehmen Gerüchen brauche sich in der Umgebung trotz aller Erweiterungen niemand zu fürchten. Weil die in der Gülle enthaltenen Schwefelverbindungen im Fermenter zu Mineralien umgewandelt würden, seien die Gärreste anschließend fast geruchslos.
Und warum steigen Bürger auf Biogas um? Kostet das weniger? Bürgermeister Stefan Keil hat keine konkreten Zahlen, allerdings sei für die meisten Bürger der Hauptgrund, zur Nahwärme zu wechseln, dass sie unabhängig von den herkömmlichen Lieferanten seien und dass die Energie regional erzeugt werde.