Die Bushaltestellen im Stadtgebiet von Radolfzell sowie in den Ortsteilen sollen bis 2023 nach und nach behindertengerecht umgebaut werden. Und das müssen sie laut der Personenbeförderungs- und Behindertengleichstellungsgesetze auch in ganz Deutschland – allerdings schon bis 2022. „Das können wir schlichtweg nicht stemmen, deshalb wird es etwas länger dauern als im Plan verankert“, erklärt Uwe Negraßus, Abteilungsleiter Tiefbau in der Stadtverwaltung. Rund 2,5 Millionen Euro sollen für den Umbau von mehr als 150 Bushaltestellen fällig werden. Pro Jahr entspreche dies einer durchschnittlichen Investition von ungefähr 625 000 Euro, so Uwe Negraßus.

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2019 sollen 16 Haltestellen umgebaut werden

An der Haltestelle in der Walter-Schellenberg-Straße sind die Maßnahmen, die im Juni starteten, abgeschlossen. In diesem Jahr will die Stadtverwaltung insgesamt 16 Stück auf Vordermann bringen: drei in Markelfingen, sechs in der Konstanzer Straße, zwei in der Kneippstraße, zwei in der Scheffelstraße, eben jene in der Walter-Schellenberg-Straße sowie zwei in der Alemannenstraße.

Prioritätenliste gibt Orientierung

Wie Uwe Negraßus berichtet, ist für den Umbau eine Prioritätenliste erstellt worden. Diese beurteilt die zeitliche Reihenfolge der einzelnen Maßnahmen nach gewissen Faktoren. „Entscheidend ist zum Beispiel die Dringlichkeit oder wie häufig eine Haltestelle in Anspruch genommen wird“, so Negraßus. 165 Bushaltestellen der Stadtwerke seien in der Vergangenheit erfasst, fotografiert und einer vier Prioritäten umfassenden Liste zugeordnet worden. Seither seien für den Busverkehr weitere Haltestellen geschaffen worden, sodass die Zahl mittlerweile bei 176 liege.

Der äußere Punkt der abgesenkten Bordsteine gilt als Orientierung für Erblindete.
Der äußere Punkt der abgesenkten Bordsteine gilt als Orientierung für Erblindete. | Bild: Singler, Julian

Oberbürgermeister Martin Staab erklärt die Vorgehensweise beim behindertengerechten Umbau der Bushaltestellen: „Werden Straßen saniert oder neu gemacht, werden Maßnahmen wie der Umbau von Bushaltestellen immer gleich miterledigt.“ Ansonsten orientiere man sich an der Prioritätenliste.

Der Busbahnhof mit acht Haltestellen an der Mittelinsel wurde laut Uwe Negraßus als Ganzes erfasst. „Befindet sich in der Nähe der Bushaltestelle ein Gebäude mit öffentlichem Interesse, also beispielsweise eine Schule, ein Kindergarten, eine Behörde oder eine Kirche, hat diese oberste Priorität“, erklärt er. Die 35 betroffenen Haltestellen mit Priorität eins sollen im Jahr 2020 fertig umgebaut sein.

Standort und Umgebung sind entscheidend

Priorität zwei sei 72 Bushaltestellen zuzuordnen, die bis 2022 behindertengerecht sein sollen. Deren Umbau ließe sich zügig durchführen. Müsse jedoch in ein Privatgelände oder die Straßenführung eingegriffen werden, komme Priorität drei für 27 Haltestellen zum Tragen. Dann nämlich bestehe erhöhter Gesprächsbedarf mit Eigentümern, Anwohnern, Parkplatznutzern oder auch Ladenbetreibern. Haltestellen dieser Kategorie sollen 2023 fertiggestellt sein.

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Barrieren an manchen Haltestellen bleiben bestehen

„Einzelne Bushaltestellen sind leider schlichtweg nicht umbaubar“, sagt Uwe Negraßus. Dies sei in der Prioritätenliste berücksichtigt worden. Die Barrieren an 22 Haltestellen müssen demnach aufgrund ihrer Lage entlang von Zufahrten und Parkplätzen oder in einer engen Kurve bleiben. Zumindest Bodenplatten sollen hier dennoch verlegt werden, so Negraßus. Über die nicht vorhandene Barrierefreiheit an diesen Standorten würden betroffene Bürger im Fahrplan hingewiesen. Generell aber seien Gemeinden ohne Ausnahme dazu verpflichtet, alle Haltestellen umzubauen, sagt der Tiefbau-Abteilungsleiter der Stadtverwaltung.

Behindertenbeauftragter ist zufrieden

Bei 3129 Menschen in der Kernstadt von Radolfzell und den Ortsteilen beträgt der Grad der Behinderung über 50 Prozent, wie ein Sprecher des Landratsamts Konstanz auf SÜDKURIER-Nachfrage mitteilt. Oswald Ammon, Behindertenbeauftragter des Landkreises, ist derweil froh, dass es in Radolfzell mit der Barrierefreiheit vorangeht: „Ich möchte die Verwaltung loben. Sie ist bei Anliegen immer ansprechbar und sorgt für eine reibungslose Umsetzung.“ Die Stadt habe im Vergleich mit anderen Städten aufgeholt und ein gutes Konzept entwickelt.

Weitere Maßnahmen

Der Umbau der Bushaltestelle in der Walter-Schellenberg-Straße erfolgte zusammen mit der Erneuerung der kompletten Straße. Die Kosten hierfür liegen laut Martin Staab ziemlich genau bei den kalkulierten 765 000 Euro. Unter anderem wurden neue Rohre für eine schnelle Datenverbindung verlegt, was sich das Gewerbe lange gewünscht habe. Der Endausbau der Straße sei 27 Jahre lang nicht angegangen worden, so der OB. Wie Uwe Negraßus berichtet, wurden zudem drei Baumsorten angelegt. Diese würden für ein schöneres Gesamtbild sorgen.