Aufwärmen: Bevor es ins kühle Nass geht, heißt es zuerst Aufwärmen. Am besten auf der Wiese. Überhaupt, so erklärt Brendle, der auch Vorsitzender des Kneippvereins Radolfzell ist, könne man jeden Morgen so genanntes Tautreten praktizieren. Das barfuß laufen auf der feuchten Wiese stärke das Immunsystem und beuge gerade in der kalten Jahreszeit Erkältungen vor.
Im Kneipp-Becken: Jetzt geht es ins kühle Becken. Laut Kneippmentorin Ulrike Brendel sollte man nie mit kalten Füßen kneippen, sonst hätte es einen gegenteiligen Effekt. Doch auch nach dem Aufwärmen kostet der Gang in das gerade einmal zehn Grad kalte Wasser Überwindung.
Da das Wasser im Kneippbecken gleichmäßig durchläuft, wird es stetig erneuert und kann sich auch bei hohen Außentemperaturen nicht aufwärmen. Der Kältereiz sei beim Kneippen essenziell, denn erst durch die Kälte würde die Durchblutung angeregt werden. Und eine gute Durchblutung schützt vor vielen Krankheiten.
Wassertreten: Im Storchengang geht es nun durch das knietiefe Wasser. Wenn man sich erst einmal an die Kälte gewöhnt hat, geht es ganz gut. Während ein Bein im Wasser steht, sollte das andere mit angewinkelter Fußspitze nach oben gezogen werden. Das Wassertreten sollte man nur so lange machen, bis man den Kältereiz spürt. Nicht länger, sonst droht eine Unterkühlung. Eine Runde im Kneippbecken dauert nur wenigen Minuten.
Wassertreten kann bei hohem Blutdruck, Kopfschmerzen, Gelenkerkrankungen und Schlafstörungen helfen. Laut Wilfried Brendle bewirkt die Kälte des Kneipp-Bades, dass der Körper die abgekühlte Haut wieder aufwärmen möchte und diese dann stärker durchblutet. Durch eine gute Durchblutung würden auch Abwehrstoffe und Sauerstoff in die Beine befördert, was eine heilende und beruhigende Wirkung für den Körper habe.
Wasser abstreifen: Nach dem Wassertreten im Kneipp-Becken nicht abtrocknen, sondern das Wasser nur mit den Händen abstreifen. Der Rest der Feuchtigkeit soll durch die Körperwärme verdunsten. Dennoch sollte man darauf achten, dass die Füße nicht frieren. Also Zugluft vermeiden und durch Bewegung die Füße warm halten. Auch Wollsocken, die über die feuchten Füße gezogen werden, können helfen, sich warm zu halten.
Ausruhen: Nach dem Kneipp-Gang heißt es ruhen. Am Kneipp-Becken in Radolfzell im Mettnau-Park sind dafür extra Liegebänke aufgestellt, auf denen man sich nach dem Gang durch das kalte Wasser ausruhen kann. Laut Kneippmentorin Ulrike Brendle solle man sich nach dem Kneippen warm einpacken und die innere Wärme genießen. Ein Frösteln sollte vermieden werden.
Barfußpfad: Der Barfußpfad regt die Fußsohlen an. Die verschiedenen Beläge, ob spitze Steine, warmes Holz oder rauher Waschbeton, massiert die Fußsohlen und fördert die Durchblutung.
Der Erfinder des Kneippens war der Priester Sebastian Kneipp, der bereits Ende des 19. Jahrhunderts im bayrischen Dillingen die gesundheitsfördernde Wirkung von Kälte beobachtet hatte.
Da kaltes Wasser überall verfügbar ist, war es vor allem für die arme Landbevölkerung eine Möglichkeit, Krankheiten vorzubeugen oder zu heilen. Er selbst behandelte mit kalten Bädern in der Donau seine Tuberkulose und galt als geheilt.
Kneippen für Zuhause: Mit einem kalten Wasserstrahl von der Herzaußenseite, also von rechts, das Bein bis zum Knie mit kaltem Wasser begießen. Man fängt am rechten Bein an, dann das Linke, erst die vordere, dann die Rückseite. Diese Anwendung kann jeder in der Dusche durchführen. Wichtig ist, dass das Wasser aus einem Strahl kommt, also nicht einfach den Duschkopf nehmen. Es gibt spezielle Kneipp-Aufsätze für den Duschschlauch, aber ein verstellbarer Brausekopf tut es auch.
Belebendes Armbad: Wer keine Beruhigung, sondern eine Belebung braucht, der sollte Armbäder machen. Sie werden auch als Kneipp-Espresso bezeichnet. Für etwa 10 bis 20 Sekunden werden die Arme bis über die Ellbogen in kaltes Wasser gehalten. Wenn der Kältereiz unangenhem wird, die Arme aus dem Wasserbad nehmen. Diese Anwendung erfrischt und fördert die Durchblutung von Armen, Herz und Lunge. Nach dem Armbad das Wasser nur abstreifen und durch langarmige Kleidung die Körperstellen wärmen.