Bauernbrot für die ganze Familie, Brötchen zum Vesper, ein süßes Stückchen für zwischendurch: Der Gang zum Bäcker gehört für viele zur täglichen Routine und ist selbstverständlich. Doch was passiert, wenn Backwaren nicht mehr täglich zur Verfügung stehen? Dass die Frage gar nicht so abwegig ist, weiß Bäcker Alexander Koch nur allzu gut.
Er betreibt in Radolfzell eine Bäckerei in der Schützenstraße mit zwei Filialen in der Markthallenstraße und im Ortsteil Stahringen. Alexander Koch und sein Personal arbeiten hart am Limit, wie er im Gespräch beschreibt. „Der Fachkräftemangel in unserem Sektor ist nicht neu, den gibt es schon lange. Dennoch ist es aktuell schwieriger als je zuvor“, sagt Koch, der schon vor einigen Jahren eine Filiale in der Konstanzer Straße unter anderem aus diesem Grund schließen musste.
Arbeitsbedingungen schrecken ab
Doch woher rührt dieses Problem? „Die Arbeitszeiten sind nicht besonders attraktiv, es ist körperlich anstrengend und der Verdienst ist auch nicht sehr hoch“, weiß der 56-Jährige. Das schrecke viele junge Menschen ab. Dabei sei der Beruf des Bäckers eigentlich ein schöner handwerklicher Beruf, findet Alexander Koch.
„Mir gefällt die Vielseitigkeit in diesem Beruf. Es kann auch sehr familienfreundlich sein, wenn man es sich richtig einteilt.“ Man arbeite zwar nachts, habe dafür aber tagsüber viel Freizeit, wenn andere stattdessen bei der Arbeit sind. Das wissen auch seine Mitarbeiter zu schätzen, trotz der schwierigen Lage.
Zu viert arbeiten der Meister und drei Mitarbeiter Nacht für Nacht in der Backstube. Frisch für die Kunden werden 240 Brote und rund 2000 Stück Kleingebäck in den Ofen geschoben – an sechs Tagen die Woche. Der Mangel an Personal ist für alle spürbar: Die Überstunden stapeln sich, ein Ausgleich ist kaum möglich. „Wenn einer meiner Mitarbeiter einen freien Tag hat, dann fehlt einfach eine Person in der Backstube und das müssen wir auffangen. Ganz zu schweigen von Urlauben und Krankheitsfällen.“
Nach eigenen Angaben habe Alexander Koch seit einem halben Jahr keinen freien Tag mehr gehabt. Das setze auch der Gesundheit zu, sagt der 56-Jährige, der im vergangenen Jahr seine zweite Rückenoperation hinter sich gebracht hat: „Es ist eine körperlich schwere Arbeit und du kommst aus diesem Hamsterrad nicht heraus.“

Neben dem Fachkräftemangel setzt dem Bäcker seit zwei Jahren auch die Corona-Pandemie stark zu. „Seit ich mich 1994 selbstständig gemacht habe, habe ich das erste Mal Einbußen gemacht“, gesteht Alexander Koch. Die Lockdowns seien hart gewesen, der Bäcker habe sich die Lebensversicherung ausbezahlen lassen und musste Kredite aufnehmen. „Wir haben das Geld hin- und hergeschoben, damit es in dieser Zeit funktioniert.“
Koch spricht von Umsatzeinbußen von zeitweise 60 Prozent. Miete und Wartungskosten standen regelmäßig an und auch die nötigen Lebensmittel mussten bezahlt werden. „Die Mitarbeiterinnen im Verkauf waren zwar in Kurzarbeit, in der Backstube musste es jedoch weitergehen wie in normalen Zeiten“, beschreibt Bäcker Koch den Corona-Alltag in seinem Unternehmen, das insgesamt 25 Mitarbeiter beschäftigt.
Mehl ist 100 Prozent teurer geworden
Was aktuell noch hinzukomme, seien die hohen Kosten für die Lebensmittel. „Derzeit zahle ich gut 100 Prozent mehr für Mehl als noch vor drei Monaten“, erklärt Alexander Koch. Als Grund führt er Rohstoffmangel an, der auf den Krieg in der Ukraine und die Hamsterkäufe zurückzuführen sei. „Um die Kosten auszugleichen, müsste ich die Preise anheben. Das kann man einmal machen, aber wenn man die Anpassung aus solchen Gründen immer wieder vornimmt, machen das die Kunden nicht lange mit.“
Mittlerweile laufen die Geschäfte wieder gut, dennoch müsse er Konsequenzen aus diesen Erfahrungen ziehen. Vor einigen Jahren hatte die Bäckerei noch an sieben Tagen geöffnet, ehe Alexander Koch aufgrund des Personalproblems den Sonntag als Ruhetag einführte.
Nun zieht Meister Koch erneut die Reißleine: auch an den Montagen soll die Bäckerei künftig geschlossen haben. Die Schließung gilt bereits ab April. „Ich bin sehr stolz, dass meine Mitarbeiter diese verrückten Zeiten mitmachen, aber auf Dauer kann es so nicht weitergehen.“ Künftig haben die Bäckerei und ihre Filialen nur noch von Dienstag bis Samstag geöffnet.
Der Bäckermeister denkt nicht, dass ihm durch diese Änderung die Kunden weglaufen werden. „Die Kunden wissen unsere Arbeit zu schätzen und sind uns während der Pandemie treu geblieben, das ist schön. Ein weiterer Ruhetag wird daran nichts ändern“, sagt Alexander Koch.
Dennoch wünsche er sich, dass der ein oder andere eine Ausbildung zum Bäcker in Erwägung zöge. Damit auch in Zukunft frische Handwerkskunst über die Ladentheke gehen und man täglich eine frische Brezel, ein Zopf oder ein süßes Stückchen genießen kann.